Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)
tropfte von ihrer Stirn, überhaupt war sie am ganzen Körper klatschnass.
Unversehens war der Druck weg und die schwarzen Schatten wirbelte um ihren Kopf herum wie tückische suchende Fledermäuse. Immer schneller und schneller. Sie verlor die Orientierung und nun war sie sicher, ein helles, grausames Kichern zu hören, eine kindliche Stimme, was es noch schlimmer machte. Der Druck in ihren Ohren wurde unerträglich, der Wirbel nahm zu und raubte ihr den Atem.
Sie riss den Mund auf, wollte irgendetwas sagen, um Hilfe rufen, betteln, winseln, doch kein Ton kam über ihre Lippen. So, als drücke die Luft von außen den Atem, die aus ihrer Lunge kam, nach innen zurück. Sie röchelte und hatte das Gefühl, ihre Rippen würden platzen. Dies war der Moment, in dem sie wusste, dass der Wirbel sie erstickte.
Einen abstrusen Moment lang dachte sie, wie unelegant das war. Wenn sie Kristallfenster zerstören konnten, hatten sie genug Kraft, um sie damit kurz und bündig zu überwältigen. Warum das ganze Theater?
Und sie dachte an Rondrick.
Sie hatte ihn vor wenigen Atemzügen in äußerster Panik verraten. Sie hatte die Dämonen – denn um nichts andres musste es sich handeln – auf seine Spur geführt. Sie hatte ihn über die Klinge springen lassen, wie Balger es ausdrücken würde. Sie verfiel in bittere Scham. Was sie auf einer untergeordneten Ebene grotesk fand.
Sie starb und dachte an ihn .
An den König von Dandoria.
Seltsam, nicht wahr?
Sie war mit der Ansicht durch ihr Leben gelaufen, eine harte, gnadenlose Frau zu sein, die alles, wirklich alles tat, um sich die Bitten, die sie ans Universum schickte, zu erfüllen. Und sie erkannte den logischen Fehler. Wenn sie bat, musste sie warten, bis gegeben wurde. Stattdessen hatte sie stets versucht, ihre Wünsche zu kontrollieren. War es ein Wunder, dass es so endete?
»Nein«, murmelte sie.
Es war ihr letztes Wort.
Nein!
»Habt Ihr Schmerzen?«, fragte Magus Claudel und beugte sich über den schwerverletzten Loouis Balger.
»Ihr hier, Claudel?« Der Inquister traute seinen Augen nicht.
»Alte Freunde lassen sich nicht im Stich, habe ich Recht?«
»So ist es, Magus«, ächzte Balger. »Habe ich geträumt oder stimmt das, was ich bei Eurem Gespräch mit einem Anderen zu hören glaubte?«
»Was meint Ihr?«
»Lady Grisolde.«
Claudel warf den Kopf zurück. »Ja, es stimmt. Man fand sie von Kristallstücken gespickt vor ihrem Fenster. Sie ist tot.«
»Wegen der Splitter?«
Magus Claudel zuckte mit den Achseln. »Vermutlich nicht. Man sagt, dies sei nicht die Todesursache gewesen. Es hätte sie schlimmstenfalls für den Rest ihres Lebens entstellt. Sie war ganz blau im Gesicht. Mitsamt der Splitter zweifellos ein unschöner Anblick.«
»Blau im Gesicht? Also ist sie erstickt«, brummte Balger.
»Ja. Doch man fand keine Würgemale.«
»Der Täter benutzte ein Kissen.«
»Unwahrscheinlich. Nicht weit entfernt von ihr lagen zwei tote Leibgardisten.«
Balger fuhr hoch und fiel mit schmerzverzerrtem Gesicht zurück ins Kissen. Er stöhnte. »Was sagt man?«
Claudel zog ein Gesicht. »Man sagt, es hat einen Überfall gegeben. Da der Täter durch das Fenster kam und zwar mit voller Wucht, kann es sich nicht um einen Menschen handeln.«
»Der hätte vermutlich die Tür genommen.«
»Der wäre gar nicht den Turm hochgekommen und über die Zinnen.«
»Ein weiterer Dämonenüberfall?«
Claudel lächelte und schwieg.
»Verdammt, Claudel, wieso bin ich hier?«
»Lady Grisolde schickte nach euch. Drei Soldaten befreiten Euch aus den Klauen des Mobs und brachten Euch zu ihr. Sie beauftragte Magus Erowirt und mich, Euch gesund zu pflegen. Sie schien es sehr eilig zu haben.«
»Nun werden wir nicht mehr erfahren, was sie plante«, sagte Balger und wischte sich Schweiß von der Stirn. Er versuchte, seinen Körper zu bewegen und ließ es sein. »Alles tut weh. Die hätten mich tot geprügelt.«
»Allerdings, Inquister. Ich verstehe gar nicht, warum?!«
»Lasst die Scherze, Magus«, zischte Balger. Er blinzelte. »Falls es ein Dämonenüberfall war, frage ich mich, warum sie sich auf Grisolde konzentrierten. Das ist unlogisch. Sie waren hinter dem König her.«
»Oder hinter der zukünftigen Königin. Ich gehe doch Recht in der Annahme, dass Ihr alles versucht hättet, sie auf den Thron zu bringen?« Der Magus blinzelte verschlagen.
Balger lachte hart, hustete und hielt sich stöhnend die Brust. »Ihr seid ein gewiefter Mann.«
»Ich bin jener, der
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