Im Schatten der Vergeltung
beobachtete Maureen aus halb geschlossenen Lidern. Sie lechzte förmlich nach einer angemessenen Reaktion, und Maureen tat ihr den Gefallen.
»Wirklich? Das ist ja wunderbar und eine große Ehre für Sie!«
Lady Esther nickte zufrieden und fuhr fort: »Es ist natürlich unmöglich, dass Lady Seelwood den Stand mit den Handarbeiten betreut. Ich möchte sie an meiner Seite wissen, um den Bischof gebührend zu begrüßen und ihn herumzuführen. Sie müssen den Verkauf allein bewältigen.«
Es war Tradition bei diesen Gartenfesten Decken, Sets und Taschentücher zum Verkauf anzubieten, und den Erlös der Kirchengemeinde zu Gute kommen zu lassen. Auch Maureen und ihre Tochter hatten fleißig Taschentuch um Taschentuch bestickt – eine Arbeit, die beide zwar nicht besonders mochten, aber notwendig war, denn jede Dame der Gesellschaft beteiligte sich an dieser Aktion. In den letzten Jahren hatten Maureen und Lady Ann Seelwood den Verkaufstand betreut. Die Frau des Parlamentsabgeordneten aus Truro war zwar jünger als Maureen, wurde von Lady Esther jedoch hoch geschätzt, da Lady Seelwoods Onkel mütterlicherseits kein Geringerer als ein Viscount mit weitläufigen Gütern in Mittelengland und einem großen Vermögen war. Maureen fühlte Bitterkeit in sich aufsteigen. Lady Esther würde niemals auf die Idee kommen, sie, Maureen, für die Begrüßung des Bischofs auszuwählen. In den vergangenen Jahren hatte sie gelernt – hatte es lernen müssen –, ihre Meinung oder gar ihre Wünsche für sich zu behalten, darum sagte sie höflich: »Sie brauchen sich keine Gedanken zu machen, Lady Esther. Ich komme sehr gut allein zurecht.«
Was das bedeutete, wusste Maureen. Sie würde den ganzen Nachmittag am Rande des Gartens stehen und nur ab und zu mit ein paar älteren Damen belanglose Worte wechseln.
Lady Esther beugte sich vor und tätschelte mit ihren beringten Fingern Maureens Hand.
»Ich wusste, auf dich ist Verlass, Kindchen. Ach, ich denke, jetzt, wo mir diese große Last von den Schultern genommen ist, könnte ich noch eine Tasse Tee vertragen.«
Kindchen! Wie Maureen diese Anrede hasste! Schließlich hatte sie selbst schon eine fast erwachsene Tochter, aber sie schwieg und goss das goldbraune Getränk in die zierliche Tasse. Niemals würde sich Lady Esther dazu herablassen, selbst einmal nach der Kanne zu greifen, dachte sie und hoffte, die Nachbarin würde, nachdem sie ihr Anliegen jetzt vorgebracht hatte, bald aufbrechen. Dann könnte ich noch eine Stunde lesen, bevor Philipp zum Dinner kommt, dachte Maureen. Lady Esther hatte offenbar noch etwas auf dem Herzen, denn sie lehnte sich bequem zurück und trank langsam und genüsslich den Tee. Sie wirkte entspannt und heiter, und die Genugtuung war ihrer Stimme anzuhören, als sie erneut das Wort ergriff.
»Wir erwarten einen weiteren wichtigen Gast zu dem Gartenfest. Dir kann ich es ja verraten, obwohl es noch nicht publik werden sollte, aber die Nichte eines Vetters von Lord Linnley wird den Rest des Sommers auf Linnley Park verbringen. Sie ist eine wahre Schönheit, die ihresgleichen sucht, für eine Dame angemessen gebildet und mit großem musikalischen Talent. Wenn sie das Pianoforte spielt und singt, dann schweigen sogar die Vögel. Darüber hinaus ...« Esther Linnley senkte ihre Stimme zu einem Flüstern, kniff die Augen zusammen und beugte sich vor, »... stammt sie aus einer außerordentlich angesehenen Familie. Weißt du, Kindchen, ich muss langsam daran denken, George vorteilhaft zu verheiraten. Er ist jetzt Mitte zwanzig, und ich möchte bald den zukünftigen Erben von Linnley Park im Arm halten. Die junge Dame ist geradezu perfekt für meinen Sohn.«
»Oh!«
Diese Mitteilung überraschte sie nun doch, obwohl Maureen über eine Verbindung zwischen ihrer Tochter und George Linnley nicht glücklich gewesen wäre. Warum, konnte sie nicht mit Bestimmtheit sagen. Sie mochte den jungen, ernsthaften Mann einfach nicht und spürte instinktiv, dass er nicht der richtige war, Frederica auf Dauer glücklich zu machen. Wie jede Mutter wünschte sich Maureen für ihr Kind nur das Beste, George Linnley zählte ihrer Meinung aber nicht dazu. Die Nachricht, Lady Esther habe bereits eine Braut für ihren Sohn ins Auge gefasst und eine Beziehung zwischen George und Frederica offenbar nie in Erwägung gezogen, kränkte Maureen dennoch. Auch Esther Linnley konnten die regelmäßigen Treffen zwischen ihrem Sohn und Frederica nicht entgangen sein, außerdem hatten sie beim
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