Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)
hatte.
Obwohl unglaublich geschwächt, obwohl er kaum seine Augen aufhalten konnte, erinnerte er sich an die Drachen, die ihn belauerten, um dann zu dieser Insel abzudrehen. Er erinnerte sich an den Gestank, der später über das Meer wehte und daran, dass sich sein Magen zusammenballte wie eine steinerne Faust.
Er hob den Kopf. Er hatte sich nicht geirrt. Rauchwolken schwebten wie düstere Geister über den Baumwipfeln und den Palmen. Er schnupperte und sein Magen drehte sich um. Erneut würgte er und wusste sofort, warum: Es stank nach ... Fleisch! Nicht nach gebratenem Schwein oder Rind, sondern nach ...
Er versuchte, den Gedanken festzuhalten, aber das gelang ihm nicht. Hart fiel er auf den Rücken, streckte Arme und Beine von sich und schloss die Augen.
Als er sie öffnete, hatte sich die Sonne ein ganzes Stück Richtung Horizont geneigt.
Seine Lippen, seine Haut, sein Gesicht, alles brannte wie Feuer. Die Sonne hatte, während er schlief, sein aufgeweichtes Fleisch verbrannt. Der Rauchgeruch war schwächer geworden, die Schwaden hatten sich verzogen.
Connor rieb sich Sand aus den Augen. Er musste etwas trinken. Erst dann galt er wirklich als gerettet. Lange hielt er es nicht mehr aus. Sein Körper brüllte nach Flüssigkeit wie ein ausgelaugter Schwamm. Wäre das nicht komisch? Er überlebte den Schiffbruch und verdurstete an Land?
Mühsam rappelte er sich auf. Seine langen blonden Haare hingen über seine Augen. Bretthart und von Salz verkrustet. Mit einer schnellen Kopfbewegung schlug er sie nach hinten. Seine Schritte wurden sicherer, während er begann, die Insel zu erkunden.
Die beiden anderen Drachen rächten sich.
Sie ließen keinen Stein auf dem anderen. Es gab keine Hütte, die den nun folgenden Angriffen standhielt. Es stank nach Feuer und Rauch, nach verbranntem Fleisch und Vernichtung. Barbs taumelten als lebende Fackeln durch das Dorf. Einige starben so schnell wie Burrl, andere, die weniger Feuer abbekamen, verendeten unter Qualen.
Nun flüchteten Bob und seine Männer. Sie hatten einen von Dreien erlegt. Das reichte nicht. Sie erkannten, dass sie der Kraft dieser Wesen nichts entgegenzusetzen hatten. Nun ging es um ihr Leben.
Wo waren die Frauen?
Wo die Kinder?
Bob hatte sie zu den Trollen geschickt.
Dort konnten sie sich verstecken.
Hatte der Rote Drache dort nicht besonders schlimm gewütet? Was, wenn sie in ihr Verderben geflüchtet waren?
Halb wahnsinnig vor Sorge schlugen sich die Barbs ins Unterholz und rannten über die Wiesen, von den Drachen verfolgt, die wieder herabschossen, den einen oder anderen zerbissen, zerfetzten oder verbrannten.
Im Zickzack rannte Bob um sein Leben. Wusch! , brannte das Getreide links neben ihm. Wosch! , brach vor ihm eine Flamme hoch. Er roch den modrigen Gestank der Feinde über sich, ließ sich fallen, sprang wieder auf und hetzte durch das mannshohe Gras.
Sie würden ihn erwischen, wie sie so viele erwischt hatten. Spielten sie mit ihm? Labten sie sich an seiner Furcht?
Bob lief um sein Leben. Sein Atem wurde schwer. Er war in der Lage, für eine kurze Zeit alle Kraftreserven freizusetzen aber für einen langen Lauf fehlte ihm die Kondition.
Tränen liefen über seine Wangen.
Bluma! Sie haben meine Tochter!
Vor seinen Augen verschwamm die Welt, so erschöpft war er. Rotz floss aus seiner Nase. Seine Beine wollten nachgeben und er spielte mit dem Gedanken, sich einfach fallen zu lassen, aufzugeben.
War das Leben ohne seine Tochter noch lebenswert?
Die Drachen kosteten ihre Rache eine unendliche Zeitspanne lang aus, jedenfalls schien es den Flüchtenden so.
Unbarmherzig, wieder und wieder schlugen sie ein Opfer. Sie warteten, umkreisten die Flüchtenden, schossen herab, machten sich schlank und huschten pfeilschnell an den Barbs vorbei, so nahe, dass diese den herben Geruch der Drachenhaut wahrnahmen und sich das Getreide bog. Sie tanzten unter den Wolken, und einen Lidschlag später waren sie wieder heran.
Bob ahnte, dass das Spiel gleich beendet sein würde. Einer nach dem anderen fiel der Länge nach hin. Einige schluchzten, andere lagen auf dem Rücken und starrten mit weit aufgerissenen Augen in den Himmel. Sie warteten auf ihr Schicksal. Wenn die kurzen dicken Beine nicht mehr wollten, wenn die Lunge revoltierte und das Herz den gedrungenen Körper nicht mehr versorgte, war es Zeit, dem Unvermeidlichen ins Auge zu sehen.
Von Angesicht zu Angesicht!
Wie es einem tapferen Barb geziemte.
Nein, niemand blickte weg.
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