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Im Schatten der Vergeltung

Im Schatten der Vergeltung

Titel: Im Schatten der Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michéle
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waren. Inzwischen wusste Maureen, dass Alan recht vermögend war. Er verdiente sein Geld damit, indem er andere beriet, wie sie ihr Vermögen vervielfachen konnten, wobei für ihn immer ein hübsches Sümmchen abfiel.
    »Aktien sind die Geldanlage der Zukunft. Lord Chrichton hat binnen eines Jahres viertausend Pfund verdient, nur weil er sich an einer Schifffahrtslinie beteiligte, ohne auch nur einen Fuß auf die Planken zu setzen. Ja, ohne das Schiff jemals gesehen zu haben.«
    »Und wenn das Schiff untergeht? Oder von Piraten gekapert wird?«, fragte Maureen skeptisch.
    »Für solche Fälle gibt es Versicherungen«, erklärte Alan bereitwillig. »Es gibt sogar Fälle, in denen es lohnenswerter ist, wenn ein Schiff seinen Bestimmungshafen nicht erreicht. Die Versicherungssummen sind meistens über einen höheren Betrag abgeschlossen, als die entsprechende Ladung wert ist. Wenn niemand von der Besatzung überlebt, dann erhalten alle Aktionäre ihren Anteil an der Summe.«
    Maureen konnte sich des Eindrucks nicht verwehren, dass es Alan egal war, ob bei einem Unglück die Seemänner den Tod fanden, Hauptsache, am Ende stimmte der Profit. Trotzdem hörte sie ihm weiter aufmerksam zu. Natürlich widerstrebte es ihr, Reichtum aus dem Leid und den Qualen Unschuldiger zu gewinnen. Geld bedeutete aber Macht, und wer Macht hatte, der konnte von niemandem verletzt werden. Sie wusste nicht, wie lange ihre und Alans Beziehung andauern würde. Maureen versuchte, nicht mehr in die Zukunft zu denken, sondern nur noch von einem Tag zum anderen zu leben. So, wie Alan und sie zueinander standen, war es angenehm. Auch war Alan kein Mann, der sich auf persönliche Bindungen einließ. Er war wie sie freiheitsliebend, und Maureen fragte nie, was er getan hatte oder wo er gewesen war, wenn er sie für mehrere Tage nicht besuchte. Wenn er aber bei ihr war, dann schien es, als würde er Maureen ein bisschen von der Kraft zurückgeben, die Lauras Pflege von ihr forderte. In seiner Gegenwart fühlte sie eine Stärke in sich, die sie brauchte, um die Stunden der Qualen am Bett ihrer Mutter zu überstehen.
    A m Abend saßen sie bei einem Glas Wein vor dem flackernden Kaminfeuer. Laura hatte einen seltenen ruhigen Tag gehabt und war nach dem Essen eingeschlafen. Alan erzählte Maureen von neuen Investitionsmöglichkeiten, für die er sich gerade engagierte.
    »Besonders lohnend sind Sklaven. Obwohl sich die Kolonien beinahe vollständig von England gelöst haben – die Sklaven nehmen sie nach wie vor bereitwillig an. Bedauerlich, dass oft nur die Hälfte der Fracht die Überfahrt überlebt, wenn es überhaupt so viele schaffen. Das sind dann aber die stärksten und widerstandsfähigen Männer und Frauen, für die hohe Summen erzielt werden. Seit das englische Parlament begonnen hat Sträflinge nicht mehr in die Kolonien, sondern nach Australien zu schicken, sind die reichen Herren in Amerika bereit, noch mehr für gute Arbeitskräfte zu bezahlen. Es ist ein sehr schmutziges Geschäft.«
    »Warum beteiligst du dich an dem Leid tausender von Menschen, wenn es dich abstößt?«, hinterfragte Maureen kritisch.
    Alan musterte sie mit einem erstaunten Blick.
    »Entdecke ich da eine mitleidige Ader an dir? Vielleicht stehe ich auf dem Standpunkt: Wenn nicht ich es bin, streicht ein anderer den Gewinn ein. Am Schicksal der Sklaven können weder du noch ich etwas ändern. Die Schiffe mit den menschlichen Frachten werden über die Ozeane fahren, ob ein Alan McLaud darin investiert oder nicht.«
    »Musst du dieses Geschäft aber denn unbedingt unterstützen?«, wandte Maureen ein.
    »Ach, lass uns von etwas anderem sprechen.« Unwillig runzelte Alan die Stirn, dann fand er sein Lächeln wieder. »Möchtest du heute Abend das Theater besuchen? Es wird eine neue Komödie gegeben, und ich hörte, die Schauspieler sollen hervorragend sein.«
    Maureen gab zwar ihre Zustimmung, sie hörte aber nicht richtig zu, als Alan von dem Theaterstück erzählte. Sie überlegte, dass der Sklavenhandel mit großen Risiken verbunden war. Was, wenn gerade die Sklaven, an deren Gewinn man sich beteiligte, während der Überfahrt an Krankheiten oder an Hunger starben? Nein, das war kein Geschäft, in das sie selbst investieren würde. Hier ging es um menschliche Tragödien und unsägliches Leid, das sie auf keinen Fall fördern würde, mochte der Gewinn auch noch so lukrativ sein. Sie hatte Philipps Geld zu guten Konditionen bei der Royal Bank of Scotland angelegt und holte

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