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Im Schatten der Tosca

Im Schatten der Tosca

Titel: Im Schatten der Tosca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Kaiser
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wurde wenig geredet. Mariana schloss bald die Augen, Elia ergriff nach einer Weile ihre Hand, sie spürte, wie Mariana ganz langsam ruhig wurde. Als sie die Augen wieder aufmachte, sagte sie leise zu Elia: »Massimo ist glücklich. Massimo und Martina sind glücklich.«
    Nach einer weiteren langen Pause legte Mariana plötzlich den Arm um Elia und fragte: »Und du? Was ist los mit dir? Mit dir und Carlos?« Elia holte tief Atem, sie drückte sich noch fester in Marianas Arm: »Es ist aus. Aus und vorbei. Er sagt, er liebt mich, und das glaub ich ihm sogar. Wahrscheinlich liebe ich ihn auch noch, im Moment weiß ich das nicht so recht. Aber ich vertraue ihm nicht mehr. Da ist nichts mehr zu machen.« Sie sprach langsam, sachlich, Mariana unterbrach sie nicht. »Weißt du«, fuhr Elia fort, »wenn mir jemand prophezeit hätte, dass ich mich eines Tages nicht mehr darauf freuen würde, Carlos wiederzusehen, ich hätte gesagt, der spinnt. Und jetzt graut mir fast davor. Aber wir werden weiter zusammen singen, ganz bestimmt. Auf der Bühne passen wir einfach sehr gut zusammen, darüber bin ich mir klar. Dass wir das bis jetzt auch privat getan haben, hat dabei keine Rolle gespielt, glaube ich, und darum werden wir es schon hinkriegen. Carlos ist ein alter Zirkusgaul, der kommt mit jeder Situation zurecht. Ich trabe inzwischen auch ganz brav meine Runden, schließlich hast du mir das beigebracht: ›Was immer mit uns passiert, das Publikum dürfen wir nicht damit behelligen.‹«
    »Ja, dazu stehe ich auch heute noch. Aber schwer ist es doch«, sagte Mariana und sah Elia ruhig an. »Immerhin: Deine Stimme steckt in einem gesunden Körper. Und so Gott will, hast du noch ein langes Leben als Sängerin vor dir. Beim Singen können wir uns auf unseren Stimmen aus dem Alltagdavonmachen. Das ist ein Riesengeschenk, damit sollte man pfleglich und dankbar umgehen.«
    »Ja, das Singen, das ist es! Alles andere kann mir von jetzt an gestohlen bleiben, vor allem die Männer«, ereiferte sich Elia.
    Mariana winkte ab und deutete auf Pietro: »Ach, nicht gleich mit der ganzen Welt zürnen. So schlimm sind sie doch auch wieder nicht, im Großen und Ganzen, oder?« Nach einer weiteren Pause fragte sie plötzlich: »Wie geht es mit Jens Arne Holsteen nun eigentlich weiter? Was habt ihr als Nächstes vor?«
    »Erst die ›Anna Bolena‹, in London, und dann in Glyndebourne ›Dido und Aeneas‹«, gab Elia zur Antwort.
    Mariana schien überrascht, sie wiegte den Kopf: »Hm, nicht schlecht.« Sie schätzte Donizetti sehr und gerade die ›Anna Bolena‹, war doch die Giovanna Seymour jahrelang eine ihrer interessantesten und erfolgreichsten Rollen gewesen. Die kunstvoll nuancierte Titelpartie bedeutete eine echte Bereicherung in Elias Repertoire. Und dann die herrliche Dido! Wie sehr hatte sie selbst die geliebt, zum Glück wurde sie oft von einem Mezzo gesungen. Dass Jens Arne Purcell in England aufführte, lag nahe, aber Elia diese Rolle anzuvertrauen, darauf musste man erst einmal kommen. Wer weiß, vielleicht brachte die Zusammenarbeit mit diesem Dirigenten für Elia doch positive Impulse. Diesmal also behielt Mariana ihre Vorbehalte gegen Jens Arne Holsteen für sich.

    Mochte Elia auch mit Carlos endgültig Schluss gemacht haben, an ihrem Leben änderte das zunächst einmal nichts, zumindest nicht nach außen hin. Mit größerer Hingabe als bisher konnte sie auch jetzt das Singen nicht betreiben, und Carlos würde sie zu ihrer Erleichterung erst in einiger Zeit wiedersehen. Vorher standen noch zwei Verpflichtungen an, ohne ihn, ›Cenerentola‹ in Rom und eine Wiederaufnahme des ›Otello‹ an der Scala.
    Die ›Cenerentola‹ war so etwas wie ein vergnügliches Heimspiel, mit einer bewährten, geliebten Mannschaft, allen voran Giancarlo Morante, Tino Petruzzi und Enrico Tarlazzi. Unter keinem anderen Dirigenten sang Elia lieber als unter Giancarlo Morante. Er hatte sie von Anfang an auf der Bühne sicher geleitet, als Ines und dann als Oscar sowie später in einer Reihe anderer Rollen. Keiner kannte sie besser, und niemandem vertraute sie mehr. Doch eines mochte noch wichtiger sein: Einen freundlicheren Dirigenten als ihn gab es nicht, so empfand es Elia, und inzwischen hatte sie einen recht guten Überblick. Freundlich und uneitel, das waren seine hervorstechendsten, in dieser Branche reichlich ungewöhnlichen Merkmale. Ihm ging es um die Musik – und um seine Musiker, von den Solisten bis hin zum Triangelspieler.
    Er trat nicht

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