Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)
Mistkerl!«
Ein Heulen schwoll an. Frethmar hielt sich die Ohren zu, dennoch schien es, als dringe der Laut in sein Gehirn und bohre sich dort hinein wie die Spitze eines Dolches. Blut schoss aus seiner Nase und besudelte seinen Bart. Seine Augen quollen aus den Höhlen und sein Verstand drohte zu zerreißen. Was, bei den Göttern, hatte er jetzt schon wieder falsch gemacht?
Unversehens war es zuende.
Alle Steinwächter waren nun da, hockten sich hin, schoben ihn mit kräftigen Händen in ihre Mitte und beugten sich über ihn wie Kinder, die auf der Strasse einen verletzten Vogel gefunden haben.
Frethmar nahm die Hände von den Ohren und starrte in regungslose Gesichter. Das Glühen in den Augen der Steinwächter war verschwunden. Die Mienen regungslos. Einer von ihnen öffnete den Mund und Steinchen rieselten zwischen grauen Zähnen hervor.
»Er war kein ... wie nennst du ihn? ... kein Mistkerl«, sagte er und die Stimme war dumpf, aber leise. Steinerne Sanftheit.
»Wenn ihr denselben meint wie ich, liegt ihr falsch, Leute«, sagte Frethmar, der dachte, endgültig den Verstand verloren zu haben. Er tröstete sich damit, dass die Stimme nicht mehr so laut war und man ihn derzeit offensichtlich nicht zerstückeln, zerreißen oder zermalmen wollte. Was immer auch die Situation geändert hatte, er hatte eine Gnadenfrist erhalten. Ha, einen Frethmar Stonebrock kriegte man nicht so schnell klein! Einem wie ihm fiel immer noch was ein! Auf seine große Klappe konnte er sich verlassen.
»Bist du sein Bruder?«
»Wessen Bruder? Der von Trork, dem Arschloch?« Oh nein! Frethmar schloss die Augen und kam sich vor, als habe er Walberan im Goldenen Brocken mal wieder zu viel gesagt und würde gleich vor die Schenkentür befördert. Spürte er nicht, dass diese Gruselgestalten nichts schlechtes über diesen Großen hören wollten?
»Was ist ein Arschloch?«
Schweiß lief Frethmar über den ganzen Körper und er dankte den Göttern für die Blödheit der Steinwächter. »Nein, ich bin nicht sein Bruder. Ich heiße Frethmar Stonebrock und bin der Sohn von Trork Stonebrock. Und ich bin stinksauer, dass er mir keinen langen Zwergennamen hinterlassen hat, denn ich weiß nichts von ihm. Er verließ mich und meine Mutter nach meiner Geburt. Er ließ uns alleine und meine Mutter starb. Vielleicht vor Kummer, ich weiß es nicht. Eine Tante zog mich auf.«
Zwei Steinwächter streckten ihre Hände vor und Frethmar duckte sich. Sie legten ihre Finger auf seinen Kopf und strichen durch sein Haar. Frethmar zitterte und schwitzte. Er leckte das Blut weg, welches aus seiner Nase lief und spuckte einen Klumpen Rotze aus. War das deren Methode, einen Fremdling, einen Eindringling zu töten? Würden sich diese mächtigen Hände gleich um seine Kehle legen und zudrücken?
»Du bist SEIN Sohn!«
»Sagte ich doch und was ... was hat das SEIN zu bedeuten?« stotterte Frethmar.
»Du hast wirklich keine Ahnung?«
Erschrocken stellte Frethmar fest, dass nun auch ein weiterer Steinwächter sprach. Sie verhandelten über ihn. Plötzlich konnte sie alle sprechen, kein Donnern mehr, welches in seinem Kopf war. Und sie sprachen leise, ruhig, wie Mütter oder so, wie Frethmar sich einen Vater vorstellte, jedenfalls in seinen Zwergenträumen.
»Von was sollte ich eine Ahnung haben?« Frethmars Kopf ruckte hoch und er starrte die Steinwächter an.
Die gewaltigen Gestalten blickten sich an und einer meinte: »Er soll es erfahren.«
Die Kerkertür wurde aufgerissen und Gardisten stürmten herein.
Frethmar, der mitten in seiner Erzählung gewesen war, verschluckte sich und hustete. Connor sprang auf, in Abwehrstellung, so weit es die Ketten zuließen. Störmer folgte ihnen.
»Ihr habt Glück«, zischte der Halbling. »Wir werden euch nicht foltern.«
Connor fiel ein Stein vom Herzen.
Frethmar ging es ebenso.
Störmer grinste, als könne er die Gedanken der Gefangenen lesen. Leise sagte er, wohl wissend, dass jeder die Ohren spitzte:
»Wir werden euch hinrichten!«
Darius kam nach seinem Sprung auf die Beine wie eine Raubkatze. Bluma und Biggert beobachteten ihn mit angehaltenem Atem vom Dach aus.
Der ehemalige Anwalt ließ den Gardisten keine Zeit, sich von der Überraschung zu erholen, sondern zog einem der Männer das Schwert aus der Scheide, was dieser verdutzt registrierte. Der Gegner war aus der Luft gekommen. »Verschwindet!«, brüllte Darius.
Bluma fragte sich, wen er meinte. Die Gardisten oder ihren Bobba und ihre
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