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Im Schatten des Kreml

Im Schatten des Kreml

Titel: Im Schatten des Kreml Kostenlos Bücher Online Lesen
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bemerkte er vorsichtig.
    Ich zog den Hahn zurück. Ich war nicht in der Stimmung, ihm zu erklären, dass läppische zweitausend Kilometer ihm nicht die Haut retten würden.
    »Ich kenne den Mann, Boss.« Die Stimme kam von einem der Männer am Tisch, dessen Gesicht vom linken Auge bis hinunter zur Oberlippe von einer Narbe gezeichnet war. Ich erkannte in ihm einen ehemaligen Offizier aus dem Nordkaukasus. »Das ist der, von dem ich Ihnen erzählt habe. Der Killer, der immer mit dem tschetschenischen Mädchen rumlief.«
    Yakov versteifte sich. Es ist eine Sache, einem unbekannten Gegner gegenüberzustehen, selbst wenn er Verbindungen zum Militär hat, aber eine ganz andere, mit jemandem wie mir fertig zu werden. Trotzdem konnte er vor seinen Leuten nicht einfach klein beigeben. Man sah ihm an, wie schwer ihm die Entscheidung fiel.
    »Boss, das Mädchen ist immer bei ihm.«
    Yakov blickte kurz zur Tür und dann auf den Lauf der Browning. Mehrere Sekunden vergingen, bevor er in seinem Stuhl zusammensackte. »Wie viel?«
    Ich sagte es ihm, erklärte ihm, wie die Abholung laufen würde, und zählte ihm die Konsequenzen auf, für den Fall, dass er nicht lieferte. Wenn ich daran zurückdenke, fällt mir auf, dass er einer der Ersten war, dem die Tentakel der Achtundfünfzigsten Armee die Luft abschnitten.
    Während ich an Yakov und sein palenka-Konsortium denke, starrt Matthews ins Leere und überlegt sich anscheinend immer noch, wie viel von seiner Story er erzählen, wie viel Wahrheit er unter die Lügen mischen soll.
    »Hör zu«, ergreift er schließlich das Wort. »Ich vertraue dir, Volk. Die Tochter des Senators ist seit fünf Tagen verschwunden. Auf uns lastet ein unglaublicher Druck, wir müssen sie finden und zwar schnell. Das Problem ist: Wir glauben, dass Putin vielleicht etwas damit zu tun hat. Wir sind uns sogar verdammt sicher.«
    »Warum Putin?«
    »Weil einer seiner wichtigsten Männer für Südostasien nach ihr gefragt hat, kurz bevor sie verschwand, ein Kerl namens Filip Lachek. Kennst du ihn?«
    Ich bleibe in Augenkontakt, ohne dass mein Gesichtsausdruck sich verändert. Dass der Name Starye Atagi so schnell wieder fällt, hat mich auf einige Überraschungen gefasst gemacht, aber Lachek ist ein unerwarteter Schlag in die Magengrube.
    »Nein.«
    »Schon mal von ihm gehört?«
    »Nein.«
    Einer der Kellner lässt hinter mir ein Tablett fallen, Glas, Besteck und Geschirr krachen auf den Schieferboden. Weder Matthews noch ich reagieren.
    »Lachek war bei der Luftwaffe, wie dein Vater«, sagt Matthews wie beiläufig, den Blick fest auf mich gerichtet. »Hat außerdem ungefähr zur selben Zeit gedient.«
    Mein Vater verschwand, kurz nachdem ich geboren wurde. Während meiner Kindheit, als ich wie ein Sklave von einem Arbeitslager zum nächsten gereicht wurde, habe ich mich oft gefragt, was aus ihm geworden ist. Später dachte ich nicht mehr so häufig an ihn. Viele Offiziere der Roten Armee wurden während der Sowjet-Jahre aus dem Weg geräumt.
    »Wir glauben, dass Lachek Ravi Kho getötet hat«, nimmt Matthews den Gesprächsfaden wieder auf, als hätte er meinen Vater nie erwähnt. »Kein großer Verlust – wer soll einen kleinen Aufwiegler wie den schon groß vermissen? Aber die Tochter eines amerikanischen Senators? Das ist verdammt noch mal etwas vollkommen anderes. Wenn Lachek mit ihrem Verschwinden zu tun hat, ändert das alles.«
    Sein Gesichtsausdruck verhärtet sich. »Wir suchen nach einem Ansatz, Volk. Wir können nicht an die Öffentlichkeit gehen, und wir können uns auch nicht direkt an Putin wenden, solange wir nicht mehr wissen. Wir müssen uns an den Rändern Vorarbeiten, Schicht für Schicht aufdecken. Und da kommst du ins Spiel.«
    »Was springt für mich dabei raus?«
    Er lächelt wieder. Das ist die Sprache, die er versteht. »Informationen? Interessierst du dich für irgendetwas – oder irgendwen?«
    »Das mit meinem Vater ist Geschichte. Es ist mir egal, was mit ihm passiert ist.« Aber noch während ich die Worte ausspreche, wird mir bewusst, dass das nicht stimmt.
    Matthews steht auf und zupft sein Jackett zurecht. Dann stellt er das umgedrehte Glas vor sich wieder richtig herum und packt den Hals der Wodkaflasche. Er zieht die Flasche aus dem Kübel und hält sie tropfend in der linken Hand.
    »Einer unserer Leute hat vor ein paar Tagen in Grosny eine Kollegin von dir gesehen«, sagt er in perfektem Russisch mit Petersburger Akzent. Er lässt den Blick an meinem Kopf vorbei und über

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