Im Schatten der Mangroven (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
gereinigt, aber ungefähr dreißig Zentimeter hinter dem Verschluß war ein eingetrockneter Fleck, der die Farbe von Tee hatte, in den gehärteten Fasern noch winzige Partikel von Papiertuch.
Ich nahm den Pappkarton heraus, öffnete ihn und brachte ein tragbares Blinklicht zum Vorschein. Es hatte ein Kabel, das man in den Zigarettenanzünder stecken konnte.
»Um das Ding hat er die rote Zellophanfolie gewickelt, als er das Mädchen im Vermilion Parish mitgenommen hat, als Anhalterin«, sagte ich.
»Dave, schauen Sie mal hierher.«
Sie deutete auf die Innenverkleidung auf einer Seite des Kofferraums. Auf der hellblauen Farbe waren da ein halbes Dutzend schwarzer Schmierer. Sie berührte einen davon mit den Fingern und rieb sich dann mit dem Daumen die Fingerspitzen.
»Ich glaube, das sind Spuren von Gummiabsätzen«, sagte sie. »Was für Schuhe hat Cherry LeBlanc getragen?«
»Flache mit Ledersohlen. Und das tote Mädchen in Vermilion hatte gar keine.«
»Okay, soll die Spurensicherung den Wagen abschleppen. Fangen wir mit dem Haus an. Was wir wirklich brauchen –«
»Ja?«
»Was wir wirklich brauchen, ist irgendwas, an das er nicht mehr gedacht hat und das da noch rumliegt.«
»Haben Sie schon bei Ihrer Dienststelle angerufen?«
»Nein. Warum?«
»War nur so ’ne Frage.«
»Nun rücken Sie schon raus, Dave.«
»Hoffen Sie nicht darauf, daß wir da drin einen blutigen Handabdruck finden, um vor Gericht alles klarzumachen. Es sei denn, auf dem Werkmesser sind noch Spuren, mit denen wir eine DNA-Analyse machen können. Die Fotografie taugt nur als Bluff, zumindest wenn es drum geht, Doucet vor Gericht zu bringen. Und wie Sie vorhin schon mal gesagt haben, was wir bis jetzt sonst haben, macht nicht viel her.«
»Na und?«
»Ich glaube, Sie können sich schon denken, was Sie von Ihrem Boß hören werden.«
»Vielleicht ist mir ja egal, was ich von ihm hören werde.«
»Ich will nicht, daß Sie beim FBI Schwierigkeiten bekommen, weil Sie meinen, Sie müßten sich wegen mir stur stellen, Rosie. Daß wir uns da nicht mißverstehen.«
»Passen Sie auf Ihren eigenen Arsch auf und machen sich um meinen mal keine Sorgen«, sagte sie, nahm mir den Schlüsselring aus der Hand und ging die Eingangstreppe zum Haus hoch, ich hinterher. Sie schloß die Tür auf.
Das Innere des Hauses war so sauber und aufgeräumt wie eine Militärkaserne. Die Holzböden waren gebohnert, die Polstersessel zierten Häkeldeckchen, die Pflanzen an den Fenstern zurechtgeschnitten und gegossen, Küche und Spüle makellos, Töpfe und Pfannen an Haken aufgehängt, saubere Plastikbeutel in den Papierkörben, die Modellflugzeuge abgestaubt an Drähten von der Schlafzimmerdecke hängend. Die Überdecke seines Bettes war untergeschlagen und so straff gespannt, daß man eine Vierteldollarmünze darauf springen lassen konnte.
Die Bilder an den Wänden zeigten praktisch keine Menschen, abgesehen von einer Farbfotografie, wo er selbst auf den Eingangsstufen einer Jagdhütte saß, zu seinen Füßen ein toter Achtender. Doucet lächelte; in seinem Schoß lag ein Repetiergewehr mit eisernem Visier und einem Trageriemen.
Eine Stunde lang durchsuchten wir das Haus, die Garage, und dann fingen wir von vorne an und nahmen uns das Haus noch einmal vor. Der Deputy aus dem Iberia Parish kam durch die Tür, in der Hand eine Eistüte. Er war ein dunkelhaariger Mann mit schmalen Schultern und breiten Hüften, der den größten Teil seiner fünf Jahre beim Department damit zugebracht hatte, vor Grundschulen als Schülerlotse zu stehen oder Häftlinge, denen nur Ordnungswidrigkeiten vorgeworfen wurden, zur morgendlichen Anhörung bei Gericht zu bringen. Er hörte auf zu essen und wischte sich mit dem Handrücken Eis aus dem Schnurrbart, bevor er was sagte.
»Jesses, Dave, ihr habt ja keinen Stein auf dem anderen gelassen«, sagte er.
»Wenn du willst, kannst du hinterher gerne noch dableiben und wieder aufräumen«, sagte ich.
»Ihr habt’s ja angerichtet, nicht ich.«
»So ist es, also zerbrich du dir mal nicht den Kopf drüber«, sagte ich.
»Mannomann, da ist jemand heute aber unausgeschlafen«, sagte er. Als ich nicht antwortete, kam er in die Mitte des Raumes. »Was habt ihr in der Truhe da gefunden?«
Als ich immer noch nicht antwortete, linste er über meine Schulter.
»Oh Mann, das ist ja lauter Unterwäsche von kleinen Mädchen, stimmt’s?« sagte er.
»Ja, du hast recht«, sagte ich.
Der Deputy räusperte sich.
»Hat dieser Typ auch so
Weitere Kostenlose Bücher