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Im Schatten der Mangroven (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Im Schatten der Mangroven (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Im Schatten der Mangroven (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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einzigen flüssigen Bewegung schnappte sie sich ihre Handtasche, die auf einem Stuhl lag, so daß ich ihr Gesicht nicht sehen konnte. Die Fliegentür knallte hinter ihr zu.
    Ich packte den gesamten Inhalt von Doucets Truhe in Klarsichtbeutel, schloß das Haus ab und schaffte es gerade noch in meinen Wagen, bevor ein Hagelschauer vom Himmel platzte, auf die Fahrerkabine prasselte und auf dem sanft geschwungenen Golfplatz in winzigen weißen Fontänen aufschlug, so weit das Auge reichte.
    An diesem Abend hieß es im Wetterbericht der Zehn-Uhr-Nachrichten, daß der Hurrikan sich wieder in nordwestlicher Richtung weiterbewegte und wahrscheinlich morgen gegen Abend die Gegend um die Atchafalaya-Bay erreichen würde, etwas östlich von uns. Auf allen Bohrinseln im Golf war die Arbeit eingestellt worden, und die flachen Küstengebiete von Grand Isle bis zum Sabine Pass wurden bereits evakuiert.
    Um elf rief der Sheriff an.
    »Gerade hat jemand Mikey Goldmans Wohnwagen am Spanish Lake abgefackelt. Der oder die Täter haben eine große Milchflasche mit Benzin gefüllt, eine Signalfackel wie eine Lunte reingesteckt und das Ganze durchs Fenster geworfen«, sagte er. »Wollen Sie mal raus und es sich ansehen?«
    »Nicht, wenn’s nicht unbedingt sein muß. Wer brüllt denn da im Hintergrund so rum?«
    »Dreimal dürfen Sie raten. Es gelingt mir nicht, ihn davon zu überzeugen, daß er von Glück reden kann, weil er nicht im Wohnwagen war.«
    »Lassen Sie mich noch mal raten. Er will, daß wir Julie Balboni verhaften.«
    »Sie sind ein Hellseher«, sagte der Sheriff. Dann schwieg er kurz. »Ich hab schlechte Neuigkeiten. Am späten Abend ist der Bericht vom Labor gekommen. Das Werkmesser ist sauber.«
    »Sind die sich da hundertprozentig sicher?«
    »Sie sind auf derselben Seite wie wir, Dave.«
    »Der Pathologe kann doch sicher was über die Beschaffenheit der Wunden sagen, das wir vor Gericht verwenden können. Wenn’s sein muß, holen wir uns einen Beschluß und exhumieren die Toten.«
    »Sie sind müde, Partner. Ich hätt’ Sie heut abend nicht mehr anrufen sollen.«
    »Doucet ist ein Monster, Sheriff.«
    »Da reden wir morgen früh drüber.«
    Eine graue Regenwand kam über das Zuckerrohrfeld meines Nachbarn auf unser Haus zu, und in den Wäldern dahinter krachten Blitze.
    »Sind Sie noch dran?« sagte er durch das Rauschen in der Leitung.
    »Wir müssen dem Kerl den Stecker rausziehen. Und zwar endgültig.«
    »Wir reden morgen mit dem Staatsanwalt. Jetzt gehen Sie schlafen, Dave.«
    Nachdem ich den Hörer wieder auf die Gabel gelegt hatte, saß ich noch lange Zeit so da und starrte durch die geöffnete Hintertür in den Regen, der auf den Ententeich und die Rohrkolben am Rand meines Grundstücks fiel. Der Himmel schien erfüllt von elektrischen Lichtern, und im Wind hallten die Stimmen von Kindern.

19
    Am nächsten Morgen donnerte der Regen ohrenbetäubend laut auf die Veranda. Als ich die Haustür öffnete, schwammen im Hof ganze Inseln von Pecanblättern in gewaltigen schlammigen Pfützen, und ein feiner, milder, kühler Nebel wehte hinein. Hinter dem Regenvorhang, der in feuchtgelbem Licht auf der Wasseroberfläche des Bayou tanzte, konnte ich die Marsch kaum mehr ausmachen. Ich schlüpfte in meine Regenkleidung und rannte durch Pfützen zum Laden, daß es nur so spritzte. Batist und ich verstauten alle Tische, Stühle und Sonnenschirme im Windschatten des Hauses auf dem Pier, vertäuten sie, zogen unsere Boote aus dem Wasser und verriegelten die Fensterläden. Dann tranken wir im Laden eine Tasse Kaffee und teilten uns eine Pastete, während der Wind sich alle Mühe gab, das Blechdach aus den Verstrebungen zu reißen.
    In der Stadt war der Bayou Teche so hoch gestiegen, daß die Pfeiler der Zugbrücken größtenteils unter Wasser standen. An einigen Stellen war das Wasser über die Ufer getreten und hatte die Kamelienbüsche im Stadtpark überflutet. Der Autoverkehr bewegte das Wasser in den Straßen so sehr, daß es in wirbelnden braunen Wellen Straßenabfälle über Randsteine und Vorgärten bis direkt vor die Eingangstreppen der Häuser an der East Main Street schwemmte. Die Luft roch nach Fisch und in Abflüssen vergammelnden Pflanzen und stach fast kalt in der Lunge, wenn man einatmete, und vor dem Gerichtsgebäude kam der Regen in regelrechten Strudeln heruntergepeitscht, die in Nacken und Augen stachen. Binnen kürzester Zeit waren alle Kleidungsstücke triefend naß, wie sehr man sich auch vermummt hatte.

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