Im Schatten der Vergeltung
herum und giftete: »Mein einziger Trost ist, dass George rechtzeitig zur Besinnung gekommen ist und die richtige Frau geheiratet hat. Das Vermögen der Marches ist groß, so muss sich mein Sohn keine Gedanken über die Zukunft machen, obwohl es natürlich schrecklich peinlich ist, bei angeheirateten Verwandten unterkriechen zu müssen. George und ich müssen dankbar sein, Aufnahme im Haus seiner Schwiegereltern zu finden, ansonsten säßen wir jetzt auf der Straße. Linnley Park kommt nächste Woche zur Versteigerung.«
»Ihr wollt Cornwall verlassen?«, fragte Philipp. »Können Euch die Eltern Eurer Schwiegertochter nicht aus der momentanen finanziellen Notlage helfen?«
Noch vor zwei Monaten hätte Lady Esther sofort pikiert das Zimmer verlassen, wenn die Rede derart direkt auf ihre finanzielle Situation gekommen wäre, jetzt aber zitterten ihre Hängebacken nur ein wenig.
»Ja, ich gehe mit George und seiner Frau fort. Wir werden die Güte und Hilfsbereitschaft der Marches allerdings nicht über Gebühr beanspruchen. Auf keinen Fall werde ich Almosen annehmen! Gott sei Dank verfüge ich selbst noch über eine gewisse Summe, die mir Unabhängigkeit beschert. Mein vertrottelter Gatte hatte von dem Geld keine Ahnung. Ein Glück für mich, denn sonst hätte er das auch noch verschleudert. David hat sich die Suppe eingebrockt, jetzt muss er sie auch auslöffeln.«
Trotz der dramatischen Enthüllung, schmunzelte Frederica über die ungewohnte Ausdrucksweise der Nachbarin, die sie immer als beherrscht gekannt hatte.
»Das heißt, Ihr überlasst Lord David seinem Schicksal?«, fragte Philipp fassungslos.
Lady Esther erhob sich und wankte, als wäre sie betrunken, zur Tür. Sie drehte sich ein letztes Mal um.
»Was aus diesem Idioten wird, ist mir völlig gleichgültig! Da er den Besitz vollständig verpfändet hat, ist es mir ein Rätsel, woher er das Geld für den angefangenen Bau der Kupfermine nehmen soll. Die Versteigerung wird nur die Schulden bei der Bank tilgen, wenn überhaupt. Wahrscheinlich erwartet ihn das Schuldgefängnis.«
Lady Esther verschwand so schnell, wie sie gekommen war. Schließlich galt es, allen Freunden und Bekannten mitzuteilen, dass sie keine Schuld an der desolaten Lage hatte, in der sich ihr Mann befand. Zurück blieb ein ratloser Philipp, der sich fragte, was den zurückhaltenden David Linnley wohl dazu getrieben haben mochte, sich auf ein solch zweifelhaftes Geschäft einzulassen. Grübelnd stützte er das Kinn in die Hand. Wie lange er auch überlegte, er sah keine Möglichkeit, dem Nachbarn zu helfen. Er hatte eine ungefähre Vorstellung des Wertes von Linnley Park. Wenn tatsächlich der gesamte Besitz verpfändet worden war, wären Philipps finanzielle Mittel, die er auf die Schnelle besorgen konnte, nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Außerdem war es eine sehr heikle Angelegenheit. Ein Gentleman ging eher ins Schuldgefängnis, als Geld von einem Freund anzunehmen, wenn er genau wusste, dass er es niemals würde zurückzahlen können.
D ie Nachricht des Bankrotts breitete sich wie ein Lauffeuer in der Grafschaft aus.
»Wie konnte Lord Linnley nur so leichtsinnig sein und alles aufs Spiel setzen?«
»Das passt doch gar nicht zu seinem ruhigen Charakter!«
»Ach, wenn es um Geld geht, dann verändert jeder sein Wesen nachhaltig.«
»Er hat einen hohen Einsatz gewagt, das Spiel aber verloren.«
»Auch andere haben Verluste erlitten. Die waren aber vernünftiger und haben nicht ihr gesamtes Kapital investiert.«
»Armer Lord Linnley! Was wird er jetzt machen?«
Das betrügerische Verhalten von Stanley Rutherledge beschäftigte alle – ob vermögend oder arme Fischer und Bauern. Von den Letzteren gab es aber auch gehässige Bemerkungen:
»Geschieht den reichen Pinkeln ganz recht! Diejenigen, die im Geld schwimmen, wollen immer mehr. Das haben sie jetzt davon.«
»Richtig! Jetzt kann der Lord auch faule Kartoffeln fressen und keine parfümierten Kleider mehr tragen.«
Die landesweite Suche nach einem Mann mit dem Namen Stanley Rutherledge verlief erfolglos, und nicht nur Maureen vermutete, dass er England längst auf Nimmerwiedersehen verlassen hatte.
M it untergeschlagenen Beinen saß Monja auf dem Bett, die Röcke unschicklich bis zu den Oberschenkeln nach oben geschoben. Es störte sie nicht, denn der vermeintliche Mann, der ihr gegenübersaß, war ja niemand anderes als Maureen, die Monja immer noch als Sybil St. Cleer kannte.
»Was wird Linnley jetzt machen?«,
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