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Im Schatten des Fürsten

Im Schatten des Fürsten

Titel: Im Schatten des Fürsten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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der rote Samtmantel flatterte hinter ihm im Wind. Jeweils ein Ritter in Marschrüstung schwebte an jeder Ecke der Sänfte, vier weitere bewegten sich frei um sie herum. Der Trupp sank schneller als notwendig, und ihre Elementare wirbelten einen Miniaturzyklon auf, der Amara das Haar um den Kopf peitschte und eine Herde Schafe in die Flucht schlug. Die Hofbewohner, die Bernards Kohorte bewirteten, mussten die Augen gegen aufwirbelndes Stroh und Staub mit den Händen schützen.
    »Idiot«, seufzte Amara und ließ sich von Cirrus vor der Staubwolke abschirmen. Horatio setzte sanft auf. Als Subtribun und Ritter der Kronlegion durfte er das Gold- und Silberfiligran auf der Rüstung und die glitzernden Edelsteine an Helm und Schwertgriff tragen, doch die Goldstickerei an seinem Samtmantel war schlicht übertrieben. Horatio hatte ein Vermögen gemacht, als er die Windkämpfe gewonnen hatte, das jährliche Rennen der Luftwirker während des Winterend-Festes, und er dachte gar nicht daran, diesen Wohlstand zu verstecken.
    Allerdings behielt er meist lieber für sich, dass er den Löwenanteil
dieses Reichtums in dem Jahr verloren hatte, als Amara erstmals an dem Wettbewerb teilgenommen hatte. Das würde er ihr niemals verzeihen. Vermutlich wäre auch sie einer Person kaum besonders freundlich gesinnt, die sie so viel Geld gekostet hätte. Sie wartete, bis die Ritter im Hof gelandet waren, ehe sie zu ihnen trat.
    »Guten Tag, Herr!«, donnerte Horatio in seinem grollenden Bass. »Ach, warte; doch kein ›Herr‹. Du bist es ja, Gräfin Amara. Entschuldige, aber auf den ersten Blick dachte ich, du wärst ein junger Mann.«
    Vor ein paar Jahren hätte ihr eine solche Beleidigung, die auf ihren Körperbau abzielte, einen empfindlichen Stich versetzt. Aber inzwischen hatte sie es zur Kursorin gebracht. Und Bernard kennen gelernt. »Das ist doch nicht der Rede wert, Ritter Horatio. Bei Männern deines Alters sind solche Irrtümer verständlich.« Sie verneigte sich mit höfischer Grazie, während die anderen Ritter leise lachten.
    Horatio verneigte sich ebenfalls, lächelte spröde und starrte die Männer hinter sich böse an. Alle acht Ritter blickten plötzlich ins Leere und setzten einstudiert gelangweilte Mienen auf. »Ich hoffe doch, unser Passagier ist bereit zum Aufbruch?«
    »In Kürze«, sagte Amara. »Bestimmt gibt es in der Küche etwas Warmes für deine Männer zu essen.«
    »Nicht notwendig, Gräfin«, sagte Horatio. »Bitte teil der Höferin Isana mit, wir würden sie erwarten, damit wir aufbrechen können.«
    »Du wirst warten, bis die Wehrhöferin Isana aufzubrechen beliebt«, entgegnete sie und sprach absichtlich so laut, dass man sie im ganzen Hof hören konnte. »Und da du Gast in ihrem Wehrhof bist, Subtribun, erwarte ich von dir das höfliche Betragen, das sich für einen Ritter und Soldaten der Kronlegion gegenüber einem Civis des Reiches geziemt.«
    Horatio kniff verärgert die Augen zusammen und neigte so knapp wie nur möglich den Kopf.

    »Darüber hinaus«, fuhr sie fort, »rate ich dir dringend, deinen Männern eine Rast und eine Mahlzeit zu gönnen, wenn sie schon Gelegenheit dazu haben. Wenn sich das Wetter verschlechtert, werden sie ihre Kräfte brauchen.«
    »Ich nehme in Bezug auf meine Männer keine Befehle von dir an, Gräfin«, fauchte Horatio.
    »Meine Güte«, sagte eine weibliche Stimme aus der Sänfte. »Vielleicht sollten wir jedem von euch einen Knochen geben, damit ihr euch einfach gegenseitig totschlagen könnt. Eine schnellere Möglichkeit, dieses unziemliche Schauspiel zu beenden, will mir nicht einfallen. Rolf, bitte?«
    Einer der Ritter trat augenblicklich an die Sänfte heran, öffnete die Tür und bot seine Hand einer winzigen Frau, die heraus ins fahle Licht trat. Sie war kaum fünf Fuß groß und wirkte zart und zerbrechlich wie eine parcianische Schwalbe. Ihre Haut hatte die Farbe von dunklem Honig, und ihr feines, glänzendes Haar war dunkler als nasse Kohle. Sie trug ein edles Seidenkleid, wenn auch in gedämpftem Braun und Grau, und der Ausschnitt reichte tiefer, als der Anstand erlaubte. Ihre Züge waren unvergleichlich hübsch, die dunklen Augen erschienen fast zu groß für das Gesicht, und eine doppelreihige Kette aus sonnenfarbigen Perlen, die aus dem Meer nahe ihrer Heimat stammten, wand sich durch das Haar und harmonierte mit seinem Gegenstück um den Hals.
    Die Perlen der Halskette waren von erlesener Qualität, und dennoch verbargen sie nicht den eleganten

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