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Im Schatten des Fürsten

Im Schatten des Fürsten

Titel: Im Schatten des Fürsten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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mit eigener Begabung und Persönlichkeit.«

    »Und aus dem Grund geben die Leute auf dem Land ihren Elementaren einen Namen?«, vermutete Max.
    »Richtig. Und aus dem gleichen Grund machen sich die Menschen in der Stadt darüber lustig, weil sie es als heidnischen Aberglauben abtun. Im Calderon-Tal aber gibt jeder seinem Elementar einen Namen. Jeder Elementar sieht anders aus. Und verfügt über andere Fähigkeiten. Außerdem sind sie offensichtlich viel stärker als die Elementare in der Stadt. Anscheinend gebieten die Aleraner in den wilderen Landstrichen des Reiches über mächtigere Elementare als die in anderen Gegenden.«
    »Warum sollte dann jemand an die Bestimmende Theorie glauben?«
    Tavi zuckte mit den Schultern. »Deren Anhänger behaupten, der Wirker stelle sich ein selbstständiges Wesen mit eigener Gestalt, Persönlichkeit und eigenen Fähigkeiten vor, gestehe sich jedoch nicht ein, dass er dazu in der Lage ist, weil dadurch weitaus weniger von der Kraft seiner eigenen Gedanken abhängig ist.«
    »Der Wirker, der seinem Elementar einen Namen gibt, kann also deshalb mehr, weil er zu dumm ist einzusehen, dass er es eigentlich nicht kann?«, fragte Max.
    »Ungefähr so fassen es die Anhänger der Bestimmenden Anthropomorphischen Theorie auf.«
    »Das ist doch Blödsinn«, sagte Max.
    »Vielleicht«, erwiderte Tavi. »Aber sie könnten trotzdem Recht haben.«
    »Na ja. Wie erklärt die Natürliche Theorie, warum so viele Leute einen Elementar ohne eigene Persönlichkeit besitzen?«
    Tavi nahm die Frage nickend zur Kenntnis. Sie war nicht schlecht. Disziplin war zwar nicht gerade Max’ Stärke, aber seine Auffassungsgabe musste man trotzdem bewundern. »In der Natürlichen Theorie heißt es, die Elementare in den mehr oder weniger zivilisierten Gebieten neigen dazu auseinanderzubrechen. Sie verlieren ihre Persönlichkeit, während sie von einer Generation zur nächsten weitergegeben werden und die natürliche Landschaft zunehmend
kultiviert wird. Sie sind zwar noch immer vorhanden, doch statt in ihrer natürlichen Gestalt existieren die Elementare in einer gebrochenen Form, die aus zahllosen Einzelteilen besteht, welche ein Wirker zusammenruft, wenn er eine Aufgabe erledigt haben möchte. Sie sind nicht so stark, aber sie haben auch keine Schrullen und Launen, weshalb sie in der Regel verlässlicher sind.«
    Max schnaubte. »Das ergibt durchaus Sinn«, meinte er. »Mein alter Herr hat mir ganz schön was erzählt, als ich einem meiner Elementare einen Namen gegeben habe.« In Max’ Stimme schwang eine leichte Bitterkeit mit, die Tavi beinahe entgangen wäre. »Er behauptete, es sei kindischer Unsinn. Und er würde mir diese Angewohnheit austreiben, ehe sie mich verderben könne. Für mich wurde das Wirken schwieriger, aber er wollte nicht nachgeben.«
    Tavi sah den Schmerz in den Augen seines Freundes und dachte an die Narben auf seinem Rücken. Vielleicht hatte es gar nichts mit Max’ übermäßigem Zechen zu tun, dass er bei diesem Thema nicht aufgepasst hatte. Tavi hatte gedacht, im Unterricht über die grundlegende Theorie und die Geschichte des Elementarwirkens habe nur er sich auf diese schmerzliche Weise einsam gefühlt, doch vielleicht kamen auch bei Max unangenehme Erinnerungen dabei hoch.
    Max seufzte. »Also, welche Theorie ist richtig?«
    »Keine Ahnung«, meinte Tavi. »Das weiß niemand so genau.«
    »Ja, ja«, sagte Max ungeduldig. »Aber welche hält Gaius für richtig? Im Ausschuss der Sprecher wird es doch einen Disput darüber geben.«
    »Jedes Jahr«, erklärte Tavi. »Letztes Mal war ich dabei. Gaius hat für keine Seite Partei ergriffen. Alle versuchen ihn zu überzeugen und berichten von den Ergebnissen ihrer Forschungen, und er hört aufmerksam zu und nickt, verärgert niemanden und schließt sich keiner Meinung an. Ich glaube, eigentlich möchten alle Mitglieder des Ausschusses nur den besten Wein des Ersten Fürsten versaufen, und zwar möglichst mehr als die jeweiligen Gegner und Rivalen.«

    Max verzog das Gesicht. »Bei den Krähen. Ich bin froh, dass ich nicht der Erste Fürst bin. Mich würde es nach spätestens anderthalb Tagen in den Wahnsinn treiben.« Er schüttelte den Kopf. »Und wenn jemand versucht, mich auf eine Meinung festzunageln?«
    »Ausflüchte«, schlug Tavi vor und genoss die herzlos unverbindliche Antwort.
    »Und wenn sie über irgendeine Theorie reden, von der ich noch nie gehört habe?«
    »Mach einfach das Gleiche, was du tust, wenn dir ein Maestro im

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