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Im Schatten der Mitternachtssonne

Im Schatten der Mitternachtssonne

Titel: Im Schatten der Mitternachtssonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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Situation wieder unter Kontrolle. Es gab ihm ein gutes Gefühl, Herr der Lage zu sein. Wieder galt allein sein Wort, und er bestimmte, was getan wurde. Der barbarische Wikinger war auf sein Boot zurückgekehrt, hatte sich vor Olavs Zorn in Sicherheit gebracht. Und seine liederliche Stieftochter war hier allein mit ihm, seiner Gnade und Barmherzigkeit ausgeliefert, und sie hatte zu gehorchen. Sie würde ihr betrügerisches Treiben büßen, dafür wollte er sorgen. Er beobachtete sie im flackernden Schein der Bärenfettlampe. Es war spät, und sie wußte nun, daß ihre kleine Schwester nicht hier war. Die Angst und Verwirrung in ihrem Gesicht erfreuten ihn. Ja, er genoß sie richtig.
    »Du wirst genau das tun, was ich von dir verlange, Zarabeth«, sagte er endlich. Sie stand vor ihm und starrte ihn an.
    »Wo ist Lotti?« fragte Zarabeth nun zum dritten Mal mit bebender Stimme, ihre Verzweiflung kaum mehr beherrschend.
    Was hast du ihr angetan? Du hast gesagt, sie hatte Angst, weil ich nicht hier war. Du hast mich belogen! Wo ist sie, Olav? Was hast du mit ihr gemacht?«
    »Das werde ich dir nicht verraten. Nicht ehe du mir dein Versprechen gegeben hast, nicht ehe du geschworen hast, daß du uns diesen Wikinger-Bastard vom Hals schaffst.«
    Zarabeth schüttelte den Kopf. »Du hast versprochen, ich kann selbst entscheiden. Wo ist Lotti?«
    Olav machte eine wegwerfende Handbewegung. »Jammere nicht, Zarabeth. Deine schwachsinnige Schwester ist in Sicherheit, wenigstens im Augenblick. Du wirst sie erst Wiedersehen, wenn du genau das tust, was ich dir sage.«
    »Ich will Magnus Haraldsson heiraten. Ich gehe mit ihm nach Norwegen, und ich nehme Lotti mit mir.«
    »Nein, das wirst du nicht tun. Du wirst bei mir bleiben, hier in York. Vielleicht werde ich dich sogar heiraten, denn wir sind nicht blutsverwandt. Niemand wird Einwände erheben, nicht einmal König Guthrum. Er selbst hat drei Konkubinen, und eine davon soll seine leibhaftige Nichte sein. Nein, er wird keine Einwände erheben.«
    Er bemerkte den Abscheu in ihrem Gesicht und verlor die Beherrschung. Er sprang auf und schlug sie so hart ins Gesicht, daß ihr Kopf nach hinten schnellte, und sie auf den strohbedeckten Fußboden stürzte. Er stand über ihr, die Hände in die Hüften gestemmt. »Du wirst nie wieder ungestüm handeln, Zarabeth. Du wirst mich nie wieder wie einen zahnlosen Greis behandeln, wie einen alten nutzlosen Mann, der nur geduldet ist! Nie wieder, hast du verstanden? Antworte, sonst stirbt deine schwachsinnige Schwester noch heute nacht!«
    »Ich habe verstanden.«
    »Gut. Ich wollte abwarten. Ja, das hatte ich vor. Ich hatte gehofft, daß du zur Besinnung kommst und nicht mit diesem Wilden gehen willst, diesem verlausten, nordischen Raufbold. Aber du hast mein Haus verlassen! Bist alleine und schutzlos zum Hafen gelaufen, zu ihm! Deine Dummheit erschreckt mich. Hast du ihm deine Jungfernschaft gegeben? Hast du die Beine für ihn breit gemacht?« Seine Stimme zitterte, und er holte tief Luft. »Nun, es macht nichts. Du wirst ihn nicht bekommen, Zarabeth. Nie im Leben. Damit ist jetzt Schluß.«
    Sie versuchte, ihre Gedanken zu ordnen, doch in ihrem Kopf war nur die grauenhafte Angst um Lotti und der pochende Schmerz von seinem Schlag, der immer schlimmer wurde.
    Lotti. Er mußte sie zu Keith gebracht haben. Das Blut gerann ihr in den Adern. Lotti befand sich in den Händen von Keith und seiner Frau Toki, daran zweifelte sie nicht. Die beiden verabscheuten das Kind.
    Sie mußte irgendwie zu Magnus zurück. Er würde Lotti befreien. Er würde wissen, was zu tun war. »Magnus«, flüsterte sie leise.
    »Schlag ihn dir aus dem Kopf, Mädchen. Lotti wird in dem Augenblick sterben, in dem du zu diesem Wikinger Bastard zurückgehst. Und ich sage dir noch etwas, Zarabeth. Lotti ist nicht meine Tochter, wußtest du das? Nein, deine Mutter, die Hure, meine liebe Gattin Mara, ging mit einem anderen Mann ins Bett, dem Tölpel, mit dem sie fortgelaufen ist, aber sie hat dich zurückgelassen und die kleine Mißgeburt mitgenommen. Doch die Hure ist gestorben und das Kind ist schwachsinnig —«
    »Das ist sie nicht! Lotti war völlig gesund und normal, bevor du sie geschlagen hast, in jener Nacht, als du sie zurückgebracht hast! Nur weil sie nach ihrer Mutter weinte, hast du sie geschlagen, so furchtbar verprügelt, daß sie zwei Tage ohne Bewußtsein war! Du bist die Mißgeburt, verrottet bis in deine schwarze Seele. Du verdienst es nicht, daß . . .«
    ». . .

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