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Im Schatten des Feuerbaums: Roman

Im Schatten des Feuerbaums: Roman

Titel: Im Schatten des Feuerbaums: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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ebenfalls rasch seine Kleidung ab, ließ erst seinen Blick über ihren Körper schweifen und dann seine Hände folgen. Sie seufzte genussvoll, entledigte sich endgültig des Kleides und öffnete sich ihm weit, während sein Körper sich auf ihren senkte. Es tat weh, aber nur ganz kurz, das Gefühl, ihn tief in sich zu spüren, blieb nicht lange fremd. Ab dieser Nacht war es vertraut … und schön … und erfüllend … und köstlich. Nie wieder wollte sie darauf verzichten – auf diese Momente, da es nur sie beide gab, da das Morgen nicht zählte, da andere Menschen nicht über ihr Leben bestimmten. Auf diese Momente, da sie beide einfach nur glücklich waren. Weil sie sich hatten. Ganz und gar.

13. Kapitel
    A ndrés saß hinter dem Mikroskop in seinem Labor – oder vielmehr in dem Raum, den er sich gerne als Labor eingerichtet hätte. Noch fehlte es an Ausrüstung und den notwendigen Gerätschaften, um wirklich so bezeichnet zu werden. Das Mikroskop war veraltet und quietschte. Immerhin konnte er einige Forschungen zur Bakteriologie machen und versuchen, jene Tests namhafter Mediziner zu wiederholen, die einzelne Bazillen mit Anilinfarben färbten und identifizierten.
    Er wusste, er war auf diesem Feld ein Stümper, aber seine Faszination für diese Mikroorganismen war eine ungleich größere, als wenn er Krankenhausflure abschritt. Er interessierte sich für Krankheiten, für jene »Experimente der Natur«, wie sie viele Wissenschaftler bezeichneten. Für Kranke hingegen interessierte er sich nicht.
    Blutenden, eiternden, hustenden Menschen gegenüberzustehen widerte ihn an. Wenn er sich sein Leben ausmalte, wie es sein sollte, so sah er sich stundenlang in einem Labor sitzen – und zwar in einem, das dieses Namens würdig war – und hinterher am Schreibtisch, um seine Erkenntnisse in einem Artikel für die Revista Médica, die erste medizinische Fachzeitschrift Chiles, festzuhalten. Seine Kollegen würden begeistert sein, und wenig später würde man ihm eine Stellung am Instituto de Anatomía Patológica, das Doktor Westenhöfer erst vor kurzem gegründet hatte, anbieten. Ja, auch in dieser Form beschäftigte er sich gerne mit Krankheiten: Wenn man nicht mehr den leidenden Menschen, sondern den Leichnamen gegenübertrat, die nur vermeintlich stumm, nur vermeintlich leblos waren. In Wahrheit hüteten sie so viele Geheimnisse, denen man bei einer Sektion auf die Spur kommen konnte.
    Er kannte Ärzte, die diese Arbeit zwar als notwendig, aber als widerwärtig empfanden, doch er selbst fürchtete weder die Toten noch die Mikroorganismen, die man nicht sehen konnte. Er fürchtete die Lebenden weit mehr.
    »Andrés, wo bleibst du?«
    Er zuckte zusammen, als er die Stimme seines Vaters hörte. Ramiro duldete nur widerwillig, dass er Zeit in seinem »Labor« verbrachte. Nutzlos schien ihm eine Arbeit, bei der sein Sohn nicht mit Menschen zusammentraf, wobei auch Ramiro keine kranken Menschen im Sinn hatte, sondern reiche – solche zum Beispiel, die man bei Wohltätigkeitsvereinen traf. In einem von diesen, der Junta de Vacunas, der Vereinigung für Impfungen, sollte sich Andrés nach Ramiros Willen ehrenamtlich engagieren – was zum einen bedeutete, dass er den wohlhabenden Unternehmergattinnen rührende Geschichten von sterbenden Kindern erzählen sollte, die ihnen erst Tränen in die Augen trieben, dann Geld aus den Taschen zogen, und zum anderen, was noch schlimmer war, dass er selbst Impfungen vornehmen sollte.
    »Wenn ich es doch noch schaffe, eine Stiftung zur Gründung eines kleinen, aber feinen Privatkrankenhauses ins Leben zu rufen – dann sind das die Menschen, die einen Beitrag dazu leisten können«, sagte sein Vater oft. Vielleicht hatte er recht. Manche Menschen hatten so viel Geld, dass sie es bedenkenlos ausgaben. Doch er, Andrés, wollte mit diesem Geld nichts zu tun haben, nichts mit Bürokratie, nichts mit Verwaltung. Selbst wenn das erträumte Krankenhaus eine eigene Abteilung für Pathologie haben würde – er wollte keine Verantwortung dafür tragen, die Kosten für ein neues technisches Gerät nicht rechtfertigen, ellenlange Berichte schreiben, sich vielleicht gar um die Buchhandlung kümmern. Er wollte …
    »Andrés, hörst du mich nicht?«, rief sein Vater und betrat den Raum.
    Seine erste Regung war, vom Mikroskop aufzuspringen, aber dann blieb er trotzig sitzen.
    »Hast du schon gelesen«, er deutete auf eine der medizinischen Fachzeitschriften, »ein Artikel über

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