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Im Schatten der Tosca

Im Schatten der Tosca

Titel: Im Schatten der Tosca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Kaiser
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keine Totenfeier.«
    Das Programm stand weitgehend fest, auch Elia hatte darin ihren Part, sie sollte zusammen mit Sylvia bei der Hochzeitsfeier singen, einige muntere Duette, darunter aus ›Il Banchetto‹von Monteverdi, sowie etwas von Barbara Strozzi. Ob sie in der Kirche singen wollten, sollten sie selbst entscheiden. »Mein Lieblingswunsch wäre das Duett ›Er weidet seine Herde‹ aus dem ›Messias‹, eine wahre Himmelsmusik, allerdings kaum auszuhalten, ich muss jedes Mal dabei weinen, so schön ist es. Ja, und selbst singen, ich fürchte, ich pack es nicht mehr. Aber ihr seid noch jung, ihr habt noch gute Nerven«, meinte Mariana unsicher. Es klang so müde, so verzagt, so ganz und gar ungewohnt. Aber da sie sich überhaupt nicht aufs Klagen verstand, raffte sie sich wieder zusammen und fragte, recht unvermittelt, etwas spöttisch, wie Loge im ›Rheingold‹ den Wotan nach Alberichs Fluch fragt: »Wem galt eigentlich dein Liebesgruß zu Anfang?«
    Elia hätte von sich aus bestimmt nicht davon angefangen, gegen Martinas schreckliches Los schien ihr Liebeskummer geradezu lachhaft. Aber nun brach es aus ihr heraus, und in ihrem Ingrimm und dem Bestreben, Mariana ein wenig abzulenken, geriet ihr Bericht so grotesk und drastisch, dass sie am Ende beide zu lachen anfingen.
    »Ich hab’s ja gesagt, Tenöre«, rief Mariana. »Oder gar Dirigenten«, ergänzte Elia den einstigen Ausspruch.
    »Oje, das fehlte noch«, murmelte Mariana, ihre Gedanken waren schon wieder bei der Organisation des Festes, schließlich ging es um die Hochzeit ihres einzigen Sohnes. »In der Kirche muss es wirklich festlich zugehen. Ich habe eine Menge Ideen: zum Einzug der ›Dialogue in C‹ für Orgel von Louis Marchand und zum Auszug der Hochzeitsmarsch von Mendelssohn, ohne den geht es wohl nicht. Und dazwischen vielleicht noch Teile aus der Marienvesper von Monteverdi. Für das Fest noch etwas aus der Suite ›Les Indes galantes‹ von Rameau, was hältst du davon? Im Übrigen: Umberto fährt mit seiner Küchenbrigade schon einen Tag früher los. Am besten, du fährst mit uns mit, mit Pietro und mir.«
    Mariana ging auf den Streit zwischen Carlos und Elia nicht näher ein. Sie fragte auch mit keinem Wort nach Jens ArneHolsteen. Doch auch von Martinas Gesundheitszustand war nicht die Rede oder von Massimo und wie er damit zurechtkam.
    »Ich werde zum Abendessen mein schilfgrünes Abendkleid anziehen. Oder meinst du, es ist zu pompös?«, sagte Elia.
    Mariana widersprach: »Ach was, wir wollen alle glitzern und funkeln. Schau zu, dass du Martinas Brautbukett auffängst, dann kommst du vielleicht auch endlich unter die Haube.«
    Marianas Wünsche für das Fest sollten sich erfüllen. Es wurde eine richtig froh gestimmte Hochzeit, und Elia schnappte sich den Brautstrauß, das heißt, Martina warf ihn ihr beinahe an den Kopf, Elia musste ihn auffangen, um nicht getroffen zu werden.
    »So, jetzt bist du die Nächste«, stellte Sylvia fest, sie hatte das Heiraten schon hinter sich, mit Dmitrij, ihrem »Schneewittchen«, und ihr dicker Bauch zeugte von der Segnung dieses Bundes. »Wenn es ein Mädchen wird, heißt es Martina«, sagte sie zu Martina, und die meinte vergnügt: »Natürlich wird es ein Mädchen, und ich werde seine Patentante.«
    Der Grund für die Fröhlichkeit dieses Festes war nicht der eiserne Vorsatz sämtlicher Gäste, nur ja nicht den Kopf hängen zu lassen, sondern das Brautpaar selbst. Eine wunderbar natürliche, leichte Heiterkeit ging von ihm aus, ein unsichtbarer Zaubermantel schien es zu umhüllen, der alles Leid an diesem Tag von ihm fernhielt. Die freudige Aufregung hauchte Martinas sonst so blasses Gesicht rosig an, sie trug ein weißes, enganliegendes Spitzenkleid von Krizia, hochgeschlossen, mit schmalen, langen Ärmeln, die auf den Handrücken spitz ausliefen, und einem leicht ausgestellten Rock, der gerade noch die seidenen Schuhe hervorlugen ließ. Von ihren hellblonden Locken, zusammengehalten durch eine alte Brillantbrosche, die Massimo in einer Schublade seiner Großmutter entdeckt hatte, wehte luftig der Brautschleier. Eine Märchenprinzessin, eine Feenkönigin. Und Massimo in seinem eleganten Frack?Ein Dichter, ein Künstler, der Feen zu schauen und mit ihnen Umgang zu pflegen vermochte?
    Alle waren sie gekommen, auch Silvana, Pietros Schwester, mit ihrer ganzen Familie. Auf der Rückfahrt schlüpfte sie auf den Beifahrersitz neben ihren Bruder, Mariana und Elia saßen im Fond. Auf der langen Fahrt

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