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Im Schatten des Kreml

Im Schatten des Kreml

Titel: Im Schatten des Kreml Kostenlos Bücher Online Lesen
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Länder verkauft hat. Putin glaubt, dass der Ärger auf jeden Fall auf ihn zurückfallen wird, entweder, weil in Tschetschenien mit diesen Waffen Russen abgeknallt werden, oder weil der Vorfall bei der UNO einen Super-GAU auslösen könnte. Nicht, dass bei der UNO je irgendetwas passieren würde.«
    Russlands potenziellen Feinden Waffen zu verkaufen, ist eine schlimme Sache. Da bin ich mit Putin einer Meinung. Aber ich werde Matthews nicht die Genugtuung verschaffen, ihm zu verraten, wie ich zu den Nebengeschäften des Generals stehe.
    Abwesend schiebt er die Schüssel mit den Oliven weg und zieht sie gleich wieder heran. »Dein General hat da ein hübsches kleines Geschäft laufen. Die Mafia ausnehmen, Schutzgelder von windigen Geschäftsleuten einsammeln, Schwarzmarktkunst verkaufen – kein schlechter Job.«
    Ich sehe demonstrativ auf die Uhr.
    »Also dann, alles klar.« Er wirkt zufrieden, obwohl ich mir nicht vorstellen kann, was er glaubt, erfahren zu haben. Vielleicht kann er jetzt ein paar Fragen von einer Liste streichen, die irgendwo auf einem Schreibtisch in der amerikanischen Botschaft liegt. Mit Volk über Putin reden, erledigt. Ihm sagen, dass wir am General dran sind, erledigt. Er rückt den Stuhl zurück und streckt die Beine aus. »Ich will dir eine Geschichte erzählen.«
    Er starrt einen Moment lang an mir vorbei, als überlege er, wie er sich am besten ausdrücken könne, eine Pose, die ich ihm nicht abnehme.
    »Es geht um einen Senator im Nordwesten der USA. Dritte Amtszeit, die richtigen familiären Verbindungen, Mitglied sämtlicher großer Senatsausschüsse, einschließlich Außenpolitik, außerdem verdienter Armeeveteran. Solide. Westküstenliberaler, aber nicht zu sehr, kein politischer Bombenleger. Mit anderen Worten: wählbar – und immer noch jung genug für den Topjob. Wir lassen ihn fürs Erste namenlos. Ich schätze, das interessiert dich sowieso nicht. Es reicht wohl, wenn ich sage, dass er einigen Einfluss in Washington hat.«
    Matthews sieht mich fragend an. Ich finde seine Beschreibung der Politik des Senators amüsant. In meinen Augen sind die Unterschiede zwischen amerikanischen Politikern unbedeutend und in erster Linie rhetorischer Art; fast jeder von ihnen hat dafür gestimmt, den Irak zu bombardieren, und gleichzeitig Russland dafür verurteilt, in Tschetschenien einzumarschieren. Wovon ich aber etwas verstehe, ist Macht. Und davon hat der Senator mit Sicherheit genug.
    Was auch immer Matthews in meinem Gesicht liest, er zuckt mit den Schultern.
    »Der Senator hat eine Tochter. Besser gesagt, er hatte eine Tochter, aber dazu komme ich gleich. Mitte zwanzig. Ostküstenausbildung – das renommierte Vassar-College. War mit Filmstars zusammen, in allen Zeitschriften und auch in ein paar Modemagazinen. Vor ungefähr einem Jahr nahm sie in Paris an einer dieser Demonstrationen teil, wo sie gegen alles protestieren. Jemand wirft einen Molotow-Cocktail in ein Schaufenster, die Polizei setzt Wasserwerfer ein, ein paar Großmäuler werden verhaftet.«
    Er macht eine abwertende Geste. Kaut wieder auf einer Olive und kontrolliert über meine Schulter hinweg das Café und die Straße davor. Ich muss mir keine Sorgen machen, was hinter meinem Rücken passiert, nicht solange Vadim irgendwo herumschleicht. Vadim würde, wenn nötig, bis zum letzten Atemzug kämpfen. Aber es ist trotzdem nicht dasselbe, als wenn Valja mein Schutzengel wäre. Sie hat mich immer mit einer Entschlossenheit beschützt, wie nicht einmal Vadim sie aufbringt.
    »In Paris schließt sie sich dem Anführer der Gruppe Peace Now an«, fährt Matthews fort. »Ein Mann aus Singapur namens Ravi Kho, ein Krawallmacher sondergleichen. Wird behandelt wie ein Rockstar in seinen Kreisen, die Leute nennen ihn Ravi. Sie wird Aktivistin – Kriegsund Globalisierungsgegnerin, für den Internationalen Gerichtshof und die UNO. Du kennst die Sorte. Na ja, vielleicht auch nicht. Entscheidend ist, dass sie aus dem Partygirlumfeld ausgebrochen ist.
    Daddy hat dann ein paar Fäden gezogen, und sie landete bei der UNO, mit irgendeinem beknackten Titel, Spezialattache oder so ein Quatsch. Sollte ein ruhiger Job sein, aber das war nicht das, was sie wollte. Also ging sie ausgerechnet nach Darfur. Was für ein Drecksloch. Dann, vor etwa sechs Monaten, machte sie sich auf nach Singapur, wahrscheinlich wegen Ravi. Sie arbeitete gerade mit einer UN-Hilfsgruppe in Malaysia, als ein paar australische Rettungshelfer geköpft wurden. Die Wahrheit

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