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Im Schatten des Elefanten

Im Schatten des Elefanten

Titel: Im Schatten des Elefanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elio Vittorini
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es sich ändert! Ein freudiges ist es, freudig wie die Kleinen es sind, wenn sie ihr Spielzeug herumzeigen. »Für sie, die wie Elefanten sind, – für sie habe ich mein Motiv gefunden.«
    Die Löcher der Rohrflöte sind in Metall gefaßt, auch ist sie von mindestens sieben Ringen des gleichen Metalls geziert, und wir betrachten sie. Es ist eine alte, kastanienbraune Flöte: man kann es glauben, daß unser Gast sie wirklich schon damals besessen hat, als er ein Knabe von sieben Jahren war. Birgt jene Flöte sein ganzes Leben?
    Es baumelt ein kleiner roter Fetzen dran herunter. »Was vermag das wohl?« fragt meine Mutter. Der Gast lächelt gewitzt. »Was?« sagt er. »Außerordentliches. Die Person, der ich es vorspiele, zeigt sofort, ob sie ein Elefant ist oder nicht. Auch zeigt sie, in welchem Maße sie es ist. Ob sie es in hohem Maße ist. Ob sie es in geringem Maße ist. Oh!« ruf er aus. »Ihr werdet schon sehen!«
    Er hat die Hand vom Rand des Glases heruntergenommen und das Glas ergriffen.
    »Möchtet Ihr hier spielen?« fragt meine Mutter. »Vor dem Herrn hier«, antwortet der Gast. »Beinahe hätte ich es niemandem vorgespielt, und jetzt bin ich aber so weit …« Er nimmt einen Schluck, wischt sich den Mund ab und hebt die Flöte mit beiden Händen empor, um sie zum Munde zu führen. »Wird ihm nichts Sonderliches zustoßen?« sagt meine Mutter. »Er ist ein Mann, der uns schon genug zur Last fällt. Ich möchte nicht, daß er uns etwa noch mehr zur Last fällt – wegen Eurer Musik.« Der Gast lächelt. »Er wird euch erträglich werden, und wie!«
    »Ich möchte nicht, daß etwa sein Appetit größer
wird.«
»Da ist nicht die mindeste Gefahr.«
    »Oder daß er vielleicht einen Schlaganfall bekommt und dann im Bett gepflegt werden muß.« »Aber Mama!« sagen wir.
    »Was versteht ihr davon?« sagt unsere Mutter zu uns. »Vielleicht möchte er gar diese Musik von da an alle Tage haben.«
    Und noch einmal sagen wir: »Aber Mama!« Der Gast lacht, er sagt: »Ihr werdet schon sehen!« und beginnt, – hat begonnen.

    22

    Spielt er?
    Im Anfang scheint es nicht so. Wir sehen, daß er bläst, – ein Gewimmer kommt aus dem Rohr, – und das ist alles. Aber sein schwarzes Gesicht verrät Anspannung, und das Lächeln seiner Augen verdüstert sich. Großvater macht es wie wir, – betrachtet ihn und sonst nichts – und hat dabei seine Hände mit verschränkten Fingerknöcheln auf dem Tisch gefaltet.
    Es wimmert das alte Rohr. Nennt man das nun Präludieren?
    Noch immer ist es Rohr, ist es Röhricht: jung – wie es einst mit seinen Blättern in einem Röhricht stand – und im Wasser, das sich verlief zwischen Küsten und Meer, auf Armen waschender Frauen, in Wäschestücken, – aus denen es, wenn sie aufgeklatscht wurden, schnalzend hervorstob.
    Immerfort blasend und präludierend, rückt der Mann mitsamt dem Stuhl allmählich nach hinten. Er schaut uns nicht mehr an, seitdem er begonnen hat, und seitdem er uns nicht anschaut, zeigt sein Gesicht kein Lächeln mehr.
    Daß es sich verdüsterte, habe ich erwähnt. Jetzt müßte ich erwähnen, daß er die Augen verdreht. Doch guckt er immer mehr unter sich. Er rückt nochmals nach hinten, ja fährt sogar einen Augenblick hoch, stößt mit dem Fuß den Stuhl ein paar Schritte weiter nach hinten, und so sitzt er wieder, – ohne daß er aufgehört hätte, zu blasen und unter sich zu gucken.
    Wir können nicht sagen, wie sein Auge in Wirklichkeit blickt, weil er ja immer mehr unter sich guckt. Ob es finster dreinblickt? Kann sein, es ist mehr als finster: es wird blutunterlaufen. Auch hat er Platz haben wollen rings um sich her, und er sitzt auf dem Stuhl, indem er ihm dabei die zwei Beine vorne lupf und eine Neigung nach hinten gibt, indes seine Füße wie festgekrallt und angenagelt am Fußboden hafen.
    Aber werden wir das Motiv zu hören bekommen? Wir alle betrachten die Flöte und warten dabei auf das Motiv, – es möge nicht bei diesem Gewimmer bleiben – wie einst in einem Röhricht, und wir sehen, daß der kleine rote Fetzen nicht mehr schlaff und reglos am einen Ende baumelt. Er hat sich entfaltet, und er erhebt sich. Ganz so: er erhebt sich. Hat Wind gefangen aus den Löchern der Flöte und geht in die Höhe, als wäre er eine Art Fahne, – er flattert beinahe. Soll das bedeuten, daß es da ist – das Motiv?
    Gewiß, etwas ist nun da. Der Klang ist voll, es ist das Röhricht, das Wind fängt, und es steht gedrängt am Ufer von Gewässern, winddurchweht,

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