Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Schatten der Mitternachtssonne

Im Schatten der Mitternachtssonne

Titel: Im Schatten der Mitternachtssonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
Vom Netzwerk:
fliehen.«
    »Sie ist eine Frau.«
    Magnus mußte lachen. »Ja, das ist sie. Und jetzt ist sie meine Frau. Schließe Frieden mit ihr.«
    »Ich glaube nicht, daß wir sie rechtzeitig finden, damit ich Gelegenheit habe, mit ihr Frieden zu schließen, Magnus.« Damit legte er dem Freund beide Hände auf die Schultern. »Du hast selbst gesagt, Orm wird sein Boot erreichen, bevor wir ihn einholen.«
    Magnus schüttelte ihn ab. »Wir reiten weiter.«
    Er wußte, daß sie umkehren und die Reparaturarbeiten am Steuerruder der Seewind zu Ende bringen sollten. Doch irgend etwas zwang ihn, seine Fersen in Thorgells Flanken zu bohren. Erst wenn er den Fjord erreicht hatte, würde er sich geschlagen geben.
    Die Pferde schnaubten erschöpft, als Magnus schließlich Halt machen ließ. Sie waren sechs kraftstrotzende, kampferprobte Männer, schwer bewaffnet und zum Angriff bereit. Bei Thor, er mußte Orm ergreifen. Er mußte ihn töten. Es war ihm unwichtig, ob Ingolfsson ein Vorrecht auf seinen Kopf hatte. Orm hatte Zarabeth entführt.
    Er hob den Blick zum Nachthimmel. Schwere, graue Wolken trieben an der Mondsichel vorbei. Es war still, sehr still, und seine Gedanken waren Schreie in seinem Kopf. Sein Sohn, Lotti und jetzt Zarabeth. Hatte er so furchtbar gesündigt? Gegen welche Götter hatte er sich vergangen? Nein, er würde niemals glauben, daß Zarabeth tot war. Er würde nicht glauben, daß Orm sein Boot erreichen und seiner Rache entfliehen würde.
    Zarabeth drehte sich nicht um. Sie hatte nur die Bäume auf der anderen Seite der Lichtung im Blick. Sie rannte, bis das Seitenstechen in ihrer Brust so heftig war, daß sie die Arme um sich schlang. Aber sie blieb nicht stehen. Eine trockene Astgabel im Gras wurde ihr zum Verhängnis; sie stolperte und schlug der Länge nach hin. Das Gras war hoch und dämpfte ihren Sturz.
    Sie lag auf dem Gesicht, reglos abwartend, bis ihr keuchender Atem sich beruhigte, und die Stiche in ihrer Brust nachließen. Dann hörte sie die galoppierenden Pferdehufe. Sie preßte ihr Gesicht ins Gras. Das Geräusch kam näher, wurde lauter, die Erde unter ihrem Gesicht erzitterte.
    »Bei Thor, sie ist verletzt!«
    Es war Orm. Sie schnellte hoch und versuchte wegzurennen, stolperte erneut und wäre gefallen, wenn Orm sich nicht aus dem Sattel gebeugt und sie hochgezogen hätte. Er hielt sie seitlich neben sich, bis er das hohe Gras hinter sich gelassen hat. Dann ließ er sie zur Erde gleiten. Er sah auf sie hinunter.
    »Warum hast du versucht, vor mir wegzulaufen, Zarabeth? Ich habe dich gewarnt. Nun bleibt mir keine Wahl. Ich muß dich bestrafen.«
    Sie hob den Kopf. Sein Gesicht war ebenso gelassen wie seine Stimme, doch seine Augen hatten sich verdunkelt. Sie funkelten im hellen Sonnenlicht, und es war eine Wildheit in seinem Blick, daß sie es vorzog, zu schweigen.
    »Antworte mir, Zarabeth.«
    »Ich möchte nach Hause. Ich möchte zu Magnus zurück.«
    Er lachte. »Wenn wir York erreichen, werde ich dir wieder ein Sklavenband um deinen weißen Hals schmieden lassen. Komm her.«
    Er setzte sie vor sich aufs Pferd und brachte sie zurück zum Lager. Seine Arme lagen leicht um ihre Mitte. Er sagte nichts. Sie wagte nicht, ihm ins Gesicht zu sehen. Sie fürchtete den Irrsinn in seinen Augen.
    Ein kleines Lagerfeuer brannte. Der Geruch nach gebratenem Fasan hing würzig in der Luft. Kol hockte auf einem umgestürzten Baumstamm und hielt sich den Kopf. In seinem Blick las sie Mordlust. Wenn sich ihm die Chance böte, würde er sie töten. Ingunn war bleich vor Zorn. Die andere Frau war geschlagen worden, bemerkte Zarabeth. Sie saß zusammengekauert, ihre Augen vom Weinen gerötet. Sie hatte offenbar Schmerzen.
    »Du hast sie gefunden«, sagte Ingunn tonlos.
    »Ja, gewiß. Sie ist eine Frau, und sie war zu Fuß. Wie soll ich sie bestrafen, Ingunn? Eine Sklavin, die zu fliehen versuchte. Sie hat sich eines schweren Verbrechens schuldig gemacht.«
    »Laß sie arbeiten, bis sie umfällt.«
    »Das wäre nicht genug«, meinte Orm. »Sieh dir den armen Kol an. Sie hat ihn bewußtlos geschlagen. Sein Kopf wird ihm noch tagelang weh tun. Nein, ihre Strafe muß etwas sein, das sie so bald nicht vergißt.«
    »Verprügle sie, mich kümmerts nicht.«
    »Ihr Fleisch ist so weiß. Der Gedanke mißfällt mir, ihr Narben zuzufügen. Hast du sie geschlagen, Ingunn?«
    »Ja, ich habe sie geschlagen.«
    »Hat sie Narben davongetragen?«
    »Ich weiß nicht. Magnus hat sie gepflegt.«
    »Ich würde sie gern anders

Weitere Kostenlose Bücher