Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)
wiederholte die Prozedur. Zu wenig. Nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.
Er beugte sich weiter vor und nahm den Bart zur Seite, damit dieser nicht nass wurde. Er spitzte die Lippen und schöpfte mit der rechten Hand das Wasser hoch.
Im selben Moment spürte er, wie etwas Schweres auf seinem Nacken landete. Ein Stein? Ein Vogel? Finger?
Frethmars Kopf wurde nach unten gedrückt, und ehe er einmal Luft holen konnte, verschwand die Nacht aus seinem Blickfeld und sein Kopf wurde in den Trog gepresst.
Frethmar wollte seinem Instinkt folgen, wollte brüllen, den Mund öffnen und schreien, aber irgendetwas hielt ihn davon ab, so dass er die Lippen zusammendrückte und versuchte, so wenig wie möglich von seiner Restluft zu verbrauchen. Finger hatten sich in sein Haar gekrallt und rissen seinen Kopf zurück. Für einen Moment starrte Frethmar aus weit aufgerissenen Augen in die Nacht, nahm die Fackeln am Hafen wahr, die Sterne über dem Meer und den Glitzerschein des Mondes, der sich im Wasser spiegelte.
Dann war er wieder unter Wasser. Diesmal hatte er vorgesorgt und tief eingeatmet. Der Übeltäter schien das zu ahnen, denn er ließ Frethmar länger in der Luftlosigkeit als zuvor. Der Zwerg bekam es mit der Angst zu tun. Er wusste, dass er den Atem nicht mehr lange würde anhalten können. Er zappelte mit den Beinen, versuchte, sich vom Trogrand hochzustemmen, mobilisierte seine ganze Kraft und war kurz davor, in Panik zu fallen, als die Finger in seinem Haar ihn wieder nach oben zogen wie eine Katze, die kurz vor dem Ersaufen war.
Frethmar prustete und keuchte. Er schimpfte und wollte schreien, als er erneut unter Wasser getaucht wurde.
Liebe Güte, wie lange sollte das so gehen?
Wer tat ihm das an?
Und warum?
Er musste sich wehren. Schließlich war er ein Kämpfer, nicht wahr?
Frethmar mobilisierte seine Kräfte und stemmte sich hoch. In seinem Nacken knackte es bedenklich, aber das war ihm egal. Sein Widersacher hatte mit diesem Angriff offenbar nicht gerechnet, denn er ließ los und Frethmar schnellte zurück, stolperte, hustete und fiel auf den Hintern.
Vor ihm ragten zwei Gestalten hoch, die herzhaft lachten. Sie hielten sich die Bäuche und kriegten sich nicht mehr ein. Frethmar schnellte hoch und griff in seinen Gürtel. Er hatte keine Waffen bei sich, da Walberan diese jedem Gast abnahm. Sie waren im Goldenen Brocken. Der Überfall hatte Frethmar schlagartig ernüchtert. Mit bebenden Fäusten, die langen Haare glitschig im Gesicht, der Bart ein tropfender Lappen, stand er vor den zwei Zwergen, die ihren Spaß hatten.
»Was soll das?«, brüllte Frethmar. »Wollt ihr mich umbringen?«
Die Beiden hörten auf zu lachen und einer von ihnen trat vor. Er war einen halben Kopf größer als Frethmar und sein Atem roch nach Knoblauch. Es handelte sich um Litr, also musste sein Kumpel Minnr sein. Die beiden waren unzertrennlich.
Litr fuhr sich mit einer behäbigen Geste durch den Kinnschmuck und brummte: »Beim nächsten Mal machen wir ernst, mein Junge. Noch einmal so etwas und du wirst noch mehr Wasser schlucken.«
Minnr nickte begeistert.
Frethmar senkte den Kopf und schloss ergeben die Augen. Nun war ihm alles klar. So also verhielt es sich. Damit hatte er heute Nacht am allerwenigsten gerechnet. Er blickte auf und wollte den Mund öffnen, um etwas zu sagen, als ihn ein Faustschlag unter das Kinn traf.
He, das geht doch nicht ...! Wenn er etwas zu sagen hatte, musste man ihm gefälligst zuhören!
Das war sein letzter Gedanke. Er taumelte und war schon bewusstlos, als er auf das Straßenpflaster stürzte.
Das ist ein Alptraum! , dachte Bluma. Unter mir brennt die Insel, ich werde von Drachenklauen gegriffen und davongetragen. Das kann nur ein Alptraum sein!
Es war keiner und auf der Vernunftebene wusste Bluma das. Sie wunderte sich, warum ihr die Stimme versagt hatte. Warum hatte sie nicht geschrien, sondern schweigend akzeptiert, dass sie sich gegen diese roten Dämonen nicht wehren konnte? Hatte sie Angst gehabt, als unter ihnen nur Wasser und nichts als Wasser gewesen war? Sie erinnerte sich nicht daran. Es schien, als habe ihr Verstand für eine Weile ausgesetzt. Als habe er sich gegen die Realität aufgebäumt, um schließlich zu erkennen, dass sie viel zu viel war, um damit klarzukommen. Bluma vermutete, hin und wieder ohnmächtig gewesen zu sein. Ein Ergebnis ihrer Hilflosigkeit. Ihr Verstand hatte sich zur Ruhe gegeben und somit verhindert, dass sie ihn verlor.
Sie erinnerte
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