Im Schatten der Vergeltung
Rutherledge ein. »Das Einzige was mich interessiert, sind klingende Münzen und raschelnde Scheine.«
»Diese werden Sie auch bekommen, denn Sie werden Linnley Park umgehend bei den Banken beleihen«, brachte Maureen die Sache auf den Punkt. Von Alan hatte sie viel gelernt, nicht ahnend, dass dieses Wissen ihr eines Tages von großem Nutzen sein würde. »Wenn Sie mit dem Geld dann über alle Berge sind, wird sich die Bank an Linnley schadlos halten.«
Rutherledge musterte sie aus zusammengekniffenen Augen. Woher wusste diese Fremde von seinen Plänen? Und warum warnte sie Linnley nicht oder zeigte ihn selbst sogar bei den Behörden an?
»Was ist Ihr Vorteil bei der Sache?«, fragte er, denn er wollte Gewissheit haben. »Wollen Sie mich erpressen? An der Verkaufssumme, die der Besitz einbringen wird, beteiligt werden?«
»Gott behüte, nein!«, rief Maureen und lächelte bitter. »Sie können das Geld behalten und damit machen, was Sie wollen. Ich will nur, dass Sie sich mit ihrer … Transaktion beeilen, bevor vielleicht jemand anderes Verdacht schöpft.«
Rutherledge blieb skeptisch. »Warum warnen Sie mich?«
Ein Schatten fiel über Maureens Gesicht. »Es ist nicht notwendig, mehr zu wissen, Hauptsache, Sie beleihen Linnley Park bis auf den letzten Penny.«
Langsam ging Rutherledge in dem kleinen Raum auf und ab.
»Und im Gegenzug vergessen Sie, was Sie über die East India Company und über das ganze Geschäft wissen?«, fragte er lauernd.
»Im Gegenzug vergesse ich, Ihren Namen jemals gehört zu haben und Ihnen jemals begegnet zu sein. Ich denke, es ist in unser beider Interesse, so zu tun, als hätte dieses Gespräch niemals stattgefunden.«
»Was geschieht, wenn mein Einfluss auf Linnley nicht groß genug ist, er von dem Geschäft Abstand nimmt und mir den Besitz nicht überschreibt?« Rutherledge musterte sie misstrauisch. Bluffte sie nur, oder wusste sie wirklich von seiner Absicht, das Geld der Anleger niemals der Company zuzuführen?
»Dann würde ich an Ihrer Stelle das Land so schnell wie möglich verlassen«, antwortete Maureen und wandte sich zur Tür. »Ich kann nicht sagen, es hätte mich gefreut, Ihre Bekanntschaft zu machen, und hoffe, Ihnen niemals wieder zu begegnen. Eines sollten Sie nicht vergessen: Bei diesem Geschäft können Sie nur gewinnen!«
Nachdem sie gegangen war, stand Rutherledge unschlüssig mitten im Raum und starrte auf die Tür. Was für eine Frau, dachte er. Er wusste nicht, ob diese Erkenntnis oder die Tatsache, dass er soeben erpresst worden war, ihn mehr beunruhigte.
M aureen lehnte mit dem Rücken an einem Baumstamm und presste beide Hände auf ihren Magen. Da die Beschwerden seit Wochen anhielten, war sie inzwischen überzeugt, an einer ernsthaften Krankheit zu leiden. Sie musste baldmöglichst einen Arzt aufsuchen, aber nicht hier in Cornwall, wo sie erkannt werden könnte. Als Kind hatte sie mitangesehen, wie eine Nachbarin an einem ähnlichen Leiden gestorben war. Es war ein langer und grauenvoller Todeskampf gewesen. Maureen schüttelte sich vor Entsetzten. Nein, so wollte sie nicht enden! Sie würde einen Weg finden, um die Welt schnell und schmerzlos zu verlassen. Was sollte sie auch noch länger hier? Für alle, die sie liebte, war sie sowieso schon lange tot. Wenn sie doch nur noch einmal, ein einziges Mal noch, Frederica in die Arme schließen könnte ...
»Nein, ich denke darüber nicht nach!« Energisch stieß sie sich von dem Baum ab. Sie war allein, niemand konnte ihre Worte hören. »Ich muss tun, was ich mir vorgenommen habe und Frederica schützen, den Sohn eines Verbrechers zu heiraten.«
David Linnley würde sich selbst vernichten, durch ihr Gespräch mit dem windigen Rutherledge hatte sie es nur beschleunigt. Bis das erledigt und Frederica von George Linnley getrennt war, musste sie die Schmerzen ignorieren. Sie durfte nicht kurz vor dem Ziel schlappmachen. Der nächste Schritt, den Monja in ihrem Auftrag ausführen würde, würde sehr schmerzhaft sein. Schmerzhaft für ihre geliebte Tochter, aber nicht weniger für Maureen selbst, denn sie wollte Frederica nicht unglücklich machen. Es gab jedoch keinen anderen Weg. Tagelang hatte Maureen gegrübelt und keine andere Lösung gefunden. Frederica durfte George Linnley nicht heiraten – unter keinen Umständen! Frederica war jung, ihr Herz würde heilen und eines Tages erkennen, dass Linnley der falsche Mann gewesen wäre. Was allerdings werden sollte, wenn ihre Vergeltung an Linnley
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