Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)
ohne zu wissen, was. »Ihr könntet mich laufen lassen. Also – ich will euch nichts tun, versteht ihr? Ich habe nichts gegen euch. Ich will auch nichts von dem Gold, wenn es das ist, was euch wütend macht. Ich könnte so tun, als wenn ich nichts gefunden habe. Über meine Lippen kommt nichts. Ich kann ein Geheimnis bewahren. Ich weiß, ich weiß – alle denken, ich sei ein Plappermaul. Doch wenn es um ein Geheimnis geht, also wirklich – ihr kennt mich nicht. Ich kann verschwiegen sein wie ein Grab. Niemand wird eure Ruhe in Zukunft stören, echt nicht! Garantiert!«
Einer der Steinwächter beugte sich gewandt vor, hoch Frethmar hoch, und warf ihn von sich weg wie einen Ball aus geflochtenem Stroh. Das geschah so schnell, dass Frethmar nicht dazu kam, einen Schrei auszustoßen, der kam erst über seine Lippen, als er gegen die Höhlenwand krachte und ein mörderischer Schmerz ihn durchzog. Jammernd fiel er zu Boden. Er hatte das Gefühl, jeder Knochen in seinem Leib sei gebrochen. Er rappelte sich auf und hockte auf allen Vieren da. Den Hammer hatte er verloren, die Axt bohrte sich unangenehm in seinen Bauch.
»Was soll das?«, stieß er hervor.
»Wer diesen Raum betritt«, donnerte eine Stimme, die von überall her zu kommen schien und möglicherweise nur in Frethmars Kopf war. »Wer diesen Raum betritt, stört den Frieden von Trork dem Großen.«
»Ich will keinen Frieden stören. Ich wusste ja gar nicht, was mich erwartet. Ich wurde geschickt, Gold zu finden. Versteht ihr nicht? Ich bin ein ganz normaler Zwerg. Zwerge lieben das Gold, aber wir bereichern uns nicht daran. Obwohl wir vermögend sind, arbeiten wir hart und schenken Mythenland unsere Güter. Also – nicht direkt schenken – wir verkaufen sie, wenn ihr versteht, was ich meine.«
Er begriff nicht, wieso diese vierschrötigen Wächter so schnell waren, doch bevor er Luft holen konnte, wurde er erneut hochgehoben. Ein Arm legte sich um ihn und raubte ihm den Atem. Ein aasiger Hauch streifte sein Gesicht, vermischt mit den Gerüchen frischen Mörtels und fauligem Regenwassers.
»Bitte, bitte, lasst mich am Leben«, wimmerte Frethmar und schämte sich dafür. Er bildete sich viel auf seine Tapferkeit ein, doch im Angesicht des Todes und dieser schrecklichen Wesen, floss sie aus ihm hinaus wie Saft aus einer Orange, die man zwischen den Fingern zerdrückt. »Ich bin Frethmar Stonebrock. Ich bin nur ein einfacher Zwerg!« Erschüttert fühlte er die Tränen, die in seinen Bart liefen. Noch nie hatte er sich so hilflos gefühlt, außerdem wurde der Druck des Armes so stark, dass er befürchtete, sich an seiner eigenen Axt aufzuschlitzen. Das Blatt bohrte sich tückisch in seine Rippen und er schloss ergeben die Augen und wartete auf das Endgültige. Er kam sich vor wie ein hilfloses Kaninchen in den Händen von Krobat, dem Metzger.
Im selben Moment löste sich der Griff und er rutschte zu Boden. Blitzschnell nahm er die Axt von seinem Gürtel und griff sie. Der Fußtritt des Steinwächters beförderte sie außer Reichweite. Ein weiterer Fußtritt ließ Frethmar auf den Rücken rollen.
»Du beschmutzt den guten Namen eines Mannes«, donnerte die Stimme, die von überall herzukommen schien. »Wie kannst du dir anmaßen, dich Stonebrock zu nennen?«
Frethmar schluchzte vor Schmerz und spürte, dass er einer Ohnmacht nahe war. Die Luft in der Höhle schien sich verdichtet zu haben und das Luftholen fiel ihm schwer. Eine bleierne Müdigkeit durchzog ihn. Trotzdem gab er noch nicht auf. Er stemmte sich hoch. Rotz lief in seinen Bart, jeder Knochen schmerzte.
»Ich bin Frethmar Stonebrock. Was kann ich dafür? Das ist mein Name!«
Für zwei Herzschläge schien es, als lösten sich die Gestalten auf. Sie wurden durchscheinend, waberten, färbten sich für den Bruchteil eines Momentes grau, dann war der hoffnungsvolle Spuk beendet und sie glühten ihn an wie zuvor. Zwei, drei, vier lösten sich aus der Formation und traten auf Frethmar zu, der sich unwillkürlich duckte und den Kopf zwischen die Schultern zog. Wohin würde man ihn diesmal werfen?
»Stonebrock?«, donnerte es.
Frethmar beeilte sich zu nicken. »Ja, ja ...«
»WER WAR DEIN VATER?«
»Trork Stonebrock!« Irgendwie veränderte sich die Stimmung und Frethmar wäre nicht er selbst gewesen, hätte ihn dies nicht zuversichtlich gestimmt. »Trork Stonebrock, verdammt! Warum ist das so wichtig, ihr Felsaffen?«
»TRORK, DER GROSSE?«
»Nein, der nicht. Er war nicht groß. Er war ein
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