Im Schatten der Mangroven (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Biege, die der Kanal ungefähr drei Meilen südlich macht. Da war der Wasserstand ziemlich niedrig, und auf der linken Seite haben sich ein paar treibende Baumstämme festgesetzt.«
»Drei Meilen südlich? Yeah, ich werde drauf achten«, sagte er, und sein Blick schweifte wieder ins Nichts. Wassertropfen standen auf seiner sonnengebräunten, straffen Brust. Er hatte die Füße weit gespreizt, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren, obwohl sich das Boot nicht bewegte. »Sie sind sicher, daß Sie kein Tonic Water wollen?«
»Nein, danke. Ich wünsche Ihnen viel Glück«, sagte ich.
Bevor ich durch die Kabinentür hinausging, sah mich Kelly flehentlich an, aber ich zog die Tür hinter mir zu und trat aufs Schandeck und von dort an Land.
Ich machte mich daran, mit einem Besenstiel riesige Wasserballons aus der Markise zu drücken, und hörte nicht, wie sie hinter mich trat.
»Auf Sie wird er hören. Sagen Sie ihm, daß er da nicht rausfahren soll«, sagte sie. Hoch oben auf ihrer rechten Wange war ein geröteter Fleck.
»Ich denke, das sollten Sie ihm selbst sagen.«
»Sie verstehen nicht. Gestern hatte er einen Riesenstreit mit Mikey wegen des Drehbuchs und ist vom Set gestürmt. Heute morgen hat er dann das Boot mit Mikeys Kreditkarte gemietet. Wenn wir das Boot jetzt zurückbringen, wird der Mann vielleicht die Buchung rückgängig machen. Meinen Sie, daß er das tut?«
»Das weiß ich nicht.«
»Die werden El feuern, Mr. Robicheaux.«
»Sagen Sie Elrod, daß Sie hierbleiben. Mehr kann ich Ihnen nicht raten.«
»Dann geht er trotzdem.«
»Ich wünschte wirklich, ich könnte Ihnen helfen.«
»Das ist alles?
Au revoir
, leckt mich, ihr
boat people
?«
»In den letzten zwei Tagen hat Elrod sowohl mir als auch meiner Frau gesagt, daß er gerne mit mir zu einem Meeting der Anonymen Alkoholiker gehen würde. Jetzt haben wir zehn Uhr morgens, und er ist schon völlig breit. Was meinen Sie, wo das Problem wirklich liegt – ist es das Boot, Ihr Regisseur, der Regen, ich, oder vielleicht etwas ganz anderes?«
Sie machte kehrt, wie um zu gehen, dann drehte sie sich wieder um und sah mir ins Gesicht. In ihren grünen Augen funkelte ein helles, schmerzliches Licht, wie es nahende Tränen ankündigt.
»Was soll ich tun?« sagte sie.
»Gehen Sie mal in den Laden. Ich versuch’s noch mal«, sagte ich. Ich kletterte wieder an Bord und stieg in die Kabine. Er hatte die Ellenbogen auf dem Armaturenbrett aufgestützt und aß ein Poorboy-Sandwich. Dabei starrte er auf den Regen, der in einer dichten gelben Wand über den Bayou tanzte.
Sein Gesicht war jetzt fahl und gleichgültig, was entweder an der Erschöpfung oder am Alkohol lag. Weder Beleidigungen noch Einschüchterungsversuche erreichten ihn. Je mehr ich redete, desto mehr gähnte er.
»Sie ist eine tolle Lady, El«, sagte ich. »Viele Männer würden sich mit Kneifzangen die Finger abschneiden, um eine wie sie zu bekommen.«
»Da haben Sie allerdings recht.«
»Warum hören Sie dann nicht mal zumindest für einen Tag mit dieser Scheiße auf und gönnen ihr ein bißchen Ruhe?«
Dann richtete er den Blick auf die Kühltasche, auf eine bernsteinfarbene, beschlagene Flasche Dixie, die im Eis lag.
»Okay«, sagte er beiläufig. »Borgen Sie mir Ihre Angelruten, Mr. Robicheaux. Ich werd gut auf sie achtgeben.«
»Sie fahren nicht aufs Meer raus?«
»Nein, da werd ich eh nur seekrank.«
»Wollen Sie die Tasche mit dem Bier hierlassen?«
»Die gehört zum Boot. Der Kerl wird vielleicht böse, wenn ich die irgendwo liegenlasse. Trotzdem danke, daß Sie sich Gedanken machen.«
»Yeah, von wegen.«
Nachdem sie weg waren, kam ich zu dem Schluß, daß Elrod Sykes auf sich gestellt war, was seine Probleme betraf.
»Hey, Dave, ist dieser Mann wirklich ein berühmter Schauspieler?« sagte Batist.
»In Hollywood ist er ein großer Star, Batist. Das heißt, er ist es zumindest mal gewesen.«
»Ist er reich?«
»Ja, schätze schon.«
»Und mit dieser Frau, mit der ist er richtig zusammen?«
»Ja.«
»Wieso ist er dann so unglücklich?«
»Das weiß ich nicht, Batist. Wahrscheinlich, weil er trinkt.«
»Warum hört er dann nicht auf zu trinken?«
»Das weiß ich nicht, Partner.«
»Bist du sauer, weil ich das gefragt hab?«
»Nein, gar nicht, Batist«, sagte ich und ging hinten in den Laden, wo ich mich daranmachte, im Lagerraum Paletten von Limonadendosen aufzustapeln.
»Du hast vielleicht komische Launen«, hörte ich ihn hinter mir sagen.
Eine halbe
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