Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)
sie den Mentalnebel zerriss.
»Warst du bei ihr?«, fragte Murgon lauernd.
Gwenael wusste, dass es keinen Sinn machte, zu lügen – warum auch? »Ja. Sie ist nicht mehr fern. Sie hat vielleicht noch einen Tagesmarsch vor sich, dann wird sie vor den Toren der Festung stehen.«
Murgon strahlte. »Meine Tochter! Mein Blut! Soll sie herkommen. Ich werde sie mit Liebe empfangen. Sie an meiner Seite – das wäre ideal. Vielleicht gelingt es ihr, das Artefakt zu öffnen. Möglicherweise hat sie das dunkle Schicksal zu uns geführt, um endlich das Rätsel des Kästchen zu lösen.«
Gwenael stellte ihrem Bruder die Frage, die ihr schon lange auf den Lippen lag. »Was tust du, wenn sie trotzdem gegen dich kämpft?«
Murgon reckte sich. Sein weißes Haar lag auf der schwarzen Robe und seine roten Augen schimmerten. »Ich werde sie mit einem Handstreich töten!«
7. Kapitel
»Ich war auf einem Sklavenschiff«, sagte Connor. »Ich erinnere mich noch an den Namen des Kapitäns. Man nannte ihn Fat Orloff, weil er ziemlich füllig war.«
Alle musterten ihn interessiert.
Connor lächelte und legte seine Hände flach auf den Tisch. »Doch ich beginne dort, wo es anfing. Wie ich sagte, hat mich der Kampf meines Vaters nie in Ruhe gelassen. Ich bewunderte ihn für seinen Mut und sein Durchhaltevermögen. Eben dieses Vermögen wurde mir letztendlich zum Schicksal.«
Connor wuchs zu einem starken jungen Mann heran und manche Weiber machten ihm schöne Augen. Er nahm die eine und andere, doch sie bedeuteten ihm nicht viel – bis er Xenua kennen lernte. Sie war ein rassiges Weib und führte das Schwert und den Hammer ebenso gut wie ein Mann. Sie war hochgewachsen, schlank und strohblond. Stets sahen ihre Haare aus, als wäre sie vom Nachtlager gestiegen, was ihre Wildheit unterstrich. Ihr etwas kantiges Gesicht wurde dominiert von großen dunklen Augen einer schmalen Nase und sinnlichen Lippen. Sie kam aus den Eiswüsten des Hochnordens und suchte einen Mann. Nicht nur Krieger holten sich Weiber aus anderen Clans, sondern auch Kriegrinnen gingen auf Männerfang. Dadurch hielt man Inzucht fern und blieb ein starkes Volk.
Sie kam ins Dorf geritten und glitt vom Sattel. Nicht nur Männeraugen folgten ihr, manches Weib zog eine Schnute. Ja, sie war ein Klasseweib und Connor, der schmiedete, hielt mit der Arbeit inne. Er starrte wie eine Eule und seine Kinnlade hing über der Brust.
Die Kriegerin, denn eine solche war sie unzweifelhaft, schritt selbstbewusst zum größten Zelt, dem des Clanführers. Sie verschwand darin und Connor führte seine Arbeit fort. Trotzdem huschte sein Blick immer wieder zum Zelt seines Vaters. War sie auf Männerfang oder überbrachte sie lediglich eine Nachricht?
Er hoffte ersteres und rechnete sich gute Chancen aus. Es wurde Zeit, sich ein Weib zu suchen. Der Clan brauchte Kinder, um sein Fortbestehen zu sichern. Es gab kaum Mitbewerber, entweder sie waren zu jung oder zu alt. Einen wie ihn, Connor von Nordbarken, konnte man nicht übersehen. Er hatte breite Schultern, schmale Hüften, kein Fett aber Muskeln. Er trainierte, indem er Baumstämme stemmte und sehr viel lief. Er kämpfte mit vierbeinigen Feinden und hatte erst kürzlich einen Wimbok mit bloßen Händen erwürgt, was bisher erst einem gelungen war und der war schon mehr als fünfzig Jahre tot.
Die Zeltplane öffnete sich und die Schöne trat heraus, neben ihr Korgath, der mit ihr sprach. Sie lächelte, nickte und ging zu ihrem Pferd. Connor warf dem Hammer auf den Boden und ging mit wiegendem selbstgefälligem Gang zu ihr.
»Mein Name ist Connor«, sagte er.
Sie hob ihr Gesicht. »Xenua Bergolfursson.«
»Du bist eine schöne Frau.«
»Danke für das Kompliment.«
Connor, der über seinen Mut erstaunt war, machte weiter, ohne nachzudenken. Er hatte den ersten Schritt getan. Nun aufzugeben wäre so, als nehme man die Hände von der Kehle eines Wimbok, solange dieser noch hechelte. »Suchst du einen Mann?«
»Ja!« Eine deutliche Antwort.
»Ich bin frei«, sagte Connor, der zu schwitzen anfing. »Ich kann schreiben, lesen und habe einige Bücher studiert, die wir bei einem Beutezug errangen.«
»Ein gebildeter Barbar?« Sie verzog den Mund. »Das scheint in der Tat interessant.« Sie musterte ihn von Kopf bis Fuß. »Hast du sonst noch Qualitäten?«
»Ich werde sie dir beweisen, es sei denn, du willst wieder abreisen?«
»Hatte ich nicht vor. Ich wollte meinem Gaul lediglich die Trense abnehmen. Ich habe
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