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Im Schatten des Fürsten

Im Schatten des Fürsten

Titel: Im Schatten des Fürsten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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verbeugen, als ihm ein Gedanke durch den Kopf schoss. Eine Verneigung war eine Geste, die aus Sicht des Cane nicht das Gleiche bedeuten würde wie aus seiner eigenen. Was bei den Aleranern Respekt ausdrückte, würde ganz anders
von jemandem aus einer Gesellschaft aufgenommen werden, in der die Mitglieder sich wie Wölfe beim Kampf die Kehle herausrissen. Ein Wolf, der sich duckte und das Kinn näher an die Brust brachte, bereitete sich auf den Kampf vor. Sicherlich war sich Varg der Unterschiede bewusst und verwechselte eine Verbeugung nicht mit einer Herausforderung zum Kampf, dennoch erschien Tavi eine Gebärde unhöflich, die der Botschafter eigentlich instinktiv als Bedrohung betrachten musste.
    Also legte Tavi stattdessen den Kopf ein wenig zur Seite und imitierte Sarls Geste. »Dann möchte ich mich verabschieden, Exzellenz.«
    Er wollte schon an Varg vorbeigehen, doch der Cane streckte plötzlich die schwere Pfotenhand aus und versperrte ihm den Weg.
    Tavi schluckte und erwiderte den Blick des Botschafters.
    Vargs Fangzähne glänzten. »Entzünde deine Kerze an meinem Feuer, ehe du gehst. Deine Nachtaugen sind schwach. Ich möchte nicht, dass du in meinen Räumen stolperst und dann winselst wie ein Welpe.«
    Tavi atmete auf und neigte den Kopf abermals. »Ja, Herr.«
    Varg bewegte die Schultern, eine eigenartige Gebärde. Dann schritt er zurück zu dem Becken.
    Tavi ging zur Glut, zündete seine Kerze an und schützte die Flamme diesmal mit der Hand. Er beobachtete, wie der Cane auf alle viere ging und sich so mühelos, als würde er aufrecht gehen, in Richtung Becken bewegte und trank. Doch obwohl Tavi der Anblick faszinierte, wagte er nicht, den Botschafter anzustarren. Er drehte sich um und eilte zur Tür.
    Als er über die Schwelle trat, knurrte Varg. »Aleraner.«
    Tavi blieb stehen.
    »Ich habe Ratten.«
    Tavi blinzelte. »Herr?«
    »Ratten«, wiederholte Varg. Er blickte ihn über die Schulter an. Tavi sah nur ein Schimmern der Rüstung, der Zähne und der
roten Augen. »Des Nachts höre ich sie. In meinen Mauern sind Ratten.«
    »Oh.« Tavi runzelte die Stirn.
    »Hinaus«, sagte Varg.
    Tavi eilte in den Gang und machte sich auf den Rückweg zur eigentlichen Zitadelle. Unterwegs dachte er über die Worte des Botschafters nach. Ganz bestimmt wollte er sich nicht einfach nur über Ungeziefer beschweren. Diese Nagetiere konnten sehr lästig sein, aber gewiss würde sich einer der Untergebenen des Cane damit befassen. Rätselhafter noch war die Anspielung auf die Mauern. Die Mauern, welche die Räumlichkeiten der Canim in der Schwarzen Halle umfassten, bestanden aus Stein. Ratten konnten zwar hervorragend Gänge anlegen, doch auch sie vermochten sich nicht durch massiven Stein zu graben.
    In seinen Augen war Varg jemand, der nicht unnütz Worte verschwendete. Und er schätzte den Botschafter als jemanden ein, der eine Kampfweise bevorzugte, die genauso schlicht wie tödlich war. Und gewiss würde sich Varg, was das Reden betraf, nicht mehr Mühe geben als beim Töten.
    Tavis Blick fiel auf die Flamme seiner Kerze. Dann auf die Wände. Er trat zwei Schritte bis zur Wand und senkte die Hand.
    In der stillen Luft des Gangs flackerte die Flamme und bog sich ganz sacht.
    Sein Herz begann zu klopfen, während er der Richtung folgte, die ihm die Flamme vorgab, und sich an der Wand entlangschob. Kurz darauf hatte er die Quelle des Luftzugs entdeckt - eine winzige Öffnung in der Mauer, die ihm zuvor nicht aufgefallen war. Er legte den Handballen darauf und drückte zu.
    Lautlos bewegte sich ein Abschnitt der Steinwand, und in der zuvor makellosen Mauer zeichnete sich eine Öffnung ab. Tavi hielt die Kerze vor sich. Hinter dem verborgenen Eingang führten Stufen hinab in den Felsen.
    Die Canim hatten einen Zugang zu den Tiefen.
    Tavi war weit vom Tor zur Schwarzen Halle entfernt und
konnte die Wachen nicht deutlich erkennen, er hoffte daher, andersherum verhalte es sich ebenso. Er schirmte das Licht der Kerze ab, betrat die Treppe und stieg leise die Stufen hinunter.
    Als er Stimmen hörte, blieb er stehen und lauschte.
    Beim ersten Sprecher handelte es sich um einen Canim - Sarl, da war Tavi sicher. Er erkannte den unterwürfigen Ton. »Und ich sage dir, alles ist bereit. Wir brauchen nichts zu befürchten.«
    »Worte sind billig, Cane«, erwiderte ein Mensch so leise, dass Tavi ihn kaum verstehen konnte. »Ich brauche Beweise.«
    »Das ist nicht Teil unserer Abmachung«, erwiderte der Cane. Es folgte ein leises,

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