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Im Schatten des Krans: Ein historischer Kriminalroman aus Hamburg (German Edition)

Im Schatten des Krans: Ein historischer Kriminalroman aus Hamburg (German Edition)

Titel: Im Schatten des Krans: Ein historischer Kriminalroman aus Hamburg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Rath
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Blankeneser Sänden antreiben. Die Dänen werden ihn nicht behalten wollen, schon wegen der Beerdigungskosten.«
    Auf dem Rückweg zum Kontor war Hinrich Quast ungewöhnlich aufgeräumt. Er rieb sich die Hände und pfiff ein Lied.
    »Wie kann man nur so fröhlich sein?«, fragte Moritz verärgert. »Ein Mensch ist gerade gestorben und ein zweiter wurde verletzt.«
    »Man wird sich doch wohl freuen dürfen, dass die Gerechtigkeit gesiegt hat.«

28
    »Große Ereignisse werfen lange Schatten.« An dieses Sprichwort musste Cäcilie denken, als sie die schmale Stiege zum vierten Obergeschoss des alten Speichers hinaufstieg. Hier, unter dem Dach des Hauses, würde ihre Mutter sie nicht finden. Auf den anderen Etagen dagegen war man nicht sicher, ihr in die Arme zu laufen und mit Arbeitsaufträgen überhäuft zu werden.
    Cäcilie blies den Staub von einem Bretterstapel, hob ihren Rock etwas an und setzte sich vorsichtig. Kühl war es hier, direkt unter den Dachpfannen. Sie raffte den Schal vor ihrer Brust zusammen. Durch die Ritzen in den Türklappen, dort wo der Kranhaken hing, fiel das Tageslicht in schmalen Streifen ein. Cäcilies Blick wanderte zur anderen Seite des Speichers, wo das Zimmer des Hausmädchens lag. Ob es da ebenso kalt ist wie hier?, fragte sie sich. Ganz bestimmt ist es das, warum sollte es dort wärmer sein. Im Winter eisig kalt und im Sommer brütend heiß, kein angenehmer Ort zum leben. Doch sicherlich waren Hausmädchen nichts Besseres gewohnt, wahrscheinlich lebten sie zu Hause bei ihren Eltern auch nicht anders. Bei ihrer Herrschaft hatten sie wenigstens ihr eigenes Zimmer und brauchten es nicht mit den Geschwistern zu teilen.
    Cäcilie juckte es in den Fingern, zu gerne hätte sie in das Zimmer des Hausmädchens geschaut. Sie war begierig zu erfahren, wie es dort aussah, traute sich jedoch nicht. Wie Moritz wohl wohnt?, dachte sie plötzlich. Ob er ein eigenes Zimmer hat? Sie wusste so wenig von ihm.
    Ein Stockwerk tiefer knallte eine Tür, Schritte dröhnten über die Dielen. »Cäcilie! Wo bist du?«
    Direkt über Madame, nur durch die Deckenkonstruktion getrennt, saß die Tochter des Hauses und grinste. Hier obenwürde ihre Mutter nicht suchen, über diese schmale Stiege würde sie keinesfalls gehen.
    Seit sich die Eltern auf ein Datum für das Frühlingsfest auf dem Gewese geeinigt hatten, herrschte Ausnahmezustand im Speicher von Schröder   &   Westphalen. Seither agierte Anna Louise Schröder wie eine Heerführerin vor der Schlacht, während ihre Fußtruppen eher als »kriegsmüde« eingestuft werden mussten. Immer wieder versuchte Madame, die Kampfbereitschaft zu stärken, doch damit erreichte sie nur, dass sich jeder im Krebsgang von der vordersten Front zurückzog und in der Etappe unterzutauchen versuchte.
    »Dringende Geschäfte«, hatte der Patron wichtig verkündet und war zur Börse geeilt. Er erschien nicht einmal zum Mittagessen, was durchaus ungewöhnlich war. Alexander sprach von unumgänglichen Kundenbesuchen. Doch diese Ausflüchte reichten nicht für eine ganze Woche. Als ihm überhaupt nichts mehr einfiel, floh er zu Kapitän Westphalen an den Steinhöft. Auch heute war er verschwunden, keiner wusste wohin, er schien sich in Luft aufgelöst zu haben.
    Doch immerhin hatte Madame noch die Leibgarde, die der Arbeitsverpflichtung wegen zwangsweise zu ihr halten musste. Das waren vor allen Dingen der Gärtner, die Kochfrau und das Hausmädchen. Madame hatte sich eine Blumenpracht auf dem Gewese gewünscht, sowohl auf der Tafel als auch im Garten. Der Gärtner hatte den Kopf geschüttelt. Sie hatte ihre Bitte wiederholt, diesmal um einiges lauter und in Befehlsform. Noch einmal hatte der Gärtner den Kopf geschüttelt. Bevor der Streit eskalierte, war Caesar Schröder vermittelnd eingesprungen. Sein salomonisches Urteil lautete: Der Gärtner solle nur so viele Pflanzen wie dringend nötig den Beeten entnehmen und für die Tafel zur Verfügung stellen. Die kahlen Stellen sollten mit immergrünen Büschen aufgefüllt werden.
    »Immergrüne Büsche?« Cäcilie hatte angeekelt das Gesicht verzogen. »Buchsbaum stinkt nach Friedhof. Wir sind doch nicht auf einer Beerdigung.«
    »Also gut«, hatte Madame eingelenkt, »keine Büsche. Wir dekorieren die Tafel mit einigen wenigen Blumen und vielen bunten Bändern.«
    Der Gärtner war daraufhin zum Gegenangriff übergegangen. »Wie soll der Garten etwas hergeben? Es ist viel zu früh im Jahr, es blühen gerade mal die Osterglocken. Ich

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