Im Schatten der Mangroven (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
überlegen’s uns«, sagte Bootsie und lächelte ihn über den Tisch hinweg an.
»Ich könnte in einem Film mitspielen, wo du wohnst?« sagte Alafair.
»Aber sicher«, sagte Elrod. Als er das Gesicht sah, das ich machte, fügte er hinzu: »Ich meine, wenn du und deine Familie das so wollen.«
»Dave?« Sie hob den Kopf und sah mich an.
»Warten wir mal ab«, sagte ich und fuhr ihr mit den Fingern über den Pony. Elrod wollte noch etwas sagen, aber ich unterbrach ihn. »Wo ist Balboni?«
»Irgendwie scheint er’s nicht wahrhaben zu wollen. Der treibt sich immer noch mit seinen Schmalzlocken da rum und , hockt in seinem Trailer. Ich glaube echt, der bleibt da noch sitzen, wenn sie alles abgerissen haben«, sagte Elrod.
»Kann gut sein, daß der Sturm seinen Wohnwagen in den See bläst«, sagte ich.
»Ich glaube, er hat mehr als nur einen Grund, noch dortzubleiben«, sagte Elrod.
Ich wartete darauf, daß er weitersprach, aber das tat er nicht. Wir gingen hinaus auf die Veranda. Das Zypressenholz an Treppe und Fußboden war dunkel vom Regen, den es unter den Dachvorsprung geweht hatte. Die Marsch jenseits des Bayou war in der grauen Luft nur ein unscharfer Schmierfleck. Unten am Pier setzte Batist seinen Einbaum absichtlich auf Grund, damit ihn der Wind nicht an einem Pfeiler zerschmetterte.
»Was war das mit Balboni?« sagte ich.
»Er gabelt in der Stadt junge Mädchen auf und macht ihnen weis, er gibt ihnen eine Rolle in einem Film. Wie ich hörte, hat er in den letzten paar Tagen zwei oder drei da draußen bei sich im Trailer gehabt.«
»Typisch Julie.«
»Wieso das?«
»Als wir in der Schule waren, hat er Selbstbestätigung immer nur gefunden, wenn er die Hose runterließ.«
Er starrte in den Regen.
»Da ist etwas, das sollte ich Ihnen sagen, Dave, aber vielleicht wissen Sie’s schon«, sagte er. »Wenn Leute wie wir, damit meine ich Schauspieler und so weiter, in eine fremde Stadt oder Gemeinde kommen, dann finden das alle ganz toll. Jeder denkt dann, daß sich durch uns irgendwie ihr Leben ändert. Ich rede hier von Erwartungen, die geweckt werden, romantische Sachen, glamouröse Affären mit Stars, so was halt. Und eines Tages hauen wir wieder ab, und die Leute stehen mit zusätzlichen Problemen da, die sie vorher noch nicht kannten. Damit meine ich, daß sie sich schämen, wenn ihnen klar wird, wie gering sie sich selbst schätzen. Es ist, wie wenn man nach der Vorstellung im Kino die Lichter anmacht.«
»Unsere Probleme sind hausgemacht, El. Überschätzen Sie sich nicht.«
»Sie haben mich an diesem ersten Abend nicht ins Gefängnis gesteckt und dafür gesorgt, daß ich trocken werde, Dave. Oder mir zumindest einen guten Einstieg verschafft. Und was haben Sie im Gegenzug dafür erhalten? Einen ganzen Sack voll Ärger, den Sie wahrlich nicht verdient haben.«
»Reichen Sie jemand anderem eine helfende Hand. So können Sie es weitergeben«, sagte ich.
Ich legte eine Hand auf seinen Nacken. Ich fühlte seinen straffen Haaransatz unter meiner Handfläche.
»Am meisten muß ich an Kelly denken, wenn es regnet. Es ist so, als ob sie einfach weggespült worden ist, als hätte sie und alles, was mit ihr zu tun hat, sich aufgelöst und wäre in der Erde verschwunden, als ob sie nie dagewesen ist«, sagte er. »Wie kann es sein, daß ein Mensch rund um die Uhr ein Teil deines Lebens ist und dann einfach weg ist? Damit kann ich mich nicht abfinden.«
»Vielleicht leben bestimmte Menschen ja in uns weiter, El. Und eines Tages sehen wir sie dann wieder.«
Er stützte sich mit einer Hand auf einen hölzernen Balken und starrte in den Regen. Sein Gesicht war feucht vom Nebel.
»Es geht zu Ende«, sagte er. »Alles, was wir hier gemacht haben, alles, was passiert ist, das wird bald ein Ende finden«, sagte er.
»Sie sprechen in Rätseln, Partner.«
»Gestern nacht hab ich sie dahinten im Zuckerrohrfeld gesehen. Aber diesmal war es anders. Sie rollten die Fahne ein und beluden ihre Wagen. Sie ziehen ab.«
Warum jetzt?
hörte ich mich innerlich fragen.
Er ließ den Arm fallen und sah mich an. Im Schatten glänzte Wasser auf seiner braunen Haut.
»Ein Unglück wird geschehen, Dave«, sagte er. »Ich fühle es wie eine Hand, die mir das Herz zudrückt.«
Er pochte mit der flachen Faust gegen den hölzernen Balken, als wolle er sich vergewissern, daß dieser tatsächlich existierte.
Am späten Nachmittag klingelte der Sheriff bei mir im Büro durch.
»Dave, können Sie vielleicht zu mir ins Büro
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