Im Schatten der Mangroven (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
ihnen gesellen sollte. Gut ist das nicht gewesen.«
Er kippte den Schaum aus der Flasche, schnippte dann die letzten Tropfen nachdenklich auf die Rinde eines Pecanbaums.
»Ich war nicht betrunken«, sagte er. »Dieser Typ mit dem verletzten Arm und dem einen Bein, der hat zu mir gesagt: ›Sie und Ihr Freund, der Polizeibeamte aus dieser Stadt, Sie müssen sie zurückschlagen.‹ Er stand am Wasser, im Nebel, auf eine Krücke gestützt. Er hat mir voll ins Gesicht geblickt, als er es sagte.«
»Ah ja.«
»Was glauben Sie wohl, hat er damit gemeint?«
»Tut mir leid. Woher soll ich das wissen, Partner?«
»Ich hab so den Eindruck gehabt, daß er davon ausging, Sie wissen, worum es geht.«
»Ich will Ihnen nicht zu nahe treten, aber ich glaube doch, daß das alles eine Ausgeburt Ihrer Phantasie ist, mit der ich mich nicht weiter beschäftigen will. Mal was anderes. Mrs. Drummond hat vorhin etwas gesagt, zu dem ich von Ihnen gerne Näheres hören würde.«
»Das wäre?«
»Warum ist es für Ihren Regisseur, diesen Mikey, ein Problem, wenn Sie mir einen Besuch abstatten?«
»Das hat sie Ihnen gesagt?«
»Das hat sie mir gesagt.«
»Nun, er hat’s so gesagt: ›Fall diesem Cop da nicht auf den Wecker, El. Gib ihm keinen Grund, hier rauszukommen und uns Ärger zu machen. Wir dürfen nie vergessen, daß ein Großteil der Dinge, die in diesem Teil des Landes geschehen sind, uns nichts angehen.‹«
»Macht er sich Sorgen wegen des toten schwarzen Mannes, den Sie gefunden haben?« sagte ich. »Das scheint mir keinen Sinn zu ergeben.«
»Haben Sie wohl noch so eins?« sagte er und hielt die leere Flasche hoch.
»Warum macht er sich Sorgen wegen des schwarzen Mannes?«
»Wenn Mikey sich Sorgen macht, dann um Geld, Mr. Robicheaux. Oder genauer gesagt, um das Geld, das er dazu braucht, die Art von Filmen zu machen, an denen ihm wirklich liegt. Er hat einen Fernsehmehrteiler über den Holocaust gemacht. Das waren zehn Millionen Dollar Miese für das Network. Es ist nicht so, daß irgend jemand grade Schlange steht, um eins von Mikeys Projekten zu finanzieren.«
»Julie Balboni schon.«
»Haben Sie schon mal gehört, daß ein College Geld von einem Rüstungsunternehmen abgelehnt hat, weil es Napalm herstellt?«
Er machte den Mund auf und zu, als befände er sich in einem Flugzeug und hätte mit dem Druck in den Ohren zu schaffen. Der Mond war jetzt aufgegangen, und in den Lichtstrahlen, die durch die Äste fielen, war die Haut seines Gesichts bleich und großporig, straff wie Pergament über den Knochen. »Mr. Robicheaux... Dave... ich will Ihnen nichts vormachen, ich brauche was zu trinken.«
»Dann gehen wir besser rein und besorgen Ihnen was. Aber ich mache Ihnen einen Vorschlag, Partner. Vielleicht lassen Sie sich mal durch den Kopf gehen, ob Sie mal mit mir zu so einem Meeting gehen wollen. Damit meine ich nicht unbedingt, daß Sie da hingehören. Aber es gibt Menschen, die finden’s besser, als jeden Morgen mit einer Motorsäge im Schädel aufzuwachen.«
Sein Blick schweifte weg zu einem Boot mit Lichtern auf dem Bayou.
»Ist nur ein Gedanke. Ich wollte mich Ihnen nicht aufdrängen«, sagte ich. »Gehen wir rein.«
»Haben Sie schon mal nachts draußen Lichter in den Zypressen gesehen?«
»Das ist Sumpfgas. Es entzündet sich und rollt über die Wasseroberfläche wie ein Kugelblitz.«
»Nein, Sir, das ist es nicht«, sagte er. »Sie hatten Laternen an manchen der Wagen mit den Verletzten hängen. Die Pferde sanken immer wieder in den Sandlöchern ein. Viele der Soldaten hatten Maden in den Wunden. Das ist der einzige Grund für ihr Überleben gewesen. Die Maden haben die entzündeten Stellen saubergefressen.«
Ich hatte nicht vor, noch länger über diese seltsame psychologische Zwischenwelt zu reden, die er sich offensichtlich als Privatzoo für all die vielgestaltigen, schemenhaften Figuren geschaffen hatte, die in seinem Unterbewußtsein spukten.
Ich legte den Sack mit dem Trockenfutter oben auf den Kaninchenstall und machte kehrt, um wieder zum Haus zurückzugehen.
»Der General hat noch was gesagt«, sagte Elrod hinter mir.
Ich winkte ab und lief weiter.
»Na ja, kann’s Ihnen nicht verdenken, daß Sie mir nicht zuhören wollen«, sagte er. »Diesmal bin ich vielleicht tatsächlich betrunken gewesen. Wie sollte Ihr Vater auch an die Pistole seines Adjutanten kommen?«
Ich blieb stehen.
»Was?« sagte ich.
»Der General hat gesagt: ›Der Vater Ihres Freundes nahm den Revolver meines
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