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Im Schatten der Mitternachtssonne

Im Schatten der Mitternachtssonne

Titel: Im Schatten der Mitternachtssonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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Mann auf Erden gehalten, dich gefunden zu haben. Ich glaubte, das Schicksal meine es besonders gut mit mir, dir begegnet zu sein.« Er lachte noch einmal bitter auf, drehte sich um und ging. Nach wenigen Schritten blieb er stehen und sagte über die Schulter, ohne den Kopf zu wenden. »Du bist ein Miststück, Zarabeth, und ich hoffe sehr, daß du bekommst, was du verdienst.«
    Dann war er weg, sein Umhang wallte hinter ihm her. Sie starrte ihm nach. Ihr Schmerz war so groß, daß sie am liebsten laut geschrien hätte. Sie klammerte sich am Brunnenrand fest. Ihr Plan war gelungen, und Lotti war gerettet. Sobald sie Lotti in die Arme geschlossen hatte, wollte sie zu Magnus gehen und ihm alles erklären. Alles würde wieder gut werden. Er würde sie verstehen.
    Sie drehte sich nicht um, als sie Olavs leise Stimme hörte. »Das hast du gut gemacht, Zarabeth. Nun wollen wir nach Hause gehen, meine Liebe. Bald hast du deine Lotti wieder. Dann wird alles wieder so sein wie es war.«
    Sie entfernte sich von ihm.
    »Halt Zarabeth! Wohin willst du?«
    »Zu Keith und Toki. Ich hole Lotti.«
    »Sie können sie dir nicht geben. Sie ist nicht bei ihnen. Sie ist versteckt. Morgen bekommst du Lotti. Du mußt dich erst einmal beruhigen.«
    Zarabeth hatte keine andere Wahl, als sich seinem Willen zu fügen, und Olav war erfreut über ihre Ergebenheit. Als er mit einigen Männern im Laden beschäftigt war, die Pelze kaufen wollten, wollte sie sich aus dem Haus schleichen, doch Olav rief hinter ihr her: »Hiergeblieben, Zarabeth! Oder ihr werdet es bereuen, du und das Kind.«
    Also blieb sie und wartete ungeduldig. Zum Nachtmahl setzte sie Olav einen Fleischeintopf mit Zwiebeln und Kohl vor und träufelte einen Schlaftrunk in seine Schale. Er sprach mit ihr, als sei sie seine Ehefrau, als sei alles zwischen ihnen normal. Ihre Nackenhaare sträubten sich bei seinem besitzergreifenden Ton. Sie schwieg und wartete. Keine zehn Minuten nach dem Essen sank ihm der Kopf auf die Tischplatte. Zarabeth erhob sich langsam und beugte sich über ihn. Er schlief tief und fest, schnarchte laut und würde erst nach Stunden wieder zu sich kommen.
    Endlich.
    Rasch verließ sie das Haus und eilte zum Skeldergate, wo Keith und Toki wohnten. Keith wäre vor einem Jahr beinahe von einem Wikinger Kaufmann umgebracht worden, dem er Pelze mit Mottenlöchern verkauft hatte. Olav schob seinem Sohn hin und wieder Gold oder eine Tierhaut zu. Sie hatte Angst, zu erfahren, was Keith wirklich von ihr dachte. Wenn er wüßte, was sein Vater von ihr wollte, würde er sie gewiß umbringen. Sie beschleunigte ihre Schritte. Sie und Lotti waren bald fort und dann war es ihr egal, welche Streitereien Keith und sein Vater austrugen. Es war dunkel geworden, und finstere Männergestalten lungerten in den Straßen herum. Endlich erreichte sie das kleine Holzhaus, dessen Fenster mit Tierhaut bespannt war. Zarabeth brachte ihr Ohr dicht an das matt durchscheinende Fenster, um zu hören, was drin gesprochen wurde.
    »Begreifst du denn nicht, du Schwächling, daß sie ihn sich schnappen wird?« Es war Tokis Stimme, laut und schrill.
    »Ich habe ihm versprochen, das Kind zu behalten«, lallte Keith betrunken. »Ich behalte es, bis er es abholt. Und er wird dankbar sein, daß ich ihm einen Gefallen erwiesen habe und wird sich erkenntlich zeigen.«
    »Pah! Dieser elenden Schlampe wird er sich erkenntlich zeigen, nicht dir, seinem einzigen Sohn! Er will sie unbedingt hier in York behalten. Und sie hat den Wikinger zurückgewiesen, hat ihm gesagt, daß sie ihn nicht haben will. Das haben sich die Frauen auf dem Markt heute zugetuschelt. Voller Schadenfreude erzählten sie mir, daß sie ihm am Brunnen gesagt hat, daß sie nichts von ihm wissen will, daß er ein aufgeblasener Narr und ein Heide ist, daß sie ihn nur an der Nase herumgeführt hat. Ja, sie bleibt hier und schnappt sich Olav, und du Narr willst das nicht begreifen.«
    Keith nuschelte etwas, das Zarabeth nicht verstand. Er war sehr betrunken, doch Toki keifte weiterhin bissig auf ihn ein. »Du dummer, besoffener Kerl! Du bist zu nichts nutze!«
    Zarabeth wartete und wartete. Ihre Geduld war zum Zerreißen gespannt, bis sie endlich Keiths Schnarchen hörte. Dann klopfte sie.
    Die Tür wurde einen Spalt geöffnet und Toki fauchte: »Was willst du denn hier?«
    »Ja, ich bin es, Toki. Schnell, laß mich ein. Ich habe etwas mit dir zu besprechen. Und es wird dir gefallen, was ich dir zu sagen habe.«

7
    »Ich höre nicht auf

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