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Im Schatten des Fürsten

Im Schatten des Fürsten

Titel: Im Schatten des Fürsten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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gewöhnt. Ihre Muskeln schmerzten an den überraschendsten Stellen. Sie schaute sich um, um zu sehen, welcher Mann am nächsten zum Vord-Nest stand, und ging zu ihm.
    »Gräfin«, grüßte Bernard. Am Himmel hing ein schwacher Halbmond, der gelegentlich von Wolken verhüllt wurde, und es gab kaum genug Licht, um Bernards Umrisse zu erkennen. Der Graf von Kaserna starrte unverwandt in die Dunkelheit.
    Bei Nacht erschien das Vord-Nest ebenso unheimlich wie schön. Grünes Licht ging vom Kroatsch aus, ein geisterhafter Schein, der eigenartige Formen und Farben erzeugte, aber die Umgebung eigentlich nicht viel erhellte. Grün pulsierte das Licht, langsam wie ein riesiges Herz, und damit veränderten sich die Schatten in der Umgebung unaufhörlich.
    »Es ist wunderschön«, flüsterte Amara.
    »Ja«, erwiderte er. »Solange man nicht weiß, was sich darin verbirgt. Es muss vernichtet werden.«
    »Unbedingt«, erwiderte sie leise. Sie stellte sich neben ihn und starrte das Nest eine Weile lang an, bis sie zu zittern begann und
sich wieder Bernard zuwandte. »Danke«, sagte sie und hielt ihm den zusammengerollten Mantel hin.
    Bernard drehte sich zu ihr und nahm ihn entgegen. Sie hörte an seiner Stimme, dass er lächelte. »Jederzeit gern wieder.« Er schlang sich den Mantel um die Schultern und schloss die Schnalle am Hals, um die Arme frei zu haben zum Schießen. »Na ja, vielleicht nicht jederzeit«, sagte er dann nachdenklich. »Du hast deine Meinung geändert. Was uns betrifft.«
    Amara erstarrte und war froh, dass die Dunkelheit ihre Miene verhüllte. In diesem Moment hätte sie ihm nicht in die Augen sehen wollen. Es fiel ihr schwer, mit fester Stimme zu sprechen. »Wir haben beide unsere Pflichten dem Reich gegenüber zu erfüllen«, entgegnete sie. »Ich hatte die Geißel, als ich ein Kind war.«
    Bernard schwieg eine Weile. Schließlich sagte er: »Das habe ich nicht gewusst.«
    »Verstehst du, warum es sein muss?«, fragte sie ihn.
    Wieder blieb er stumm.
    »Ich könnte dir niemals Kinder schenken, Bernard«, sagte sie. »Das allein würde dich dazu zwingen, dir eine andere Gemahlin zu suchen, des Gesetzes wegen. Sonst würdest du deine Civitas verlieren.«
    »Ich wollte sie sowieso nie haben«, gab er zurück. »Für dich würde ich gern darauf verzichten.«
    »Bernard«, sagte sie niedergeschlagen. »Es sind ohnehin nur wenige anständige Männer in der Civitas. Ganz besonders unter den Adligen. Das Reich braucht dich.«
    »Zu den Krähen mit dem Reich«, fluchte Bernard. »Ich war früher auch nur ein Freier. Und warum sollte ich nicht wieder so leben?«
    Amara holte tief Luft und antwortete sehr sanft: »Ich habe ebenfalls Eide abgelegt, Bernard. Und zwar Eide, an die ich mich auch heute noch gebunden fühle. Davon werde ich nicht zurücktreten. Meine Treue gilt der Krone, und ich kann und werde
meine Pflichten nicht vernachlässigen. Oder mich mit jemandem einlassen, der mich daran hindern könnte.«
    »Du glaubst, ich könnte dich an der Ausübung deiner Pflichten hindern?«, fragte Bernard.
    »Ich glaube, du verdienst eine Frau, die dir eine richtige Gemahlin sein kann«, erwiderte Amara. »Von der du Kinder bekommen kannst. Die an deiner Seite steht, gleichgültig, was auch geschieht.« Sie schluckte. »Ich bin dazu nicht in der Lage. Nicht, solange mich mein Eid an Gaius bindet.«
    Beide standen eine Weile lang da, bis Bernard den Kopf schüttelte. »Gräfin, ich werde um dich kämpfen. Mit Zähnen und Klauen. Und ich beabsichtige fest, dich zu heiraten, ehe dieses Jahr vorüber ist. Im Augenblick haben wir allerdings etwas Dringenderes zu erledigen, und darauf sollten wir uns konzentrieren.«
    »Aber …«
    »Ich möchte, dass du zu Giraldi gehst und dich vergewisserst, ob jeder Mann seine Lampen hat«, sagte Bernard. »Danach bleibst du bei Doroga.«
    »Bernard«, sagte Amara.
    »Gräfin«, unterbrach er sie, »dies ist mein Land. Diese Männer stehen unter meinem Befehl. Wenn du nicht mit ihnen kämpfen möchtest, hast du meine Erlaubnis, dich zu entfernen. Wenn du bleibst, erwarte ich Gehorsam. Verstanden?«
    »Ja, Exzellenz«, antwortete Amara. Sie war nicht sicher, ob sein Ton sie verärgerte oder belustigte, daher reagierte sie aufgrund ihrer Gefühlsverwirrung einfach rein berufsmäßig. Sie neigte den Kopf und kehrte zu Giraldi und den Legionares zurück. Dort prüfte sie, ob jeder Legionare zwei Lampen hatte, und anschließend ging sie zum hinteren Ende der Kolonne, wobei der durchdringende

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