Im Schatten des Fürsten
Besessenen machen kann.«
»Das klingt logisch«, lobte Bernard. Er schaute sich im Hof um, wirkte dabei aber eher trübsinnig. »Bei den großen Elementaren, das kann einem wirklich auf den Magen schlagen. Alles ist vor diesen Biestern geflohen. Außer den Krähen und uns treibt sich
im Umkreis von einer halben Meile kein einziges Tier mehr herum. Keine Vögel. Nicht einmal eine verfluchte Ratte.«
Amara trank ihre Suppe aus und blickte Bernard scharf an. »Und?«
»Es läuft mir kalt den Rücken hinunter«, sagte er. »Sonst nichts.«
»Was meinst du damit, dass es nicht einmal Ratten gibt?«, wollte sie wissen und hörte ihre eigene Stimme zittern.
»Tut mir leid«, sagte er. »Ich habe nur laut gedacht.«
Vor lauter Angst wurden ihre Finger steif, und der Zinnbecher fiel ihr aus der Hand auf den Boden. Sie erinnerte sich an die Berührung beim Aufwachen, als etwas Kleines über ihren Fuß gekrabbelt war.
Manchmal schicken sie etwas, das in dich hineinkriecht.
»Oh nein«, stöhnte sie. Sie fuhr herum und rannte zu der dunklen großen Halle, in der müde Ritter, Legionares , Verwundete und Hofkinder lagen und sich ausruhten oder schliefen. »Oh nein, oh nein!«
26
Amara hörte, wie Bernard hinter ihr einen Fluch ausstieß und ihr folgte, während sie zur großen Halle zurück rannte, wo Giraldi gelangweilt Wache hielt. Der alte Zenturio sah Amara mit gerunzelter Stirn entgegen.
»Exzellenz«, fragte er. »Stimmt was nicht?«
»Sag allen, sie sollen sofort nach draußen kommen«, befahl Amara.
Giraldi blinzelte. »All…«
»Los!«, fauchte Amara, und Giraldi nahm angesichts ihres Befehlstons sofort Haltung an und schlug die Faust auf den Brustpanzer. Dann wirbelte er herum und brüllte seinen Männern Anweisungen zu.
»Amara?«, fragte Bernard, »was ist denn los?«
»Als ich aufgewacht bin, hat mich eine Ratte oder eine Maus am Fuß gestreift«, erklärte Amara. Sie hatte die Hände zu Fäusten geballt. »Aber du hast gesagt, alle Tiere hätten das Weite gesucht.«
Bernard runzelte die Stirn. »Vielleicht hast du es nur geträumt?« »Bei den großen Elementaren«, seufzte Amara. »Hoffentlich. Denn wenn die Vord kleine Tiere schicken, die in Menschen kriechen, während die schlafen, haben wir ein Problem. Die meisten Ritter haben in meiner Nähe geschlafen, auf den Feldbetten, dort, wo es am dunkelsten war.«
Bernard holte tief Luft. »Krähen und blutiges Aas«, fluchte er leise. »Du glaubst tatsächlich, da sind … solche Wesen … in der Halle herumgekrabbelt?«
»Ich denke, es gehört noch mit zu ihrem ersten Angriff«, antwortete Amara. »Nur diesmal mehr im Stillen.«
Doroga schnaubte. »Es ergibt jetzt wenigstens Sinn, dass sich die Vord so früh zurückgezogen haben. Sie haben Männer verwundet. Ihr müsst sie versorgen. Sie wussten, ihr bringt sie in die Halle. Dann haben sie die Fänger geschickt.«
Im Inneren der Halle brüllte Giraldi weiterhin Befehle. Alle Elementarlampen brannten so hell wie möglich, und das grelle Licht schmerzte Amara in den Augen. Sie trat aus dem Weg, als die ersten Legionares Waffen und Schilde nahmen und aus der Halle liefen. Mehrere Männer humpelten stark. Die Verletzten mussten in ihren Betten herausgetragen werden.
Amara unterdrückte den Drang, sie zu größerer Eile anzutreiben. Darum kümmerte sich bereits Giraldi. Amara hoffte verzweifelt, dass sie einen voreiligen Schluss gezogen hatte und die Räumung des Gebäudes überflüssig wäre. Aber ihr Instinkt sagte ihr etwas anderes: Die sorgsam gestellte Falle war bereits zugeschnappt.
Zwei Männer trugen das erste Feldbett nach draußen, und Amara beobachtete sie mit gerunzelter Stirn und biss sich auf die Unterlippe. Mehrere der Ritter Terra in schwerer Rüstung folgten als Nächstes und trugen weitere Rüstungsteile in den Hof. Einige der Männer hatten sich in Gruppen zu zweit oder dritt versammelt und unterhielten sich leise, wobei sich von ihren Mienen Unsicherheit ablesen ließ. Giraldi setzte dazu an, ihnen einen Befehl zuzurufen, drehte sich dann jedoch um und schalt die jungen Legionares aus Felix’ Zenturie.
Amara legte die Stirn in Falten und schaute den untätigen Männern zu, die Giraldi aufgefordert hatte, die Halle zu verlassen. Sie waren Ritter, jeder einzelne von ihnen. Warum gingen sie nicht hinaus?
»Meine Herren«, rief Amara ihnen zu. »Kommt zu den anderen raus.«
Die Ritter sahen sie an, und einige schlugen sich zur Antwort mit der Faust auf den Brustpanzer. Alle
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