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Im Schatten der Mangroven (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Im Schatten der Mangroven (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Im Schatten der Mangroven (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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große, weiße Zähne, die etwas voneinander abstanden, und auf ihrer braunen Wange war ein Klecks Eiskrem. Ich umarmte sie und küßte sie oben auf den Kopf.
    »Ich muß jetzt los. Paß auf die Shrimps auf, okay?« sagte ich. »Und kein Ausritt mehr mit Tripod. Ist das klar, Alf?«
    »Klar, Großer.«
    Ich schlüpfte in Tennisschuhe und Sporthosen und lief los, die unbefestigte Straße hinunter zur Zugbrücke über den Bayou. Der Regen sah jetzt in der Luft wie Flecken von gesponnenem Glas aus, und das Spiegelbild der sterbenden Sonne lag blutrot im Wasser. Nach einer Meile rann mir der Schweiß in der feuchten Luft nur so vom Leib, aber ich spürte schon, wie die Ermattung des Tages aus meinem Körper wich, und ich hüpfte über die Pfützen und gab den ganzen Weg zur Brücke ordentlich Gas.
    An den rostigen Brückenbalken machte ich Dehnungsübungen für meine Beine, beobachtete die Leuchtkäfer, die in den Bäumen aufglühten, und die Hornhechte, die im Schatten eines unter Wasser stehenden Rohrdickichts hin und her schwammen. Die Laute der Baumfrösche und Zikaden in der Marsch waren jetzt fast ohrenbetäubend.
    Um diese Zeit des Tages, und besonders im Sommer, befiel mich immer ein Gefühl der eigenen Vergänglichkeit, das ich einem anderen Menschen gegenüber nie angemessen beschreiben konnte. Manchmal war es, als ob die Abendsonne im Begriff stände, am Rande des Horizonts zu toter Asche zu verglühen, um nie wieder aufzugehen. Bei dem Gedanken kroch mir der Schweiß wie Schlangen am Leib hinunter. Vielleicht weil ich glauben wollte, daß der Sommer ein Lied war, das nie aufhörte, daß es genauso viel oder wenig bedeutete, sich im dreiundfünfzigsten Lebensjahr zu befinden, als wenn man bei einem Baseballspiel das sechste Inning begann, wo der Wurfarm immer noch elastisch und zäh wie eine Peitsche war und die bloße Erwartung eines deiner blitzartigen Würfe den Mann am Schlagmal schwer schlucken und einen Schritt zurück machen ließ.
    Und wenn morgen alles zu Ende wäre, hätte ich keinen Grund, mich zu beklagen, dachte ich. Schon Jahre zuvor hätte es mich zahllose Male erwischen können. Zur Erinnerung an diese Tatsache mußte ich nur die Narbe auf meinem Bauch berühren, die von einem Punjistab stammte, zusammengerollt wie ein flachgedrückter, grauer Wurm; oder die glänzenden, pfeilförmigen Schmarren, die eine Springmine an meinem Oberschenkel hinterlassen hatte; oder die verrunzelte Delle unter meinem Schlüsselbein, wo eine Patrone vom Kaliber .38 meine Schulter durchbohrt hatte.
    Es waren auch nicht Wunden, die ich in Heldenmanier empfangen hatte. In jedem Fall kam es dazu, weil ich selbst etwas tat, das achtlos oder unüberlegt war. Außerdem hatte ich versucht, mich in Raten selbst zu zerstören, Glas für Glas.
    Schlag dir diese Gedanken aus dem Kopf, Partner, sagte ich mir. Ich winkte dem Brückenwärter in seiner kleinen Kabine am anderen Ende der Brücke zu und machte mich auf den Heimweg.
    Auf der letzten halben Meile machte ich noch einmal richtig Dampf, stoppte dann am Pier und machte fünfzig Liegestütze und Klappmesser auf den Holzplanken, die noch die Hitze des Tages in sich trugen und nach getrockneten Fischschuppen rochen.
    Ich ging durch die Bäume auf der dichten Schicht aus dahinmoderndem Laub und Pecannußschalen den Hang hoch zur Veranda meines Hauses, wo Licht brannte. Dann hörte ich hinter mir auf der unbefestigten Straße einen Wagen, und ich drehte mich um und sah ein Taxi bei meinem Briefkasten anhalten. Ein Mann und eine Frau stiegen aus, dann bezahlte der Mann den Fahrer und schickte ihn wieder in Richtung der Stadt.
    Ich rieb mir mit dem Unterarm das Salz aus den Augen und starrte durch die Dunkelheit. Der Mann leerte den Schaum aus einer langhalsigen Bierflasche und stellte sie hinter einem Baumstumpf ab. Dann stupste ihn die Frau an die Schulter und zeigte in meine Richtung.
    »Hey, hier stecken Sie also«, sagte Elrod Sykes. »Wie geht’s, Mr. Robicheaux? Sie haben doch nichts dagegen, daß wir hier reinschneien? Wow, schön haben Sie’s hier.«
    Er stand etwas unsicher auf den Beinen. Die Frau, Kelly Drummond, faßte ihn am Arm. Ich ging den Abhang wieder hinunter.
    »Ich muß Ihnen leider sagen, daß ich gerade duschen und dann zu Abend essen wollte«, sagte ich.
    »Wir möchten Sie gerne zum Essen einladen«, sagte er. »Da gibt’s so einen Laden in Beau Bridge, der heißt Mulate’s. Die machen ein Gumbo, mit dem man glatt eine neue Religion starten

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