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Im Schatten der Vergeltung

Im Schatten der Vergeltung

Titel: Im Schatten der Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michéle
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muss etwas Dringendes erledigen«, stieß er hastig hervor.
    »Mach dir keine Sorgen um mich, Vater. Bittest du Nelly, dass sie mir warme Scones bringt? Mit viel Erdbeermarmelade und Clotted Cream, ich habe nämlich schrecklichen Hunger.«
    Philipp riss seine Tochter so stürmisch in die Arme und drückte sie, dass Frederica vor Überraschung einen Schrei ausstieß. Als sie sich von ihm löste, sah sie, dass er weinte.
    »Vater, geht es dir gut?«, fragte sie vorsichtig, aber Philipp lächelte nur glücklich, nickte und schüttelte gleichzeitig den Kopf.
    Ach Maureen, dachte er, wo bist du? Wo kann ich dich finden? Wenn du mir nur irgendwann verzeihen kannst.
    B is zum Einbruch der Dunkelheit suchte Philipp ohne Erfolg die ganze Umgebung von Trenance Cove ab. Er ging zu allen Plätzen, an denen Maureen sich früher gern aufgehalten hatte, fand aber keine Spur. Erschöpft fragte er sich, ob Frederica doch nur geträumt und er sich bei dem Landstreicher getäuscht hatte. Entsprang die Vorstellung, Maureen sei zurückgekommen, nicht mehr seinem Wunsch als der Realität? Es gab niemanden, den Philipp um Rat oder Hilfe bitten konnte. So blieb ihm nichts anderes übrig, als alle Gasthäuser, das Moor und die Wälder zu durchsuchen. Er musste Maureen einfach finden, denn er hatte sie nie zuvor mehr gebraucht als jetzt.

21. Kapitel
    V on nun an nahm Frederica die Mahlzeiten gemeinsam mit ihrem Vater ein. Sie war noch hohlwangig und blass und musste von Nelly gestützt werden, in ihren Augen aber glomm der Funke des Lebens von Tag zu Tag stärker. Bei schönem Wetter saß sie in eine Decke gehüllt im Garten. Ständig dachte sie an die geheimnisvolle Begegnung mit ihrer Mutter, die nun schon eine Woche zurücklag. Mit ihrem Vater hatte Frederica nicht mehr darüber gesprochen, denn sie war sich inzwischen nicht sicher, was Einbildung und was Realität gewesen war. Ihr gesunder Menschenverstand sagte ihr, dass sie alles nur geträumt haben musste, auch wenn es ein sehr realistischer Traum gewesen war. Natürlich war der Schmerz, den Cedric ihr zugefügt hatte, unvermindert heftig, das Gespräch mit ihrer Mutter hatte ihr aber den Lebenswillen zurückgebracht.
    Auch Philipp wagte es nicht, mit Frederica über Maureen zu sprechen, obwohl ihn viele Fragen beschäftigten. Er war sicher, dass Maureen in Trenance gewesen war, mit Frederica gesprochen und er sie gesehen hatte. Warum war jetzt keine Spur von ihr zu finden? Würde sie erneut den Kontakt zu ihrer Tochter suchen? Die Schatten der Vergangenheit hatten ihn nicht nur eingeholt, sondern überrollt. Längst hatte er erkannt, wie egoistisch und dumm er gehandelt hatte.
    »In guten wie in schlechten Zeiten ...« Nicht nur der Priester, sondern auch Maureen hatte die Worte gesagt, auf denen jede Ehe basierte, er hatte sich jedoch bei der ersten schlechten Zeit feige aus dem Staub gemacht.
    »Papa, du siehst müde aus.«
    Verwirrt sah Philipp auf und las die Sorge in den Augen seiner Tochter, die langsam ihren Glanz wiederfanden.
    »Nein, ich bin nicht müde«, versicherte er schnell und zwang sich zu einem Lächeln. »Möchtest du den Tee einschenken?«
    Frederica tat wie geheißen, nippte aber nur an der Tasse und verschmähte die Gurkenbrötchen, auch Philipp hatte keinen Appetit. Er würde Frederica vorschlagen, den Sommer in London zu verbringen. Die Idee war ihm gerade durch den Kopf geschossen Das Mädchen würde dort auf andere Gedanken kommen, neue Menschen kennenlernen und sich vielleicht sogar wieder verlieben. Dieses Mal würde er den betreffenden Herrn aber ganz genau unter die Lupe nehmen! Bevor er Frederica den Vorschlag unterbreiten konnte, trat Jenkins ein.
    »Lady Linnley ist soeben vorgefahren, Sir«, meldete er tonlos. »Wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf – die Dame befindet sich in einem außergewöhnlichen Zustand.«
    »O nein!«, stöhnte Frederica und stand schnell auf. »Du entschuldigst mich, ja? Ich fühle mich noch nicht in der Lage, den neusten Tratsch und Klatsch aus ihrem Mund zu ertragen.«
    Es war jedoch zu spät, denn nur einen Augenblick später schob Esther Linnley den Butler zur Seite und rauschte auch schon in den Salon. Philipp konnte nur hoffen, dass sie die unbedachten Worte seiner Tochter nicht vernommen hatte. Esther Linnley war aber viel zu aufgeregt, um irgendetwas wahrzunehmen. Aus ihrer sonst streng aufgesteckten Frisur hatten sich Strähnen gelöst, und auf ihren Wangen glühten rote Flecken. Wie eine Furie trat sie vor

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