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Im Schatten der Mitternachtssonne

Im Schatten der Mitternachtssonne

Titel: Im Schatten der Mitternachtssonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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befinden sich die Felder. Bald ist Erntezeit, und wir werden Vorbereitungen für den Winter treffen.«
    »Dort drüben ist das Badehaus, daneben der Abtritt. In der fensterlosen Hütte gegenüber lagern wir unsere Vorräte.« Sie hatte beinahe den Eindruck, als zeige er ihr stolz seinen Besitz, dachte sie benommen. Das ging sie nichts an, sie war lediglich seine Sklavin. Ungerührt sagte sie: »Dein Gutshof ist ein ansehnlicher Besitz, Magnus. Du kannst stolz darauf sein.«
    Seine Kiefer spannten sich. Er schaute auf sie herab und sah nur das eiserne Sklavenband. Breit und häßlich, an einigen Stellen schürfte es ihre Haut wund, würde häßliche Narben hinterlassen. Doch der Mann in Hedeby hatte behauptet, sie habe ihn zu sich gelockt, habe ihm ihren Körper angeboten, wenn er ihr ... Es klang so plausibel. Magnus schüttelte den Kopf. Er wollte nicht länger nach den Beweggründen dieser Frau forschen. Er hatte es nun einmal getan. Daran war nichts mehr zu ändern.
    Er wandte den Kopf und rief: »Ingunn, bereitest du ein Festmahl für heute abend?«
    Sie eilte an seine Seite, ohne Zarabeth eines Blickes zu würdigen. »Seit einer Woche bereiten wir Essen und brauen Bier und Met, Bruder. Alles ist bereit. Ich habe bereits einen Boten zu Vater gesandt, und ich hoffe, daß unsere Eltern und unsere Brüder kommen.«
    »Und Orm?« lächelte er verschmitzt.
    Ihre Augen verdunkelten sich, und ihr Kinn reckte sich trotzig nach vorn. Sie schüttelte den Kopf. »Vater hat sich über ihn geärgert. Seit du fortgesegelt bist, hat er Orm verboten, in meine Nähe zu kommen. Er wird ein närrischer, alter Mann.«
    »Sag so etwas nicht. Unser Vater wird seine guten Gründe haben. Wir sprechen später darüber.« Magnus sah, daß Lotti zurückblieb. Er bückte sich und hob sie hoch. Sie gab zunächst einen erschrockenen Laut von sich, dann schlang sie ihre dünnen Ärmchen um seinen Hals und quietschte vergnügt, mit lauter Stimme und in aller Deutlichkeit: »Papa!«
    Magnus schaute auf seinen Sohn hinunter, der vor Eifersucht rote Ohren bekommen hatte. »Du bist viel zu groß, um noch getragen zu werden, Egill.« Da er keine Antwort bekam, fuhr er fort: »Sag guten Tag zu Lotti. Sie kann dich nicht hören. Du mußt ihr ins Gesicht sehen und langsam sprechen, dann kann sie dir die Worte von den Lippen ablesen.«
    »Ihr Haar ist häßlich«, sagte Egill. »Und ihr Gesicht auch.«
    Magnus musterte seinen Sohn. »Ich hatte gehofft, daß aus dir ein Mann wird, kein eifersüchtiger, kleiner Junge. Schmähungen gegen kleine Mädchen sind eines Mannes nicht würdig. Du enttäuscht mich.«
    »Sie hat dich Papa genannt! Du bist mein Papa!«
    »Ja, das stimmt, aber das solltest du ihr nachsehen.«
    Zarabeth konnte nachempfinden, daß der kleine Junge, im übrigen das Abbild seines Vaters, von dem fremden kleinen Eindringling wenig begeistert war. Lächelnd sagte sie zu ihm: »Du wirst bald groß und stark sein wie dein Vater, Egill. Und er wird sehr stolz auf dich sein.«
    Egill schaute die Frau mit den roten Haaren und den grünen Augen an. »Ich kümmere mich nicht darum, was eine Sklavin sagt. Halt den Mund, Frau.«
    Zarabeth verstummte erschrocken. Der Junge hatte recht. Es stand ihr nicht zu, sich in ein Gespräch einzumischen. Sie hatte keinerlei Rechte, sie hatte überhaupt nichts. Sie streckte ihre Arme nach Lotti aus, die sich sogleich aus Magnus' Armen befreite. Zarabeth hielt sich abseits, um weiteren Kränkungen zu entgehen.
    Sogleich nahm Cyra ihren Platz ein. Die Frau war nur wenige Jahre älter als Zarabeth, ihr Haar reichte ihr bis zu den Hüften und war schwarz wie die Schwingen einer Krähe. Ihre Augen waren dunkelbraun und ihre Haut rosig. Sie war außergewöhnlich schön, und Zarabeth fragte sich, aus welchem Land man sie wohl hierher verschleppt hatte. Auch sie war eine Sklavin, trug jedoch kein Eisenband um den Hals. Sie genoß Vorrechte für ihre Dienste im Bett des Herrn.
    »Ich habe wieder im Flachs gearbeitet«, sagte Cyra zu Magnus und deutete auf ein langgezogenes Feld zu ihrer Linken. »Ich werde dir daraus schöne Hosen und Überwürfe weben und nähen.«
    Cyra trug ein weißes Kleid, das den Ansatz ihrer Brüste freigab und um ihre schmale Mitte eng gegürtet war. Das Material war feine Wolle, ebenso kostbar wie Ingunns Gewand.
    Zarabeth war müde und niedergeschlagen. Sie wollte allein sein, wollte Magnus und die vielen fremden Menschen, die auf dem Gutshof lebten und arbeiteten, nicht mehr sehen. Ihre

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