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Im Schatten des Krans: Ein historischer Kriminalroman aus Hamburg (German Edition)

Im Schatten des Krans: Ein historischer Kriminalroman aus Hamburg (German Edition)

Titel: Im Schatten des Krans: Ein historischer Kriminalroman aus Hamburg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Rath
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als er jedoch einen Kommentar dazu abgab, versickerten seine Anmerkungen ohne weitere Prüfung im Sande.
    Cäcilie überflog die Gästeliste. Viele Namen sagten ihr etwas, doch das waren uralte Leute, sicherlich so alt wie ihre Eltern. Mit gerunzelter Stirn blickte sie ihre Mutter an. »Haben Sie auch junge Leute eingeladen, Frau Mama?«
    »Aber ja doch, liebste Cäcilie.«
    Madame nahm die Liste und malte Sternchen hinter einige Namen. »Dies sind die jungen Männer, sie werden dich sicherlich interessieren.«
    Cäcilie las die Namen, Misstrauen im Blick. »Wie alt sind die?«
    Madame überlegte. »So zwischen dreißig und fünfunddreißig Jahren.«
    Einen Augenblick war Cäcilie sprachlos, doch dann polterte sie los. »Frau Mama! Sie wollten doch junge Männer einladen.«
    »Die hier sind jung.«
    »Nein, für mich sind sie alt.«
    »Cäcilie, Liebste, wir laden honorige, gutsituierte Männer ein. Männer, von denen wir wissen, dass sie eine Familie ernähren können.«
    »Ich will keinen alten Mann. Ich will einen jungen.«
    »Den gibt es nicht! In jungen Jahren haben die Männer noch keine Erfolge vorzuweisen. So etwas braucht Zeit. Wir wollen doch nicht, dass du in Armut verkommst.«
    Cäcilie setzte sich neben ihre Mutter, strich ihr sanft über den Arm und lächelte zuckersüß. »Ich finde die jungen Männer aber viel hübscher. Sie doch auch, Frau Mama?«
    Madame betrachtete ihre Tochter, wie sie dasaß mit erhitztem Gesicht und großen Augen. Ihre Stirn glättete sich, die Falten rechts und links der Nasenflügel wurden weicher. Sie betrachtete eine Zeit lang ihre Hände, dann schaute sie zu Caesar hinüber, der in die Lektüre der »Hamburger Börsenhalle« versunken war.
    »Ja, ich mag die jungen Männer auch lieber. Doch darum geht es nicht.« Wieder blickte sie zu Caesar hinüber. »Jugend vergeht. Und Schönheit auch«, sagte sie leise.
    Die Liste der Eingeladenen wurde um einige Jünglinge ergänzt.

29
    Madame nannte den Sommersitz der Familie Schröder nie »Gewese«, wie es in Hamburg üblich war. Sie lud grundsätzlich ins »Palais« ein. Der heilige Petrus gab sich am Tag des Frühlingsfestes gnädig, was sicherlich auf die üppige Spende zurückzuführen war. Die Sonne schien prächtig, die Witterung würde ausgedehnte Spaziergänge auf dem doch recht stattlichen Gelände nicht ausschließen.
    Bereits am frühen Nachmittag trafen die Gäste ein. Nach einem Portwein als Begrüßungstrunk führte der Gastgeber die Besucher auf den sorgfältig gekiesten Wegen herum. Er erklärte Art und Herkunft der Pflanzen, sparte auch nicht mit seiner Begeisterung für besonders exotische Bäume. Der Gärtner hatte sich in einen Anzug geworfen. Er schritt mit wichtigem Gesicht hinter den Gästen her, um bei Bedarf weitere Auskünfte zu erteilen. Von Zeit zu Zeit verzog er jedoch schmerzhaft das Gesicht, weil Caesar Schröder zwar interessante und launige Vorträge hielt, jedoch häufig über Pflanzen, die an ganz anderer Stelle standen. Der Gärtner blickte dann gen Himmel, faltete die Hände und entschuldigte sich beim Gott der Botaniker, dem Herrn von Linné.
    Wer kein Interesse an Blumen, Sträuchern und Bäumen hatte oder schlecht zu Fuß war, vergnügte sich im Salon des Palais’ und in den angrenzenden Gemächern. Der Lohndiener hatte ein Klavier herbeischaffen lassen, auf dem Cäcilie ihre Kunst zum Besten gab. Sie erhielt großen Beifall. Nach der Pause, in der sich die Gesellschaft erfrischte, begleitete Cäcilie ihre Cousine am Klavier. Josephine brachte den Anwesenden einige neue Lieder des Komponisten Franz Schubert zu Gehör. Auch sie erntete viel Beifall, besonders von den anwesenden Herren, teils wegen ihrerkraftvollen, dunklen Stimme, überwiegend doch wohl aufgrund ihrer üppigen Figur und des offenherzigen   – ja nahezu gewagten   – Dekolletés, das zu tragen ihr als Künstlerin angemessen erschien.
    Im Gegensatz zu den Gesellschaften der anderen Hamburger Bürger wurden bei Schröders keine Glückspiele veranstaltet. Caesar hatte dies mit Hinweis auf eine Hamburger Ratsverordnung und auch aus ethischen Grundsätzen verboten.
    »Überall gibt es Glückspiele, bei jeder Gesellschaft«, hatte Madame gemault.
    »Das mag wohl sein«, hatte Caesar geantwortet, »doch es kann nicht gottgefällig sein, dass vom Glück weniger begünstigte Spieler in eine finanzielle Notlage gebracht werden. Das Prinzip des Spiels beruht nämlich darauf, diese Notlage auszunutzen. Und das verstößt eindeutig

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