Im Schatten des Fürsten
Heirat oder Mord zurückgreifen zu müssen.«
Isana schüttelte den Kopf. »Dem Ersten Fürsten gebührt der Dank dafür. Ich hatte dabei nur wenig zu sagen.«
Fürstin Placida lächelte. »In den Chroniken taucht Glück als Ursache nur selten auf, wenn die Ereignisse in Schriftform festgehalten werden. Und nach allem, was ich gehört habe, darf man sich durchaus der Meinung anschließen, dass du diesen Titel verdient hast.«
»Viele Frauen hätten einen Titel verdient, Hoheit. Dabei scheint es mir nicht wirklich von Belang zu sein, ob sie den Titel am Ende wirklich verliehen bekommen oder nicht.«
»Das ist wahr.« Fürstin Placida lachte. »Aber vielleicht sind in dieser Hinsicht bereits die ersten Veränderungen im Gange.« Sie bot ihr die Hände an. »Es ist mir ein ausgesprochenes Vergnügen, dich kennen zu lernen, Wehrhöferin.«
Isana nahm die angebotenen Hände und lächelte. »Ebenfalls.«
»Aber bitte sag mir, dass Serai nicht deine Führerin durch die Hauptstadt ist«, murmelte die Hohe Fürstin.
Serai seufzte. »Alle denken nur schlecht über mich.«
»Na, na, meine Liebe«, sagte die Fürstin ruhig und mit glänzenden Augen. »Ich denke nicht, dass du etwas Schlechtes tust. Ich
weiß es. Und bei dem Gedanken daran, welche schockierenden Erfahrungen der Wehrhöferin bevorstehen, überläuft mich ein Schauder.«
Serai schob die Unterlippe vor. »Nur keine Sorge, wir wohnen bei Ritter Nedus. Du weißt, dass ich mich dort nur von meiner besten Seite zeigen kann.«
Fürstin Placida nickte. »Ich verstehe. Isana, hat dich schon jemand aus dem Rat der Dianischen Liga angesprochen?«
»Bislang nicht, Hoheit«, antwortete Isana.
»Ach«, sagte die Fürstin. »Nun, ich möchte hier auf dem Fest keine Werbeansprache halten; dennoch würde ich gern im Laufe des Winterend-Festes ein paar Dinge mit dir besprechen, und ich glaube, das könnte durchaus von gegenseitigem Interesse sein.«
»Ich weiß nicht, was ich beisteuern könnte, Hoheit, das von Interesse wäre«, sagte Isana.
»Dein gutes Beispiel«, erwiderte Fürstin Placida. »Die Nachricht von deiner Ernennung hat sich wie ein Lauffeuer verbreitet, weißt du. Tausende von Frauen im Reich sehen plötzlich, dass ihnen manche Türen vielleicht doch nicht mehr verschlossen sind.«
»Hoheit«, log Serai aalglatt, »ich fürchte, die Zeit der Wehrhöferin als Gast des Ersten Fürsten ist zu knapp bemessen - aber zufällig kenne ich die wunderschöne Sklavin, die Buch über ihre Verabredungen führt. Ich werde gern mit ihr sprechen, ob sich nicht vielleicht doch etwas machen lässt.«
Fürstin Placida lachte. »Nun ja, meine eigene Zeit ist ebenfalls begrenzt.«
»Daran zweifele ich nicht«, sagte Serai. »Möglicherweise lässt sich ja dennoch etwas vereinbaren. Wie sieht es denn bei dir vormittags aus?«
»Meist ist der Morgen mit endlosen Empfängen ausgefüllt, abgesehen natürlich von dem Tag, an dem mein Gemahl seine Audienz beim Ersten Fürsten hat.«
Serai runzelte nachdenklich die Stirn. »Für gewöhnlich hat
man bei der Audienz lange Wege hinter sich zu bringen. Vielleicht würdest du der Wehrhöferin gestatten, dich zu begleiten, damit ihr euch unterhalten könnt?«
»Eine exzellente Idee«, sagte Fürstin Placida. »Aber leider zwei Tage zu spät, fürchte ich. Mein fürstlicher Gatte stand in diesem Jahr ganz vorn auf der Liste.« Sie sprach fröhlich und freundlich, Isana jedoch entging der scharfe, berechnende Blick nicht, der in ihren Augen aufflackerte. »Ich werde einen Diener schicken. Vielleicht finden wir dann ja Zeit, gemeinsam einen Tee zu trinken - wenn dir das recht ist, Isana.«
»Oh ja, gewiss«, antwortete Isana.
»Wunderbar.« Fürstin Placida lächelte. »Dann bis zu unserem Wiedersehen.« Sie wandte sich um und begann ein Gespräch mit zwei graubärtigen Männern, die beide die purpurne Schärpe eines Senators trugen.
Isana lagen Enttäuschung und Sorge schwer im Magen. Sie blickte Serai an. »Es muss jemanden geben, der uns hilft.«
Serai betrachtete einen Augenblick lang den Rücken der Hohen Fürstin und murmelte: »Gewiss, meine Liebe. Wenn man mit der ersten Strategie nicht zum Erfolg gelangt, versucht man es eben mit einer zweiten.« Die Kurtisane sah sich im Garten um. »Hm. Fürst und Fürstin Riva werden nicht sehr viel Interesse daran haben, dir zu helfen, fürchte ich. Sie verübeln es dem Ersten Fürsten, dass er deinen Bruder zum neuen Grafen Calderon ernannt hat, ohne sie in dieser Angelegenheit um
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