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Im Schatten der Mangroven (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Im Schatten der Mangroven (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Im Schatten der Mangroven (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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wär’s, wenn wir später noch mal reden? Wenn Sie mögen, können wir ja zu einem Meeting gehen.«
    »Sicher«, sagte er mit tonloser Stimme. »Das klingt nicht schlecht.«
    »Ich weiß Ihre Einladung zu schätzen. Wirklich, Partner.«
    »Klar. Nicht der Rede wert. Ein anderes Mal.«
    »Ja, das ist dann vielleicht besser.«
    »Machen Sie’s gut, Mr. Robicheaux.«
    Die Leitung verstummte, und mir blieb das eigentümliche Gefühl, daß ich es soeben bewerkstelligt hatte, gegenüber einem Menschen, den ich eigentlich mochte, sowohl unehrlich zu sein als auch seine Gefühle zu verletzen.
    Batist und ich entfernten die Asche aus dem Grill, wo wir Würstchen und Hähnchen mit
Sauce piquante
brieten und sie mittags für 3,95 Dollar den Teller an Angler verkauften; dann fischten wir mit Netzen die toten Elritzen aus dem Köderbecken, wischten die Ladentresen und den rauen Fußboden, füllten die Kühltruhen wieder mit Bier und Limonade, kippten frisches, kleingestoßenes Eis auf die Flaschen, füllten die Süßwaren- und Zigarettenautomaten nach, verstauten Pasteten, hartgekochte Eier und eingelegte Schweinsfüße im Kühlschrank – für den Fall, daß Tripod dem Laden mal wieder einen Besuch abstattete –, machten die Sonnenschirme an den runden Tischen zu, zogen die Leinenmarkise zurück, die an Drähten über den Pier gespannt war, leerten das Wasser aus den ganzen Booten, die wir vermieteten, zogen eine Sicherungskette durch die festgeschweißten Metallringe, die sich am Gehäuse aller Außenbordmotoren befanden, und zu guter Letzt verriegelten wir die Holzklappen vor den Fenstern und verschlossen alle Türen.
    Ich überquerte die Straße und blieb bei dem kleinen Maisfeld stehen, wo Alafair und das schwarze Mädchen spielten. Ein Pickup klapperte durch die Schlaglöcher in der Straße, und Staubwolken trieben durch die Maisstauden. Draußen in der Marsch quakte ein vereinzelter Frosch, und wie auf ein Zeichen schien das gesamte purpurne Himmelsgewölbe mit dem Widerhall Tausender weiterer Frösche erfüllt zu werden.
    »Was hat Tripod denn heute angestellt?« sagte ich.
    »Tripod ist ganz brav gewesen. Er hat gar nichts angestellt, Dave«, sagte Alafair. Sie hob Tripod hoch und nahm ihn wie einen Sack rücklings in ihren Schoß. Seine Pfoten strampelten wild in der Luft.
    »Was hast du denn da, Poteet?« sagte ich zu dem kleinen schwarzen Mädchen. Gummibänder hielten ihre Zöpfe, und ihre Ellenbogen und Knie waren staubgrau.
    »Hab ich hier auf dem Acker gefunden«, sagte sie und öffnete die Hand. »Was ist das, Mr. Dave?«
    »Das hab ich dir doch gesagt. Das ist eine Miniékugel«, sagte Alafair.
    »Also für mich sieht das nicht wie eine Kugel aus«, sagte Poteet.
    Ich nahm sie ihr mit spitzen Fingern aus der Hand. Sie lag glatt und kühl in meinem Handteller, schmutzig weiß oxydiert, an einem Ende konisch zulaufend, mit drei Rillen und einem Hohlraum am hinteren Ende. Der französische Beitrag zu der Wissenschaft, Menschen auf große Entfernungen umzubringen. Die Patrone sah fast wie ein Phallus aus.
    »Das sind die Kugeln gewesen, die im Bürgerkrieg verwendet wurden, Poteet«, sagte ich und gab sie ihr wieder. »Soldaten der Union und der Südstaaten haben überall hier am Bayou gekämpft.«
    »Ist das der Krieg, wo Alafair sagt, Sie sind dabeigewesen, Mr. Dave?«
    »Komm ich euch so alt vor?«
    »Wieviel ist die wert?« sagte Poteet.
    »In New Orleans gibt’s einen Laden, da kann man sie für einen Dollar das Stück kaufen.«
    »Geben Sie mir einen Dollar für die da?« sagte Poteet.
    »Warum behältst du sie nicht lieber, Po?« sagte ich und strich ihr über den Kopf.
    »Ich will keine so eklige Miniékugel. Die war wahrscheinlich in einem drin«, sagte sie und warf sie ins Maisfeld.
    »Mach das nicht. Die kann man gut für die Schleuder brauchen, oder so was«, sagte Alafair. Sie kroch auf Händen und Knien über den Acker und steckte die Miniékugel in eine Tasche ihrer Jeans. Dann kam sie wieder und nahm Tripod mit beiden Armen.
    »Dave, wer ist dieser alte Mann gewesen?« sagte sie.
    »Was für ein alter Mann?«
    »Er hat ein abbes Bein«, sagte Poteet.
    »Ein abbes Bein?«
    »Ja, das eine Bein war ab, und der eine Arm sah aus wie eine verschrumpelte Vogelklaue«, sagte Poteet.
    »Wovon redet ihr hier?« sagte ich.
    »Er hatte eine Krücke, Dave. Hier in den Blättern hat er gestanden«, sagte Alafair.
    Ich kniete neben den Kindern nieder.
    »Irgendwie macht das keinen Sinn, was ihr mir hier sagt«,

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