Im Schatten des Fürsten
Sieg erringen können.«
»Aber, aber, Fidelias. Natürlich können wir das, wenn wir hart arbeiten und uns nicht dumm anstellen.« Sie ging zur Tür und öffnete sie langsam. »Lass dir nicht zu viel Zeit, mein lieber Spion«, mahnte sie. »Die Zeit läuft uns davon.«
»Wann wäre das nicht so gewesen?«, gab er zurück.
Invidias Zähne glänzten weiß, als sie ihn unter der Kapuze hervor anlächelte. Dann schlüpfte sie hinaus und schloss die Tür hinter sich.
Fidelias legte den Riegel vor und setzte sich auf den einzigen Stuhl im Zimmer. Ihm tat der ganze Körper weh, und er war hundemüde, trotzdem ließ er in seiner Wachsamkeit nicht nach. All jene, die es auf die Belohnung für seinen Kopf abgesehen hatten, würden bestimmt nicht schlafen. Wobei Kopfgeldjäger nicht seine größte Sorge waren. Viel ernster musste er Kalares Blutkrähen nehmen. Die hatten ganz offensichtlich ihr Einflussgebiet bis in die Tiefen ausgedehnt, wo eigentlich die Kursoren und die verbrecherische Unterwelt das Sagen hatten. Und das sprach Bände darüber, wie gut sie gediehen waren.
Fidelias musste sich jedoch nicht nur wegen der Kopfgeldjäger und der Meuchelmörder Gedanken machen, sondern auch wegen der Wehrhöferin, die bereits bewiesen hatte, wie entschlossen und tödlich sie handeln konnte. Und das könnte er am eigenen Leib zu spüren bekommen, falls er sich gestattete, einfach einzuschlafen, obwohl sie im Augenblick verwundet und bewusstlos war. Müdigkeit hatte er auch früher schon ertragen. Er konnte warten, bis sie erwachte.
Wie es dann weitergehen würde, wusste er nicht. Was Invidia
von ihm verlangte, war vielleicht nicht zu verwirklichen. Aber sie würde sich nicht einfach mit einem Scheitern zufriedengeben. Sollte sich Isana von Calderon ihnen verweigern, konnte ihn das leicht das Leben kosten.
Daran wollte er gar nicht denken. Schließlich hatte er seinen lebenslangen Dienst in der Schattenwelt nicht überstanden, indem er sich von Ängsten und Zweifeln hatte beherrschen lassen.
Er lehnte sich im Stuhl zurück, lauschte der Musik und dem Geschrei der Gäste im Bordell, und wartete darauf, dass die Wehrhöferin erwachte, damit er sie überreden konnte, beim Sturz des Ersten Fürsten von Alera zugunsten von Fürst und Fürstin Aquitania mitzuwirken.
28
Killian legte sich die zitternde Hand an die Stirn. Er schwieg einen Moment lang, und dieser Augenblick erschien Tavi so lang wie ein Tag. Oder noch länger.
Tavi fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und sah Faede an, der neben Gaius’ Pritsche auf dem Boden lag und scheinbar schlief.
Was jedoch eine Täuschung war. Tavi hatte keine Ahnung, woher er das wusste, aber er spürte, dass Faede wach war und aufmerksam lauschte. Der Erste Fürst hatte sich kaum verändert, seit Tavi ihn das letzte Mal gesehen hatte. Er lag in sich zusammengesunken da, bleich und gebrechlich.
Ritter Miles, der am Schreibtisch in der Ecke des Meditationsraumes saß, um eine nach der anderen alle Nachrichten zu lesen,
die man dem Ersten Fürsten gesandt hatte, wirkte, als habe man ihm in den Bauch getreten.
»Ich habe das nicht gewollt«, sagte Tavi in die Stille hinein. »Und Max auch nicht.«
»Das will ich auch gehofft haben«, antwortete Killian milde.
»Ihr …« Miles holte tief Luft und bemühte sich unverkennbar, seine Wut im Zaum zu halten. Allerdings verlor er diesen Kampf und fletschte die Zähne. »Ihr Schwachköpfe !«, brüllte er. »Ihr nichtsnutzigen Söhne von Krähen! Wieso habt ihr euch in diese Sache hineinziehen lassen? Tragt ihr denn in dem hohlen Raum zwischen euren Ohren nur Stroh spazieren?« Er ballte die Hände zu Fäusten und öffnete sie wieder, als wollte er Entenküken erdrosseln. »Habt ihr eigentlich eine Ahnung, was ihr angerichtet habt?«
Tavis Gesicht brannte. »Es war einfach Pech.«
Miles knurrte und fuchtelte wild herum. »War es auch Pech, dass ihr beiden aus der Zitadelle verschwunden seid, obwohl ihr in der Nähe bleiben solltet? Obwohl ihr gewusst habt, was auf dem Spiel steht?«
»Es ging um meine Tante«, erwiderte Tavi. »Ich wollte ihr helfen. Weil ich geglaubt habe, sie sei in Schwierigkeiten.« Ihm stiegen Tränen in die Augen, und er wischte sie heftig mit dem Ärmel weg. »Und damit hatte ich schließlich auch Recht.«
»Deine Tante«, knurrte Miles, »ist nur ein einzelner Mensch, Tavi. Was ihr getan habt, bringt vielleicht ganz Alera in Gefahr.«
»Ich bin nicht mit ganz Alera verwandt«, gab Tavi zurück. »Sie ist fast
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