Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)
Symbylle? Stimmte es, was das Mädchen gesagt hatte? Sie würde dahinter kommen. Jetzt wollte sie nicht teilen.
»Connor und Frethmar sind auf der Burg«, sagte sie. »Ich sah es. Das muss an dem Wasser liegen.«
Bob hob seinen Trinkschlauch und tätschelte ihn. »Der ist voll damit.«
»Unsere Freunde sind auf der Burg?«, hakte Darius nach. »Das macht die Sache nicht einfacher.«
Bluma sagte: »Wenn wir uns nicht beeilen, werden Connor und Frethmar sterben.«
Lord Murgon bewegte sich mit der Anmut einer Wildkatze durch die Räume der Festung. Gwenael folgte ihm und war einmal mehr erstaunt über die Grazie, über die ihr Bruder verfügt. Ja, er war ein schöner Mann. Obwohl seine schwarze Robe und die weißen Haare ihm die Anmutung eines alten Mannes gaben, war sein dunkles Gesicht immer noch ebenmäßig, stolz und jugendlich. Der Feiniel, jener Schöngeist, der er einst gewesen war, schimmerte unter seiner Haut wie ein unlöschbares Glühen. Lediglich seine Stimme war die eines alten Mannes, rauchig und dunkel.
Gwenael liebte ihren Bruder.
Und sie liebte die Streifzüge durch die Festung, welche die Wächter einst erbaut hatten, bevor sie Unterwelt verließen.
Murgon hielt inne und sagte: »Dogdan ist noch nicht zurückgekehrt. Obwohl es Bluma und dem Dämonenmann offensichtlich gelang, Unterwelt zu verlassen, ist er noch nicht zurückgekehrt. Das bedeutet, er ist ihnen noch auf den Fersen.« Er lachte hart. »Das ist so unsinnig. Was nützt es mir, wenn er sie in Mythenland ergreift? Wie soll er sie jemals zurückbringen? Sie sind sicher, es sei denn, ich gehe nach oben und ergreife sie.« Er verzog das Gesicht. »Wäre da nicht der Schmerz. Der Schmerz, den ich durchleiden muss, wenn ich mich der Sonne aussetze.«
»Früher oder später wirst du den Schmerz ertragen lernen, Bruder«, sagte Gwenael. »Wie sonst willst du über Mythenland herrschen? Außerdem sagt man, der Schmerz vergehe nach einer Weile.«
»Sagt man – sagt man ...«, äffte Murgon seine Schwester nach. »Für nichts gibt es Beweise. Alles kann sein, nichts muss!«
Gwenael, die den feinen Zorn ihres Bruders meist eher spürte, als dieser selbst, gab zurück: »Ich würde mich auf Neues konzentrieren. Deine Tochter ist auf dem Weg zur Festung. Außerdem schlug ich schon einmal vor, die zwei Drachen zu nutzen, um mit ihnen über Dandoria zu ziehen. Rordril und Cybilene würden genügen, um Dandoria zu unterwerfen. Mit dir und mir als Drachenreiter wäre es ein leichtes, diese Stadt einzunehmen.«
»Und das Artefakt?«, spuckte er aus. »Sollte alles vergebens gewesen sein? Alles, was geschah? Soll ich den Rest meines Lebens im Glauben verbringen, diese Barb habe das Rätsel gelöst?«
»Das ist nicht bewiesen, lieber Bruder.«
»Das verfluchte Artefakt. Es hat mein Leben verändert. Und nun soll ich so tun, als existiere es nicht? Das kann ich nicht.«
»Worum geht es dir?«, wagte Gwenael sich immer weiter vor. »Darum, den Kasten zu entschlüsseln und zu öffnen, oder darum, das Land der Mythen zu unterjochen?«
Murgon starrte sie an. Seine Augen glühten wie Kohlepfannen. »Ich habe weder das Ei von Sharkan dem Vierköpfigen, noch die Lösung des Artefakts. Alles ging schief. Das einzige, was mir bleibt, ist Katraana, die sich auf dem Weg zu mir befindet. Ich spüre, dass sich die Düsternis in ihr mehrt. Dass sie mein Blut ist und an meine Seite kommen kann. Sie nahm den Übergang, um mich zu töten, doch wenn sie hier eintrifft, wird sie sein wie ich.«
Gwenael bebte innerlich. Das war lächerlich. Oder etwa nicht? Falls ihr Bruder recht hatte, war für sie an seiner Seite kein Raum mehr. Er würde sie im günstigsten Fall fortschicken, im schlechtesten Fall töten. Sie wusste um Murgons Willkür und das machte ihr Angst. Obwohl sie beide voreinander eine mentale Barriere aufgebaut hatten, spürte sie die Funken seiner Hoffnung und gleichermaßen eine Wut, die sie schaudern ließ.
War er wütend auf sie?
Plante er etwas, von dem sie nichts wusste?
Befand sie sich in Gefahr?
Sie strich sich über die langen Haare und versuchte, innerliche Ruhe zu finden. Das alles waren nur Annahmen. Nichts war bewiesen, dennoch – es gab Schwingungen, gegenüber denen man sich nicht verschließen konnte, nicht durfte. Und eine dieser Schwingungen war, dass seit geraumer Zeit Gefahr von Murgon ausging. Eine Gefahr, die sich auf sie, Gwenael, bezog. Je mehr sie es hin und wendete, desto sicherer war sie.
Katraanas Ankunft war
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