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Im Schatten der Mitternachtssonne

Im Schatten der Mitternachtssonne

Titel: Im Schatten der Mitternachtssonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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bestrafen.«
    Ingunn machte eine Kopfbewegung zur anderen Frau hinüber. »So wie du sie bestraft hast?«
    Zarabeth begriff in diesem Augenblick, daß die andere Sklavin, die ältere, magere Frau mit dem krummen Rücken und dem strähnigen Haar nicht geschlagen worden war. Orm hatte sie geschändet. Er hatte sie vergewaltigt.
    »Nein, Ingunn. Ich möchte Zarabeth andere Dinge antun. Ich möchte nicht, daß sie weint wie die alte, ausgemergelte Hexe.«
    Nun meldete Kol sich zu Wort. »Wir müssen aufbrechen, Orm. Jetzt ist keine Zeit, die Frau zu bestrafen. Magnus Haraldsson wird sich auf die Suche nach ihr begeben. Ich kenne seine Hartnäckigkeit.«
    Bein fügte feixend hinzu: »Auch ich möchte sie strafen, Orm.«
    »Laß sie in Ruhe, Orm! Wir müssen aufbrechen!« Ingunn war nervös auf die Beine gekommen.
    Plötzlich fuhr Orm herum und schlug sie mit dem Handrücken. Sie stürzte zu Boden, ihr Gesicht verfehlte nur knapp die Glut des Lagerfeuers. Mit einem Aufschrei kroch sie rasch weg von der Hitze des Feuers.
    Orm rieb sich nur die Hände. Dann lächelte er, und wieder war dieses Glitzern in seinen Augen, verdunkelte sie, doch seine Miene war gelassen und seine Stimme klang einschmeichelnd. »Sag mir nie wieder, was ich zu tun habe, Ingunn. Das nächste Mal werde ich nicht so freundlich mit dir umgehen. Nun habe ich Hunger. Gib mir zu essen, und gib auch unserer armen Sklavin zu essen. Nach all den Anstrengungen wird sie tüchtig Hunger haben.«

23
    Zarabeth haßte das fahle Zwielicht. Es war beinahe Mitternacht, doch der gespenstische Schein ließ die Nacht nicht wirklich dunkel werden. Orm würde bald kommen und sie vergewaltigen. Er hatte sie stumm beobachtet, mit übereinander geschlagenen Beinen am Lagerfeuer sitzend. Und Ingunn hatte ihn nicht aus den Augen gelassen. Kol hatte sich vor kurzem übergeben, jetzt schlief er. Bein hatte die andere Frau hochgezerrt und unter die Bäume geschleift.
    Als sie zurückkamen, hatte Bein sie wie einen Sack zu Boden fallen lassen und ihr eine Decke zugeworfen.
    Zarabeth wußte nicht, ob die Frau Schmerzen hatte. Sie hatte noch kein Wort gesprochen, niemanden angesehen; sie hatte nur getan, was man ihr auftrug, mit gesenktem Kopf und gebeugten Schultern. Da sie keine Vorderzähne mehr hatte, war ihre Oberlippe eingefallen; dadurch wirkte sie älter, als sie vermutlich war. Zarabeth hatte keine Ahnung, wo sie gefangengenommen worden sein konnte. Ihr Gewand war zerfetzt, sie ging auf bloßen Füßen, ihr Haar hing ihr strähnig und glanzlos ins Gesicht. Zu ihrem Erstaunen war die Frau wenige Minuten später fest eingeschlafen und schnarchte laut. Zarabeth saß mit dem Rücken gegen einen Fichtenstamm gelehnt und wartete.
    Orm hatte ihr nur wenig zu essen gegeben, um sie zu quälen. Ihr Magen knurrte und krampfte sich vor Hunger zusammen. Sie mußte sich erleichtern, und schließlich wandte sie sich in ihrer Not an Ingunn: »Ingunn, ich muß kurz im Wald verschwinden.«
    Ingunn wandte den Kopf ab, und Orm antwortete für sie: »Ich begleite dich, Zarabeth.«
    »Nein, laß nur! Ich geh schon!«
    Orm feixte Ingunn an. »Sie könnte dich töten, dann hat sie es nur noch mit mir zu tun. Willst du das, Ingunn?«
    »Ich möchte, daß wir aufbrechen. Ich möchte, daß wir nach Danelagh segeln, Sklaven und Land kaufen und ein Langhaus bauen, das größer ist als das Haus meines Vaters. Ich möchte, daß wir bald heiraten, Orm.«
    »Das alles wünschst du dir? Ich war bereits in Danelagh und habe Land gekauft. Gutes Ackerland am Ufer des Husses Thurlow.«
    Ingunn war überrascht. »Du warst bereits in Danelagh?«
    Bein mischte sich ein: »Ja, und wir haben Pelze, Häute und Elfenbein von Walroßzähnen verkauft. Und wir haben Sklaven gekauft und . . .«
    »Genug, Bein. Ja, Ingunn, wenn wir nach Danelagh kommen, kaufen wir noch mehr Sklaven. Wir haben bereits zwei, und es sind gute Sklaven.«
    »Nimm die andere Frau mit, um die Lust der Männer zu befriedigen, aber laß Zarabeth hier. Laß sie laufen. Entweder sie überlebt oder sie stirbt. Mir ist es egal, was aus ihr wird. Laß uns aufbrechen, Orm. Ich möchte dieses Land und meinen Vater nie wieder sehen.«
    »Aber du wolltest doch, daß ich dich räche. Du hast mich gebeten, diese Frau zu verkaufen, weil sie Magnus betrogen und dich verleumdet hat. Deine Weiberworte verwirren mich.«
    Ingunn kam auf die Beine. »Ich geh jetzt mit ihr in den Wald. Auch ich muß meine Notdurft verrichten.«
    Achselzuckend ließ er die beiden

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