Im Schatten der Mangroven (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
der Schnupftabak, billigen Wein, faulige Zähne und bittere Galle in sich vereinte. Es war ein riesiger Schwarzer, der ein Donald-Duck-T-Shirt, dreckige Tennisschuhe und purpurfarbene Hosen trug, die an den Oberschenkeln aus allen Nähten platzten. In der Linken trug er einen Wäschesack voller Diebesgut aus der Wohnung, der er gerade einen Besuch abgestattet hatte. Er ließ das Tor mit der ganzen Wucht seines Körpers gegen meine Hand knallen, und etwas darin knackste wie ein zerbrechendes Eisstäbchen. Mein Revolver schlidderte über die Steinplatten.
Ich versuchte meinen Schlagstock freizubekommen, aber jetzt gab er den Takt an. Aus seiner Hüfttasche zückte er einen abgenutzten .38er mit Stummellauf, der Griff mit schwarzem Isolierband umwickelt, und schraubte mir den Lauf ins Ohr. In seinem rechten Auge war ein dunkler Blutklumpen, und sein Atem fuhr mir von der Seite übers Gesicht wie eine ungewaschene Hand.
»Zurück in den Gang, Motherfucker«, wisperte er.
Wir stolperten rücklings in die Finsternis. Draußen auf der Straße hörte ich Passanten, die offensichtlich guter Dinge waren, und eine Bierdose klapperte, über den Beton.
»Mach bloß keine Dummheit«, sagte ich.
»Halt’s Maul«, sagte er. Dann, fast als zornigen Nachgedanken, schlug er meinen Kopf gegen die Ziegelmauer. Ich fiel auf die Knie, ins Wasser, der Schlagstock nutzlos im Gürtel verdreht.
Seine Pupillen waren geweitet, das Haar von einer dichten Schweißschicht umhüllt, und in seinem Hals pochte der Puls wie wild. Er war der schlimmstmögliche Gegner, den sich ein Cop in einer solchen Situation vorstellen kann – nicht bei Sinnen, verängstigt und dumm genug, bei einem einfachen Bruch eine Waffe mit sich zu führen.
»Warum mußtest du bloß hier auftauchen, Mann? Warum mußtest du das tun?« sagte er.
Sein Daumen legte sich auf den Hahn der Waffe, und ich hörte, wie sich die Trommel drehte und die Patronenkammer einschnappte.
»Die Straße ist an beiden Enden von Cops abgeriegelt«, sagte ich. »Aus dem Quarter kommst du nicht raus.«
»Kein Wort mehr, Mann. Das nützt eh nichts. Wegen dir ist jetzt alles am Arsch.«
Er wischte sich den Schweiß aus den Augen, atmete tief aus und zielte mit der Waffe nach unten auf meine Brust.
Baby Feet trug nur einen Bademantel, seine Jockey-Unterwäsche und ein paar Slipper an den blanken Füßen, als er auf dem Ziegelweg hinter dem Schwarzen auftauchte.
»Was zum Teufel hast du hier zu suchen?« sagte er.
Der Schwarze machte einen Schritt nach hinten und senkte den Revolver bis zum Oberschenkel.
»Mister Julie?« sagte er.
»Yeah. Was zum Teufel machst du hier? Hast du etwa eine Wohnung in meinem Haus ausgeräumt?«
»Ich hab nicht gewußt, daß Sie hier wohnen, Mister Julie.«
Baby Feet nahm dem schwarzen Mann den Revolver aus der Hand und ließ den Abzugshahn wieder in die Ausgangsposition zurückgleiten.
»Walter, wenn ich will, pißt du sechs Monate lang noch Blut«, sagte er.
»Jawohl, Sir, das weiß ich.«
»Ich bin froh, daß du’s so siehst. Und jetzt mach, daß du deinen miesen Arsch hier wegbringst.« Er schubste den schwarzen Mann in Richtung des Ausgangs. »Mach schon.« Er drängte den Schwarzen an der Ziegelwand entlang und versetzte ihm dann unvermittelt einen harten Tritt in den Hintern, so schnell wie eine zustoßende Schlange. »Jetzt mach schon, hab ich gesagt.«
Er trat ihn noch einmal, und der kleine spitze Schuh fuhr tief in den Schritt des Mannes. Tränen quollen aus den Augen des Schwarzen, als er über seine Schulter zurückblickte. »Mach hin, Walter, wenn du nicht willst, daß du Eier wie Kokosnüsse bekommst.«
Der Schwarze verschwand hinkend auf der Dumaine Street. Baby Feet stand vor dem aufgebrochenen Tor, ließ die Patronen aus der ,38er.auf den Bürgersteig fallen und schleuderte den Revolver in die Dunkelheit hinter dem schwarzen Mann her.
»Komm mit hoch, da geb ich dir etwas Eis für deine Hand«, sagte er.
Mittlerweile hatte ich meine Mütze und meine Waffe wieder aufgesammelt.
»Ich verfolge den Kerl«, sagte ich.
»Schnapp ihn dir morgen früh. Er putzt Schuhe in einem Frisiersalon an der Ecke Calliope und St. Charles. Bist du sicher, daß du den richtigen Job gewählt hast, Dave?«
Er lachte, zündete sich eine Zigarette mit purpurnen und goldenen Streifen an und legte seinen runden, mächtigen Arm um meine Schultern.
Der Sheriff hatte recht: Baby Feet mochte jetzt ein Filmproduzent sein, aber als bloßen Schauspieler würde
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