Im Schatten der Vergeltung
Mylady?«, fragte sie.
»Ja, bitte.«
Kühl und seidig schimmernd schmiegten sich die Perlen um Maureens glatten Hals. Monja schloss die Kette im Nacken, dabei trafen sich ihr und Maureens Blick im Spiegel.
»Ihr müsst aufhören, Männersachen zu tragen, Mylady. Ihr seid geschaffen für schöne Kleider und kostbaren Schmuck.«
Maureen seufzte. »Kleidung und Juwelen sind nicht das Wichtigste auf dieser Welt.«
»Ein hübsches Aussehen und eine elegante Erscheinung sind im Leben jeder Frau von großer Wichtigkeit«, widersprach Monja. »Zumindest für diejenigen, die es sich leisten können.«
Maureen las in den Augen der Zofe die stumme Aussage: Und ich gehöre nicht dazu!
»Ach Monja, glaubst du wirklich, Reichtum allein verschönt das Leben eines Menschen? Gibt es nicht wichtigere Dinge wie zum Beispiel die Liebe?« Das Mädchen presste fest die Lippen zusammen und schüttelte beharrlich den Kopf, und Maureen fuhr fort: »Alles Geld der Welt kann dir nicht Glück, Gesundheit und Menschen, zu denen du gehörst und die dich lieben, beschaffen.«
Monja trat ans Fenster und winkte Maureen neben sich. Sie deutete auf eine Frau, die am Hafen ein Netz aufrollte. Ihr Haar war dünn und strähnig, der Rücken gebeugt.
»Eine arme Fischersfrau. Wie alt mag sie wohl sein? Zwanzig? Dreißig? Vierzig wohl kaum, denn ein solches Alter erreichen diese Menschen in der Regel nicht. Die Armen altern schnell. Sie gebären ein Kind nach dem anderen und sind frühzeitig verbraucht. Diese Menschen können sich ihren Partner zwar aus Liebe wählen, was haben sie aber davon? Ein hartes, arbeitsreiches Leben voller Entbehrungen. Jeden Abend der Gedanke, wie sie am nächsten Tag die vielen hungrigen Mäuler ihrer Kinder stopfen sollen.«
»Hast es nicht leicht gehabt in deinem Leben, Mädchen«, murmelte Maureen.
Mit blitzenden Augen drehte Monja sich um, stützte die Hände aufs Fensterbrett und stieß hervor: »Das Leben ist ein großer Kuchen! Er liegt einfach da, und jeder kann sich von ihm bedienen. Man muss nur wissen, wie man das Messer richtig führen muss, um sich ein Stück abzuschneiden. Ich will aber nicht nur ein Stück. Ich will den ganzen Kuchen!«
Überrascht über diesen Ausbruch wich Maureen einen Schritt zurück. Nie zuvor hatte sie Monja derart erregt gesehen.
»Wenn ich deine ehrgeizigen Pläne auch weder verstehe noch billige, denke ich, es wäre besser gewesen, wenn du in London geblieben wärst. Dort warst du dem Kuchen näher als hier auf dem Land.«
Monja bemerkte die Verärgerung ihrer Herrin und versicherte schnell: »Mylady, mir gefällt es hier sehr gut! Ich liebe das Meer und die klare Luft. Werden wir hierbleiben?«
Maureen brauchte eine Minute, um den Sinn dieser Frage zu verstehen. Offensichtlich ging das Mädchen davon aus, sie könnte immer in ihren Diensten bleiben. Langsam schüttelte sie den Kopf.
»Nein, wenn meine Mission beendet ist, verlasse ich Cornwall. Wahrscheinlich werde ich nach Schottland gehen und mir dort ein ruhiges und schönes Fleckchen suchen, an dem ich mich niederlassen werde.«
Schottland! Monjas Nackenhaare sträubten sich. Obwohl sie noch nie nördlicher als Oxford gewesen war, schauderte sie bei dem Gedanken an das kalte, düstere und arme Land. Sie verspürte nicht die geringste Lust, ihrer Herrin dorthin zu folgen.
»Warum können wir nicht in Cornwall bleiben?«
Maureen runzelte die Stirn. Offenbar hatte sie in der letzten Zeit mit ihrer Zofe auf zu vertrautem Fuß verkehrt.
»Ich glaube, du hast mich nicht richtig verstanden. In absehbarer Zeit sind deine Dienste bei mir beendet. Du bist für deine Arbeit gut bezahlt worden. Selbstverständlich werde ich dir die besten Referenzen ausstellen, somit wird es für ein Mädchen mit deinen Qualitäten keine Schwierigkeiten geben, eine angemessene Stellung zu erhalten.«
Zischend zog Monja die Luft zwischen die Zähne. »Soll das heißen, Ihr entlasst mich?«
Maureen zögerte keinen Moment, die Entscheidung war in diesem Augenblick gefallen.
»Es ist besser, wenn wir uns noch heute trennen, Monja. Du bekommst die vereinbarte Summe, darüber hinaus werde ich für die Kosten für deine Reise nach London aufkommen. Ich wünsche dir viel Glück.«
Monja tat einen Schritt auf Maureen zu, blieb dann aber stehen und senkte den Kopf.
»Es tut mir leid, Mylady, wenn Ihr mit meinen Diensten nicht mehr zufrieden seid. Ich war Euch gerne behilflich.«
»Das weiß ich Monja. Wie ich aber sagte: Ich muss noch eine Sache
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