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Im Schatten der Pineta

Im Schatten der Pineta

Titel: Im Schatten der Pineta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marco Malvaldi
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brechen mir auf der Schwelle zusammen. Sie sind doch Arzt, ich bitte Sie.«
    Der Dottore blickte Massimo neugierig an und beschloss mitzuspielen.
    »Na gut, und was empfehlen Sie mir dann, Meister?«
    »Vor dem Mittagessen – gar nichts. Allenfalls vor dem Abendessen einen Spumante oder Champagner.«
    »Einen süßen Spumante?«
    Massimo fuhr sich mit theatralischer Geste an die Brust, als stünde er kurz vor einem Herzinfarkt. Dr.Carli näherte sich mit gespielt besorgter Miene dem Tresen und fragte: »Warum nicht? Ist das neuerdings auch verboten?«
    »Aber nein, es ist nur so, dass man einen süßen Schaumwein nicht als Aperitif trinkt. Abgesehen vom Asti sind die Spumanti normalerweise lausige Schaumweine und eher dazu angetan, den Geschmackssinn abzutöten, statt den Gaumen zu kitzeln. Trinken Sie lieber einen ordentlichen Brut als Aperitif.«
    Der Arzt schien die Erläuterungen des Barista ernsthaft abzuwägen, um sich dann für ein einfaches Mineralwasser zu entscheiden. Er wirkte jetzt viel entspannter als an jenem Morgen auf dem Parkplatz. Wahrscheinlich hatte er sich ein wenig von dem Schock erholt. Betont gleichgültig sah er sich in der Bar um, ehe er hinter Ampelios Stuhl trat, der, nachdem er aufs Geratewohl die Zeitung aufgeschlagen hatte, bei einem ganzseitigen Feuilletonartikel über das Phänomen der Supernovae gelandet war. Dr. Carli warf einen Blick über Ampelios Schulter und wandte sich wieder dem Tresen zu.
    »Von Wein verstehen Sie also eine Menge, Massimo? Fast so viel wie Signor Griffa, stimmt’s?«
    »Fast«, stimmte Aldo mit ernstem Ausdruck zu.
    »Ich bin kein Kenner, aber ich brauche keinen Ratgeber, um zu begreifen, worüber Sie gerade geredet haben. Ist ja schließlich kein Verbrechen. Sie müssen also Ihre Unterhaltung nicht unterbrechen, wenn ich hereinkomme. Oder denken Sie vielleicht, ich würde schnurstracks zu Fusco laufen und ihm alles brühwarm erzählen?«
    »In Ordnung, wir sind auf frischer Tat ertappt. Und, gibt’s was Neues?«, fragte Massimo.
    »Warum fragen Sie mich das? Okay hat schließlich nicht mit mir gesprochen.«
    Woher wissen die Leute eigentlich immer schon über alles Bescheid?, dachte Massimo. Haben die vielleicht einen Satellitenempfänger zu Hause?
    »Na gut, wir erzählen Ihnen, was Okay uns gesagt hat …«
    »… und im Gegenzug erzähle ich Ihnen, was Fusco mir gesagt hat.«
    Vier von den Jahren gezeichnete Hälse drehten sich in Richtung Tresen.
    »Ich glaub’s selbst dann nicht, wenn ich’s mit eigenen Augen gesehen hab«, sagte Ampelio. »Der hat doch nicht etwa was rausgefunden?«
    »Aber behalten Sie es bitte für sich, wenn es geht …«
    »Aber sicher«, sagten die vier Alten im Chor. Massimo fiel es nicht leicht, sich das Lachen zu verkneifen. Die oberste Regel beim Tratschen ist, ernst zu bleiben. Der Verbreiter der Nachrichten muss sich äußerste Diskretion ausbedingen, und die Zuhörer müssen sich dazu bereit erklären, auch wenn sie hinterher dafür sorgen werden, dass sich die Nachricht in Windeseile so weit wie möglich verbreitet. Es ist nur eine Frage der Zeit. Wenn jemand sagt: »Behaltet das für euch«, heißt das nicht: »Sagt es so wenigen Menschen wie möglich«, sondern: »Versucht wenigstens, es ein Weilchen für euch zu behalten, um mir einen kleinen Vorsprung zu verschaffen, damit die Spur nicht auf direktem Weg zu mir zurückführt.«
    »Fusco hat den Müllcontainer untersuchen lassen, und dabei ist Alinas Handy aufgetaucht. So konnte er ihre SMS lesen und …«
    »… und hat herausgefunden, dass sie eine Verabredung hatte.«
    Dr. Carli sah Massimo an und zog dabei eine Augenbraue hoch.
    Der restliche Chor drehte wie ein Periskopballett die Hälse in Richtung Massimo, der sich zum anderen Ende des Tresens begeben hatte, um die Focaccine zu schneiden, damit sie rechtzeitig zur Mittagszeit fertig waren.
    »Fusco hat es mir neulich erzählt, nachdem ich meine Aussage gemacht hatte.«
    »Und du hast uns nichts davon gesagt«, sagte Ampelio. »Schäm dich.«
    »Aber ich weiß nicht, mit wem sie eine Verabredung hatte«, fuhr Massimo fort. »Das hat er für sich behalten.«
    »Dazu komme ich gleich«, sagte der Dottore. »Jedenfalls hat Fusco herausgefunden, dass sie drei SMS verschickt hat: eine an eine Freundin und zwei an einen Jungen. Außerdem hat sie vier Nachrichten erhalten: alle von ebendiesem Jungen. Darüber hinaus hat sie zuletzt mit einem Mädchen telefoniert, derselben, der sie eine SMS geschickt

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