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Im Schatten der Vergeltung

Im Schatten der Vergeltung

Titel: Im Schatten der Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michéle
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Philipp und bohrte ihm den Zeigefinger auf das Brustbein.
    »Steckt Ihr mit meinem Mann unter einer Decke? Habt Ihr ihm etwa dazu geraten?«
    Verwirrt starrte Philipp die aufgelöste Nachbarin an. Wovon sprach sie? Höflich bot er ihr an, Platz zu nehmen, und Lady Esther ließ sich keuchend in den Sessel fallen.
    »Tee?«, fragte Frederica in einem Tonfall, der mehr wie einem Hinauswurf als einer Einladung gleichkam, aber Lady Esther hörte gar nicht hin.
    »Wir sind ruiniert«, stöhnte sie. »Es ist alles weg. Alles! Hört Ihr?«
    Philipp konnte sich keinen Reim auf ihre Worte machen. Es musste allerdings etwas Schreckliches geschehen sein, das sich Esther Linnley in einem solch desolaten Zustand befand.
    »Ist etwas mit Eurem Sohn?«, fragte er vorsichtig.
    Vor zwei Tagen waren George Linnley und seine Frau von der Hochzeitsreise zurückgekehrt. Weder Philipp noch Frederica hatten ihn oder sonst jemanden von der Familie seitdem gesehen.
    Lady Esthers Wangen färbten sich blutrot.
    »Er hat das Leben seines einzigen Sohnes zerstört!«, rief sie, und ihre Finger zerfetzten ein Taschenbuch. »Und meines ebenfalls! Diese Blamage! Entsetzlich! Wie konnte er das tun? Nur gut, dass ich auf der Heirat mit Pamela March bestanden habe, sonst müssten George und ich jetzt bettelnd durch die Straßen ziehen.«
    Ruhig schenkte Philipp sich eine Tasse Tee ein und gab Frederica mit einer Kopfbewegung zu verstehen, für Lady Esther dasselbe zu tun, dann fragte er: »Ihr seht mich erstaunt, Mylady. Möchtet Ihr berichten, was sich zugetragen hat?«
    Esther Linnley griff ohne ein Wort des Dankes nach der Tasse und kniff die Augen zu Schlitzen zusammen.
    »Habt Ihr meinen Mann dazu überredet, Aktienanteile an der East India Company zu erwerben?«
    »Um Gottes willen, nein! Ich halte nichts von Aktienspekulationen oder sonstigen Beteiligungen, ich erinnere mich jedoch ...«
    Philipp stockte. Wann war es gewesen? Vor vier oder fünf Tagen hatte die Times von den betrügerischen Machenschaften sogenannter Berater berichtet, die unter dem Deckmantel der Company zahlreichen gutgläubigen Investoren das Geld aus der Tasche und sie in den Ruin getrieben hatten. Einer von ihnen, Philipp konnte sich nicht mehr an den Namen erinnern, stand sogar unter dem Verdacht, in London einen Mann, der hinter die betrügerischen Machenschaften gekommen war, ermordet zu haben. Eine entsetzliche Ahnung beschlich Philipp.
    »Hat Lord David etwa ...?«
    Lady Esther nickte grimmig. »Er hat! Oh ,und wie er hat! Und das Einzige, was er nun sein eigen nennen kann, sind wertlose Besitzurkunden von Schiffen, die es nicht gibt, nie gegeben hat und nie geben wird.«
    »Das tut mir leid«, flüsterte Frederica aus dem Hintergrund und meinte es ehrlich. So wenig sie Lady Esther mochte, dem stillen, zurückhaltenden Lord David wünschte sie nichts Schlechtes.
    »Mein Schwachkopf von Ehemann hat sich allerdings nicht auf geringe Summen eingelassen, wie sie Lord Seelwood investiert hat. Seelwood wurde auch betrogen, er kann es aber verkraften. Wahrscheinlich werden die Seelwoods in diesem Herbst mal keine Jagd veranstalten können, und Lady Seelwood wird auf einen neuen Hut verzichten müssen«, bemerkte Esther Linnley gehässig. »David hingegen hat unseren gesamten Besitz verpfändet.«
    Diese Nachricht schockierte Philipp nun doch. Bisher hatte er gedacht, Lady Esther reagiere wie häufig zuvor überzogen auf eine Kleinigkeit.
    »Doch nicht etwa Linnley Park?«, fragte er entsetzt.
    »Linnley Park«, bestätigte Lady Esther grimmig. »Mit allen beweglichen und unbeweglichen Gütern und dem gesamten Landbesitz! Das ist aber noch nicht genug: Vor zwei Wochen hat er mit dem Bau einer Kupfermine begonnen, wofür er bereits Tausende von Pfund ausgegeben hat.«
    »Das kann man doch bestimmt rückgängig machen?«, fragte Philipp. Es war unvorstellbar, dass der stille David Linnley ein so hohes Risiko eingegangen war. »Gibt es keine Hoffnung, den Betrügern auf die Spur zu kommen und das Geld zu retten?«
    Lady Esther lachte bitter und schüttelte den Kopf.
    »Mein Mann hat diesem Mann alles anvertraut, der zwischenzeitlich Linnley Park an eine Bank verschachert und mit dem Gewinn längst außer Landes ist. Jetzt besteht die Bank auf einer sofortigen Begleichung der Schulden, nachdem herausgekommen ist, dass niemand eine Beteiligung an der Company erworben hat.«
    »Was wird mit Linnley Park geschehen?«, fragte Frederica.
    Wie von einer Nadel gestochen fuhr Lady Esther

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