Im Schatten der Leidenschaft
ist.«
»Nein«, sagte Hugo.
»Aber ich verspreche, daß ich ihn an der Leine halte, er ist dann ganz brav. Und ich lasse ihn nur hier herein. Er und Dante können miteinander spielen und sich ans Feuer legen.«
»Nein.«
»Ach Hugo, bitte.«
»Spricht sie etwa von diesem wilden Tier?« Lady Smallwood erholte sich von ihrem Schwächeanfall und bereitete sich auf den nächsten vor. »Ich werde nicht ... auf keinen Fall unter demselben Dach bleiben wie dieses wilde Tier.«
»Aber Madam, er wird doch nur in der Bibliothek sein«, sagte Chloe. »Sie brauchen ihn dann nicht einmal zu sehen.« Sie wandte Hugo ihren dunkelvioletten Blick zu. »Demosthenes hat den ganzen Tag schon nicht mit Dante spielen können wegen dem Schnee. Und er ist jetzt bestimmt ganz einsam.«
Es stimmte, daß der massige Köter und das Bärenjunge so etwas wie eine Freundschaft entwickelt hatten. Aber es stimmte auch, daß die beiden ein Zimmer innerhalb kürzester Zeit verwüsten konnten.
»Nein«, wiederholte Hugo.
»Aber ich verspreche, daß er an der Leine bleibt. Und wenn er nicht still ist, bringe ich ihn gleich wieder in den Stall zurück.« Immer noch lagen Tränen auf ihren zarten Wangen, und ihre Augen hatten einen besonderen Glanz, während ihr Mund flehend bebte.
Hugo fragte sich, warum er diese Auseinandersetzung überhaupt anfing, wenn er doch aus Erfahrung wußte, daß er sie nicht gewinnen würde. Er hatte schon zahlreiche Male dem Bären das Haus verboten, doch das schien völlig bedeutungslos. Demosthenes kam trotzdem immer wieder herein.
Er schüttelte geschlagen den Kopf und bückte sich, um noch einen Holzklotz ins Feuer zu werfen.
»Hugo, ich wollte noch mit dir über diesen DeLacy sprechen«, sagte Lady Smallwood und erholte sich ganz plötzlich, als sich die Tür hinter der triumphierenden Chloe geschlossen hatte. »Sein Interesse ist wirklich sehr nachdrücklich.«
»Das ist mir auch schon aufgefallen.« Hugo sah seine Kusine an. »Und soweit ich das sehe, auch allen anderen.«
»Chloe scheint auch keine Abneigung gegen ihn zu haben«, sagte Dolly.
»Das, wenn ich so sagen darf, Madam, ist die Untertreibung des Jahres.«
»Er ist eine wirklich gute Partie ... natürlich nicht hervorragend, und bei dieser Schönheit und diesem Vermögen hätte ich gehofft-«
»Doch wie wir beide wissen, Madam, hat Chloe die hervorragenden Angebote abgelehnt, die sie bekommen hat.«
»Ja.« Lady Smallwood hielt sich ihr Riechsalz unter die Nase. »Es ist höchste Zeit, daß sie einen festen Platz für sich findet. Dieser ganze Unsinn mit den wilden Tieren und Waisen und
Streunern ... das geht wirklich nicht. Es ist erstaunlich, daß die Gesellschaft ihre abseitigen Ideen bis jetzt geduldet hat. Aber ich bin davon überzeugt, wenn sie erst einen Mann und ein Haus und eine eigene Familie hat, daß sie diese mutwillige Art ablegen wird.«
»Ich würde es nicht Mutwillen nennen«, gab Hugo zu bedenken, »aber ich verstehe, was du meinst. Was schlägst du vor, Dolly?«
»Daß du DeLacy fragst, was seine Absichten sind«, sagte sie. »Er muß sich klar äußern. Der Flirt dauert jetzt schon lange genug, und Chloe hat zu wenig Erfahrung, um zu wissen, wie sie den jungen Mann ermutigen kann, sich zu erklären.«
Wenn du wüßtest. Hugo legte seine Finger aneinander und machte ein nachdenkliches Gesicht. »Du glaubst, daß er einen Schubs braucht?«
»Ganz sicher. Ich würde meine Pflicht als Anstandsdame vernachlässigen, wenn ich dir meine Meinung nicht sagen würde. Das Kind ist doch sehr lebhaft, was sie manchmal dazu bringt... nun, das will ich nicht genauer ausführen ... und man kann trotzdem nicht anders, als sie gern zu haben. Ich würde sie wirklich gern glücklich verheiratet sehen, und wenn sie diese Verbindung wünscht, denke ich, daß wir alles tun sollten, um sie herbeizuführen.«
»Dein Rat ist wie immer sehr wichtig für mich, Dolly.«
Die Tür flog auf. Dante sprang aufgeregt ins Zimmer, und der türkische Teppich rutschte über den Boden. Er tanzte rückwärts und bellte fröhlich, als Demosthenes an seiner Leine herbeigaloppierte und Chloe vor sich herzog, die lachte, aber ihm natürlich nichts entgegenzusetzen hatte.
Lady Smallwood ächzte nur leise und floh aus dem Zimmer. Hugo sank aufs Sofa und bedeckte seinen Kopf mit einem Kissen. Es ging doch nichts über einen ruhigen Abend zu Hause.
Und wenn Chloe erst glücklich mit Denis DeLacy verheiratet war, würde er so etwas nicht mehr ertragen
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