Im Schatten des Fürsten
Sklavenring, der darunter lag.
»Amara«, sagte die Frau und lächelte breit. »Nur ein paar Jahre fern des zivilisierten Südens, und du hast dich in eine Wilde verwandelt.« Sie streckte die Hände aus. »Gewiss hast du mich ganz vergessen.«
Amara musste ihr Lachen unterdrücken, als sie antwortete: »Serai.« Sie trat vor und ergriff die angebotenen Hände. Wie immer fühlte sie sich angesichts von Serais becircender Schönheit
schlaksig und unbeholfen, und wie immer machte es ihr so gut wie nichts aus. »Was führt dich hierher?«
In Serais Augen funkelte ein stilles Lächeln, und die kleine Frau schwankte leicht. »Ach, meine Liebe, ich löse mich in Erschöpfung auf. Ich dachte, es würde schon gehen, aber in letzter Zeit bin ich so müde.« Sie lehnte sich auf Amaras Arm und richtete einen Blick auf Horatio, der das Herz eines Amaranthändlers erweicht hätte. »Subtribun, ich möchte mich für meine Schwäche entschuldigen. Aber wäre es euch recht, wenn ich mich ein wenig ausruhe und erfrische, ehe wir wieder aufbrechen?«
Horatio war die Enttäuschung anzumerken. Er starrte Amara böse an und sagte dann: »Gewiss.«
Serai lächelte ihn matt an. »Danke, Herr. Mir wäre es äußerst unangenehm, wenn du und deine Männer meinetwegen leiden müssten. Würdest du mir bei Tisch Gesellschaft leisten?«
Horatio verdrehte die Augen und seufzte. »Ich fürchte, da bleibt einem Edelmann wohl nichts anderes übrig, als ja zu sagen.«
»So ist es recht«, erwiderte Serai und tätschelte seinen Arm mit der winzigen Hand, ehe sie über die Perlen um ihren Hals strich. »Die Verpflichtungen des Standes machen uns stets zu Sklaven.« Sie wandte sich zu Amara um. »Kann ich mich hier irgendwo ein wenig erfrischen, Teuerste?«
»Sicherlich«, antwortete Amara. »Hier entlang, werte Serai.«
»Du bist ein Schatz«, sagte Serai. »Subtribun, ich werde mich in Kürze zu dir und deinen Männern im Speisesaal gesellen.« Sie ging los, eine Hand an Amaras Arm, und lächelte den Ritter Aeris liebreizend zu. Die Männer erwiderten das Lächeln und schauten der Sklavin hinterher.
»Du bist ein böses Weibstück«, murmelte Amara, nachdem sie außer Hörweite waren. »Horatio wird dir nie verzeihen, wie du dich in aller Öffentlichkeit über ihn hinweggesetzt hast.«
»Horatio hat seinen Posten nur deshalb noch, weil er höchst talentierte Untergebene hat«, antwortete Serai, und in ihren Worten
schwang ein Lachen mit. Ihre Augen glitzerten hinterhältig. »Was Rolf betrifft, sogar überaus talentiert.«
Amara wurde rot. »Serai!«
»Ach, Teuerste, was hast du denn erwartet? Ohne ein Minimum an Unschicklichkeit verliert man rasch seinen guten Ruf als Kurtisane.« Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Nun ja, in Rolfs Fall ging es über ein ›Minimum‹ hinaus. Jedenfalls ist Horatio keine Bedrohung für mich, gleichgültig, wie viel er weiß.« Serais Lächeln verschwand. »Wobei ich manchmal fast wünschte, Horatio würde zum Angriff übergehen. Das wäre zumindest eine hübsche Abwechslung.«
»Was meinst du damit?«
Serai blickte sie an. »Nicht hier draußen, Teuerste.«
Amara runzelte die Stirn, verstummte und führte Serai in das Hauptgebäude des Wehrhofes und dort zu den Gästezimmern über der Halle. Sie ließ Serai ein paar Momente Zeit, ehe sie hinter ihr in das Zimmer schlüpfte, und bat Cirrus, den Raum von möglichen Lauschern abzuschirmen. Nachdem der Druck in der Luft zugenommen hatte, ließ sich Serai auf einen Hocker sinken. »Wie schön, dich zu sehen, Amara.«
»Dich auch«, antwortete die Kursorin. Sie kniete auf dem Boden neben Serai, so dass sie auf gleicher Augenhöhe waren. »Was machst du hier? Ich hätte erwartet, der Kursor Legatus würde Mira oder Cassandra schicken.«
»Mira wurde in der Nähe von Kalare ermordet«, berichtete Serai. Sie faltete die Hände, dennoch entging es Amara nicht, wie sehr ihre Finger zitterten. »Cassandra wird schon seit mehreren Tagen aus Parcia zurückerwartet. Sie könnte ebenfalls tot sein, oder zumindest enttarnt.«
Amara traf diese Nachricht wie ein Schlag in die Magengrube. »Bei den großen Elementaren«, entfuhr es ihr. »Was ist geschehen?«
»Krieg«, antwortete Serai. »Ein stiller Krieg, der in dunklen Gassen und Dienstbotengängen ausgefochten wird. Wir Kursoren werden gejagt und getötet.«
»Aber von wem?«, fragte Amara entsetzt.
Serai zuckte lässig mit den Schultern. »Von wem? Kalare ist vermutlich der wahrscheinlichste
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