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Im Schatten der Vergeltung

Im Schatten der Vergeltung

Titel: Im Schatten der Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michéle
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gewinnen können, allerdings war der Betrag, den er investieren wollte, nicht so hoch, wie Rutherledge es gehofft hatte. Lord Seelwood war einfach zu vorsichtig.
    »Ähm ... Mister Rutherledge ...«, begann Linnley, und seine Wangen färbten sich vor Verlegenheit rosa. »Das Problem ist … im Moment verfüge ich nur über wenig Bargeld. Nehmt Ihr auch einen Schuldschein?«
    Rutherledges Herz hüpfte, er machte aber trotzdem ein bekümmertes Gesicht.
    »Es tut mir leid, leider nein. Wegen schlechter Erfahrungen in der Vergangenheit habe ich Abstand davon genommen. Vielleicht habt Ihr etwas anderes, das Ihr mir in Kommission geben könntet? Es ist ja nur für kurze Zeit, binnen drei, höchstens vier Monaten erhaltet Ihr Eure Investition in zehnfacher Höhe zurück.«
    »Und wenn es ein Schuldschein über meinen Besitz wäre?«
    »Ich glaube, das könnte ich akzeptieren«, antwortete Rutherledge ohne zu zögern.
    In dem Moment als Linnley die Worte ausgesprochen hatte, fragte er sich, welcher Teufel ihn ritt, Linnley Park aufs Spiel zu setzen. Die Vorstellung, einmal im Leben richtig reich und damit unabhängig zu sein, versetzte ihn jedoch in eine nie gekannte Euphorie. Was konnte schon geschehen? Das Geschäft barg kein Risiko. Erreichten die Schiffe ihre Bestimmungshäfen, dann war er mit guten Prozenten am Verkauf der Ladung beteiligt. Wurden die Schiffe unterwegs gekapert, ausgeraubt oder gerieten in einen Sturm, sprang die Versicherung ein, und er würde zumindest kein Geld verlieren. Außerdem, und das war für Linnley die wichtigste Überlegung, hatte Lord Seelwood Beteiligungen erworben. Es war allgemein bekannt, dass alles, was Seelwood in die Hand nahm, sich unweigerlich in Gold verwandelte.
    »Eine Bedingung hätte ich noch«, sagte Linnley.
    »Welche?«
    »Kommt im Laufe der Woche zu mir nach Linnley Park. Ich bin nicht gewillt, ein solches Geschäft in einer schäbigen Hafenkneipe zu tätigen. Ihr könnt versichert sein, die Wände meines Hauses besitzen keine Ohren.«
    Rutherledges schmales Gesicht verzog sich unwillig. Er nickte aber und reichte Linnley die Hand.
    »Wie Ihr wünscht, Mylord, auf gute Zusammenarbeit.«
    Linnley zögerte, schlug dann aber in die Hand ein. Keiner der beiden hatte den Mann, der mit hochgeschlagenem Kragen und tief in die Stirn gezogenem Hut hinter der hölzernen Trennwand jedes Wort verfolgt hatte, bemerkt. Mit keinem Laut gab dieser zu erkennen, dass er den Geschäftsabschluss der beiden Männer belauscht hatte. Seit Tagen hatte er Linnley beobachtet und war ihm heimlich gefolgt, so auch heute in die Spelunke, und hatte sich gewundert, was David Linnley in einer solchen Umgebung wollte. Nachdem Linnley und Rutherledge die Kneipe verlassen hatten, stand er auf, warf ein paar Münzen für den Wirt auf den Tisch, obwohl er weder gespeist noch getrunken hatte, und spähte vorsichtig durch den Türspalt nach draußen, bevor er ebenfalls die Schenke verließ. Seinen ursprünglichen Plan, ein paar Schmuggler oder Räuber für seine Zwecke anzuheuern, ließ er fallen. In der letzten halben Stunde hatte sich eine andere, neue Perspektive ergeben. Behände schwang er sich auf sein Pferd, das hinter dem Haus angebunden auf ihn wartete. Erst als Pferd und Reiter zwei Meilen von der Schenke entfernt im Wald waren, hielt er an, nahm seinen Hut ab und wischte sich über die Stirn.
    »Danke, Alan, für deine Informationen«, sagte Maureen in die Einsamkeit des Waldes. Linnley war dabei, sich selbst in den Abgrund zu stoßen, sie brauchte nur danebenzustehen und zuzusehen.
    M it einem missbilligenden Blick führte die Wirtsfrau des Gasthauses, in dem Stanley Rutherledge Quartier bezogen hatte, eine dunkel gekleidete Frau in sein Zimmer. Die Münze, die die Frau ihr in die Hand gedrückt hatte, wog aber mehr als der Anstand.
    »Was kann ich für Sie tun?«, fragte Rutherledge wenig erfreut, denn er hatte die Frau nie zuvor gesehen. Er war kein Mann, der die Gesellschaft von Frauen suchte, zumindest nicht von Frauen der Art, wie sein Besuch war. Obwohl schlicht gekleidet, verriet ihre Haltung eine höhere Stellung in der Gesellschaft. Für die Befriedigung seiner männlichen Bedürfnisse gab es Frauen, die er bezahlte. In dieser Beziehung dachte er so, wie er in seinem ganzen Leben handelte: Geld regiert die Welt. Diese arroganten Schnösel, die meinten etwas Besseres als er zu sein, nur weil sie zufällig mit einem goldenen Löffel im Mund geboren waren, hatten es nicht anders verdient, als

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