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Im Schatten des Kreml

Im Schatten des Kreml

Titel: Im Schatten des Kreml Kostenlos Bücher Online Lesen
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Langes schwarzes Haar, genau richtig gebaut.«
    Olga lehnt sich zurück und beobachtet mich. Ihr Stuhl protestiert mit einem demütigen Knarzen.
    »Sie denken jetzt wahrscheinlich, dass ich auf Frauen stehe, aber nein, ich bevorzuge Männer, was immer das heißen mag. Sie zum Beispiel sind mir zu dünn. Und er?« Sie nickt in Richtung Golko. »Er ist zu dick. Ich mag sie gern irgendwo in der Mitte.«
    »Wer waren die beiden?« Golko klingt verärgert.
    Olga hält meinem Blick noch kurz stand, dann dreht sie sich langsam zu ihm um. »Sie fuhren gerade weg, als ich vorne reinkam, aber dem Betriebsleiter haben sie erklärt, sie wären interessiert daran, den Laden zu kaufen.«
    Ich gehe zum Bildermenü auf Charlies Handy und suche nach Ravi. Ich wünschte, ich hätte ein Foto von Mei dabei. »Er?«
    Sie starrt das Bild eine Weile an und gibt mir dann das Handy zurück. »Ich kann es nicht mit Sicherheit sagen, Volk. Ich hab ihn nicht richtig zu sehen bekommen.«
    »Was für eine Art von Lagerhaus war das, wo Melniks Leiche gefunden wurde?«
    »Was meinen Sie mit ›was für eine Art‹? Eine große, offene Halle mit jeder Menge Kisten. Hohe Decken, Gabelstapler.«
    »Was wird dort gelagert?«
    »Nippes. Schachspiele, bemalte Schachteln, Matroschkas, fabrikgefertigte Eier. Der billige Müll, den sie den Touristen verkaufen.«
    Wir sitzen schweigend da, während ich diese Information verarbeite. Ich weiß nicht, was Golko durch den Kopf geht. Er kennt Mei nicht, kann also von einer eventuellen Verbindung nichts ahnen, aber ich bin sicher, dass er sich an das Ei unter Dubinins Gesicht erinnert. Auf meine Anweisung notiert er sich die Adresse des Lagerhauses, die Olga auswendig weiß.
    »Wurde er dort getötet?«
    »Nein. Da war nicht genug Blut auf dem Boden, für das, was sie mit ihm gemacht haben. Wir haben nicht herausgefunden, wo er getötet wurde.«
    »Wem gehört das Lagerhaus?«
    »Das weiß ich nicht mehr. Ich erinnere mich an eine Firma, deren Name ganz oben in der Buchstabensuppe von Teilhaberschaften, Aktiengesellschaften und Treuhandfonds stand, aber das Diagramm, das wir dazu erstellt haben, befand sich in der Akte, die Lachek mitgenommen hat.«
    »Erinnern Sie sich an die Namen irgendwelcher Chefs?«
    Sie streicht sich die Mähne aus den Augen. »Tut mir leid. Es sah so aus, als wäre die Leiche nur dort abgeladen worden. Wir dachten nicht, dass uns das Lagerhaus irgendwie weiterbringen würde, deswegen haben wir nicht allzu viel Zeit darauf verwendet, und mir ist keiner der Namen in Erinnerung geblieben. Vielleicht weiß meine Begleitung noch etwas.«
    »Rufen Sie ihn an.«
    »Sie.« Sie guckt auf die Uhr an der Wand. »Was halten Sie davon, wenn ich das in ein paar Stunden mache?«
    »Bringen Sie uns zum Lagerhaus.«
    Golko erstarrt. »Es ist fast vier Uhr morgens!«
    Olga schiebt ihren knarrenden Stuhl zurück, steht auf und trottet in eines der Büros am anderen Ende des Gruppenraums. Sekunden später ist sie zurück und schwingt einen Vorschlaghammer wie eine Keule. »Ich bin dabei.«
    »Wofür ist das?«, fragt Golko.
    Mit einem Grunzen wirft sie sich den Griff über die Schulter. »Manche Leute hören einfach nicht zu.«

28
    Eine Wellblechverschalung umgibt das Lagerhaus, dessen Dach zur Mitte hin steil abfällt. Es liegt am Ende einer unbeleuchteten Straße in der Nähe der Bahngleise. Golko lenkt den Mercedes über knirschenden Schotter an die Seite des verdunkelten Empfangsbüros, wo Olga ihn vor einem mit einem Vorhängeschloss gesicherten Rolltor parken lässt. Auf einem Schild steht der Name einer Vertriebsfirma. Golko schreibt ihn pflichtbewusst auf, aber ich bin ziemlich sicher, dass er keine Rolle spielt. Wir suchen nach einem Unternehmen, das viel weiter oben angesiedelt ist, die Mutter eines Mutterkonzerns.
    Wir steigen aus; Olga trottet hinüber zum Rolltor, der Hammer baumelt locker an ihrem Handgelenk, Als sie nah genug herangekommen ist, schwingt sie ihn über den Kopf und lässt ihn auf das Vorhängeschloss hinuntersausen. Funken fliegen, und ein metallenes Donnern dröhnt durch die ganze Halle, als das Schloss aufbricht. Sie zieht es vom Haken und lässt das Tor hochrattern. Bis auf einen Stapel Kisten neben dem Eingang kann ich nichts erkennen.
    »Er sollte einen Ersatzschlüssel dalassen, damit ich wenn nötig reinkomme«, sagt sie. »Ich wusste, dass er nicht auf mich hören würde.«
    »Wer?«, frage ich.
    »Der Betriebsleiter. Ich kann Sie mit ihm zusammenbringen, wenn Sie

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