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Im Schatten des Kreml

Im Schatten des Kreml

Titel: Im Schatten des Kreml Kostenlos Bücher Online Lesen
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Sie bewegt die Hand wie die Schaufel eines Bulldozers. »Schon gut. Ich will es gar nicht wissen. Die Antwort ist, meine Kollegin hat wahrscheinlich nachgesehen, aber ich bezweifle, dass sie die Wagen auseinandergenommen hat oder mit der Lupe auf dem Boden rumgekrochen ist und UV-Tests gemacht hat. Wir könnten auf den Bildern in der Akte nachsehen, wenn Sie Lachek dazu kriegen, dass er Sie einen Blick hineinwerfen lässt. Wissen Sie überhaupt, was Sie da sagen?«
    »Ja.«
    »Was denn?«, fragt Golko.
    »Dass der Mörder das Schloss nicht aufbrechen musste«, antwortet Olga und sieht mich immer noch an. »Weil er einen Schlüssel hatte.«
    »Ach, kommen Sie, Volk«, entgegnet Golko.
    »Tun Sie mir einen Gefallen«, bitte ich Olga. »Fotografieren Sie die Hinterreifen und schicken Sie die Aufnahmen Golko. Er wird sie mit einem Foto vergleichen, das wir gestern Abend in einem Parkhaus gemacht haben.«
    »In Ordnung«, sagt Olga.
    »Haben Sie eine Hülle für Beweismittel dabei?«
    »Warum?«
    »Ich will etwas von dem Matsch.«
    Sie scheint eine Weile zu überlegen, dann greift sie in die Manteltasche, holt ein eingewickeltes Sandwich hervor, zieht die Plastikfolie ab und überreicht sie mir. Sie hält ihr Sandwich hoch – Wurst, Salat und heraustropfender gelber Senf. »Hälfte ab?«
    »Danke, nein.«
    Sie schluckt ihr Kaugummi hinunter und lässt mit einem Biss ein Viertel des Sandwichs verschwinden. Ich laufe zu der Matschspur neben den Gleisen, gehe in die Hocke und löse einen Brocken Erde vom Boden. »Der spinnt«, höre ich sie mit vollem Mund zu Golko sagen, während ich meine Beute eintüte. Dann begebe ich mich auf die andere Seite der Gleise, weg von ihnen, und rufe Alla an.
    »Ja, Alexei«, meldet sie sich mit wacher Stimme. Wahrscheinlich kümmert sie sich gerade um zig Dinge gleichzeitig. Hier ein Beleuchtungsproblem, dort ein jammernder Darsteller, eine Computerpanne im Hinterzimmer: Es kann alles Mögliche sein. In den frühen Morgenstunden hat sie häufig am meisten zu tun.
    »Wer kann von der Northern-Lights-Nummer aus nach draußen telefonieren?«
    »Wir haben sechs Anschlüsse am Empfang. Er wird nicht ständig überwacht, also kann im Prinzip jeder von dort aus telefonieren. Wann war der Anruf?«
    »Halb sieben Uhr abends am Neunten, also vor drei Tagen.«
    »Es gibt dort eine Videokamera, die alles aufzeichnet, aber das Tape startet alle achtundvierzig Stunden von vorn. Ich kann dir eine Liste mit allen Anrufen ausdrucken.«
    So eine Liste würde mir nichts nützen. Ich weiß, dass jemand von dort aus auf Charlies Handy angerufen hat. Was ich nicht weiß, ist, wer das war und warum, obwohl ich einen bestimmten Verdacht habe.
    »Sieh in den Büchern nach und stell mir eine Liste auf von allen, die zu der Zeit im Haus waren.«
    »Zwanzig Minuten«, erwidert sie und legt auf.
    Als ich wieder bei den anderen bin, ist Olgas Sandwich längst weg. Golko macht sich wieder Notizen auf seinem Block. »Es gibt bei uns einen Kollegen, der sich mit Palynologie auskennt«, sagt er und nimmt mir auf dem Weg zurück zum Wagen den eingewickelten Brocken Erde ab. »Vielleicht kann er die hierin enthaltenen Pollenspuren mit der Erde vergleichen, die wir neben Dubinins Wagen gefunden haben. Vor Gericht reicht das nicht aus, aber es wäre ein Schritt in die richtige Richtung.«
    Das Ergebnis würde nicht viel Neues bringen, nichts, was ich nicht schon weiß oder zumindest vermute. In erster Linie wollte ich ein paar Minuten allein sein, um in Ruhe Alla anzurufen. Ich fange zwar an, Golko zu trauen, aber so weit geht mein Vertrauen nun auch wieder nicht.
    Als wir zum Auto kommen, holt Olga ein weiteres Kaugummi aus der Tasche, steckt das eine Ende des Papiers zwischen die Zähne, zieht gekonnt an dem anderen und fängt an zu kauen. Golko lässt den Motor an und dreht die Heizung auf, aus der kalte Luft strömt. Auf der Fahrt zurück zur Wache zwingen ihn winzige Eisnadeln, die Scheibenwischer anzuschalten. Er sieht mehrmals in den Rückspiegel.
    »Was ist?«
    »Ein Mercedes-Lieferwagen. Ich hab ihn schon auf der Hinfahrt gesehen.«
    Ich erinnere mich an die drei Männer in grauen Overalls und gelben Gummihandschuhen, die mich absichtlich nicht ansahen, als ich an ihnen vorbeiging. Vielleicht war es doch keine Einbildung.
    Von der Rückbank streckt Olga die blaue migalka hoch. »Halten Sie ihn an. Ich schaue nach, was los ist.«
    »Nein«, sage ich. »Ich will sehen, ob er uns bis nach Moskau folgt.«
    »Ist sowieso

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