Im Schatten des Krans: Ein historischer Kriminalroman aus Hamburg (German Edition)
brauche zusätzliche Blumen. Außerdem liegen noch Blätter auf den Wegen. Und es muss Unkraut gezupft werden.«
»Mir ist es egal, wie Sie das schaffen«, hatte Madame aufgebracht gekreischt. »Besorgen Sie sich junge Leute, wenn Sie zu alt für diese Arbeit sind.«
Widerwillig rückte Caesar Schröder das Geld für einen Trupp Tagelöhner heraus.
Zwar war dieses Problem glücklich gelöst, doch sofort tat sich ein neues auf. Man hatte ein Schwein schlachten lassen, auch hatte der Fleischer die Würste in den Rauch gehängt, den Schweinskopf sauer und die Fleischstücke in Salzlake eingelegt, doch die Festlegung der Menüfolge führte zu erheblichen Verstimmungen. Die Köchin wurde umso schweigsamer, je umfangreicher sich die Speisenliste von Madame gestaltete.
»Ich schaffe das nur, wenn ich Hilfe bekomme«, erklärte sie schroff. »Es gibt ein paar Kochfrauen in meinem Dorf, die könnten mir helfen.«
Madame bekam Oberhitze und hektische Flecken im Gesicht. »Ich will keine Bauernkirmes«, erklärte sie sehr laut und sehr bestimmt, »es wird ein Menü geben, wie es in unseren Kreisen üblich ist.«
Man fand den Koch einer angesehenen Speisegaststätte, der sich gegen einen erheblichen Aufpreis dazu bereit erklärte, die Kochfrau und deren Hilfskräfte anzuleiten.
Mit dem Lohndiener Ludwig hatte man erfreulicherweise keine Probleme. Herr Ludwig stellte gezielte Fragen, Madame antwortete nach bestem Wissen und Gewissen. Danach unterbreitete der Lohndiener seine Vorschläge. Sie waren allesamt fundiert, hatten Sonderwünsche berücksichtigt, enthielten genügend Spielraum für spontane Änderungen, Madame war sehr angetan. Caesar Schröder konnte ihre Begeisterung jedoch nur begrenzt teilen, nachdem er von der Gage für den Lohndiener und seine Leute erfahren hatte. Man reduzierte die Kosten etwas, indem man Herrn Ludwig für den Tag des Festes das Hausmädchen zuteilte.
Auch das Kontor blieb von Madams hektischer Betriebsamkeit nicht verschont. Um es genauer auszudrücken: Der Geschäftsbetrieb ruhte nahezu, weil alle für das Gelingen des Frühjahrsfestes eingespannt wurden. Kontorvorsteher Harms verfertigte mit seiner kleinen, sauberen Handschrift persönliche Einladungsschreiben für jeden Gast, und Moritz musste die Briefe in der Stadt ausliefern. Roger war für die Tischkärtchen und die Speisenkarte zuständig. Letztere musste er mehrfach ändern, weil Madame zur Verzweiflung des Kochs immer wieder die Menüfolge änderte. Moritz hatte Roger zutiefst bedauert, doch der hatte nur mit einem Auge gezwinkert.
»Es ist wie vor einer großen Schlacht«, hatte er erklärt, »die alten Römer haben in einer solchen Situation einen Diktator gewählt. Wir sind schon ein gutes Stück weiter. Wir müssen ihn nicht mehr wählen.«
Das Hausmädchen war von Madame ernsthaft dazu angehalten worden, die Tischwäschen nach Stockflecken und Mottenlöchern durchzusehen, gegebenenfalls auszusortieren und die guten Stücke sorgfältig aufzubügeln. Als diese Arbeit endlich erledigt war, schickte Madame sie mit einem nicht unerheblichen Geldbetrag zu St. Petri, um für gutes Wetter zu bitten. Dabei schärfte Anna Louise Schröder dem Mädchen dringend ein, dem Hausherrn auf keinen Fall von dieser Aktion zu berichten.
Während der Vorbereitungen war Kapitän Westphalen nur ein einziges Mal im Kontor erschienen. Er hatte sich aufmerksam umgeschaut, die allgemeine Hektik bemerkt, verächtlich »Weiberkram« gemurmelt und war schnell wieder verschwunden.
Unten in der Beletage war es jetzt still geworden. Cäcilie wollte gerade aufstehen und zur Treppe gehen, da öffnete sich die Tür auf der anderen Seite. Das Hausmädchen eilte mit schnellen Schritten die Treppe hinunter. Die hat sich also auch versteckt, dachte Cäcilie. Plötzlich öffnete sich die Tür noch einmal. Cäcilie biss auf ihre Knöchel, um nicht vor Überraschung aufzuschreien. Ein Mann trat zur Treppe, ordnete seine Kleider, zog seinen Gehrock glatt und stieg gemessenen Schrittes in den dritten Stock hinunter.
Cäcilie war nun nicht mehr fähig aufzustehen. Ihre Beine zitterten, und sie musste erst einmal die Hand fest auf den Busen pressen und warten, bis sich ihr Herzschlag beruhigte. »Das ist ja eine Überraschung«, zischte sie. »Na warte, wenn Mama davon erfährt.«
Am Abend gab es eine hitzige Diskussion in der Beletage über die Sitzordnung an der Tafel. Madame machte verschiedene Vorschläge, Caesar Schröder wurde zu seiner Meinung befragt,
Weitere Kostenlose Bücher