Im Schatten der Mangroven (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
auf die Seeroseninseln im Bayou und ließ die Marsch in einem grauen und formlosen Nebel verschwinden.
Dann sah ich eine schnittige weiße Yacht, die sich der Anlegestelle näherte. Die Scheiben waren vom Regen gezeichnet, und das Boot trieb auf der eigenen Bugwelle weiter, als der Mann am Steuer die Hand vom Gas nahm. Batist und ich standen unter der Markise, wo wir gerade den Grill auf die windgeschützte Seite des Ladens trugen. In Batists Mundwinkel steckte eine lange, ausgegangene Zigarre; mit zusammengekniffenen Augen beäugte er durch den Regen hindurch das Boot, das gegen die Reifenteile schlug, die an die Dockpfeiler genagelt waren.
»Wer ist denn das?« sagte er.
»Ich mag gar nicht dran denken.«
»Der winkt dir zu, Dave. Hey, das ist doch der Besoffene, der wo anderntags hier in den Bayou gefallen ist. Eins ist mal sicher, der Mann muß das Wasser lieben.«
Wir stellten den Grill unter dem Dachvorsprung ab und gingen wieder hinein. Der Regen peitschte vom Dach wie schaumbespritzte Tauenden. Durch das Fliegenfenster konnte ich Elrod und Kelly Drummond sehen, die sich in der Bootskajüte bewegten.
»Oh, oh, jetzt will er auf den Pier, Dave. Also, ich geh diesmal nicht raus, um ihn aus dem Bayou zu fischen. Der Mann braucht entweder Schwimmunterricht oder ’nen großen Stein, damit man mal zur Puste kommt.«
Unsere Markise erstreckte sich an Drähten bis ganz vor zum Ende des Piers, und Elrod versuchte gerade über das Schandeck der Yacht unter ihren Schutz zu klettern. Sein Oberkörper war nackt, die weißen Golfhosen klebten patschnaß an der Haut, die Segelschuhe mit den Gummisohlen troffen vor Wasser. Seine Hand rutschte von den Pfählen ab, auf denen der Pier stand, und er fiel rücklings aufs Deck und riß dabei eine Angelrute mit sich. Sie brach entzwei, so daß sie wie ein kaputter Kleiderbügel aussah.
Ich setzte meinen Regenhut auf und ging nach draußen.
Elrod hielt die Hände über die Augen und blickte im Regen zu mir auf. Links oben an seiner Brust war eine Rose in Purpur und Grün auftätowiert.
»Ich schätze, so richtig seefest bin ich noch nicht«, sagte er.
»Gehen Sie wieder rein«, sagte ich und sprang an Deck.
»Wir wollen Forellen fangen. Im Regen beißen die immer. Wenigstens an der texanischen Küste.«
Der Regen war kalt und schmerzhaft wie die Kugeln eines Luftgewehrs. Als ich bis auf einen knappen Meter an ihn herangekommen war, roch ich seine schwere Bierfahne.
»Ich geh rein, Partner«, sagte ich und zog die Kajütentür auf.
»Klar doch. Das wollte ich doch gerade tun. Sie auf ein Sandwich oder ein Dr. Pepper oder ein Mineralwasser oder sonst was einladen«, sagte er und schloß die Tür hinter uns.
Kelly Drummond trug Ledersandalen, Bluejeans und das Ragin’ Cajuns-T-Shirt mit meinem Namen auf dem Rücken, das Alafair Elrod gegeben hatte, nachdem er in den Bayou gefallen war. Sie nahm ein Handtuch und frottierte damit Elrods Haar. Ihre grünen Augen waren klar, das Gesicht frisch, als sei sie vor kurzer Zeit aus einem tiefen Schlaf erwacht.
»Wollen Sie mitkommen angeln?« sagte sie.
»Ich würde Ihnen nicht raten, heute aufs Meer rauszufahren, Es wird heute da draußen vermutlich ziemlich unsanft zugehen.«
Sie sah Elrod an.
»Der Wind flaut bald ab«, sagte er.
»Darauf würde ich nicht zählen«, sagte ich.
»Der Kerl, bei dem wir das Boot gemietet haben, hat gemeint, es kommt auch mit rauher See gut zu Rande. Und so wild ist das Wetter ja auch nicht, oder?« sagte er.
Auf dem Boden stand eine offene Kühltasche mit kleingestoßenem Eis, langhalsigen Flaschen Dixie-Bier, Limonade und Tonic Water.
»Ich kann Ihnen ein paar Angelruten und künstliche Fliegen geben«, sagte ich. »Warum warten Sie nicht einfach, bis der Regen aufhört, und versuchen sich dann einmal an Barschen und ähnlichem?«
»Wann haben Sie das letztemal unmittelbar nach einem Regenguß Flußfische gefangen?« Er lächelte mich schief an.
»Wie Sie wollen. Aber ich halte es trotzdem für eine schlechte Idee, was Sie da vorhaben«, sagte ich. Dabei sah ich Kelly an.
»El, wir müssen ja nicht heute gehen«, sagte sie. »Warum fahren wir nicht einfach runter nach New Orleans und vergnügen uns im French Quarter?«
»Ich hab diesen Trip die ganze Woche lang geplant.«
»Jetzt komm schon, El. Gib’s auf. Da draußen sieht’s aus wie Noahs Flut.«
»Sorry, muß sein. Das können Sie doch verstehen, oder, Mr. Robicheaux?«
»Eher nicht. Wie auch immer, achten Sie auf die
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